Bei Konflikten mit Deutschland (z.B. zum Flughafen Zürich) und mit der EU (z.B. in Steuerfragen) wird in der Schweizer Debatte gerne auf die wirtschaftliche Bedeutung des eigenen Landes verwiesen und die sich daraus ergebende Verhandlungsmacht. Die Schweiz ist zweifellos eine wichtige Volkswirtschaft (global Rang 19 beim BIP) – besonders, wenn man die Wirtschaftskraft ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt. Dieser Eindruck wird jedoch beim Blick auf die bilateralen Handelsströme relativiert: Die EU und Deutschland sind zwar dominante Handelspartner der Schweiz, die Schweiz aber spielt im europäischen und deutschen Aussenhandel nur eine untergeordnete Rolle.

2010 betrug Deutschlands Anteil am Schweizer Aussenhandel gut einen Viertel (knapp 20% der Ausfuhren und 33% der Einfuhren), jener der Schweiz am deutschen Aussenhandel jedoch nicht mal einen Zwanzigstel (4,4% der Ausfuhren und 4,1% der Einfuhren). Deutschland war somit nebenbei bemerkt auch eines von wenigen Ländern, die mit der Schweiz einen Handelsbilanzüberschuss aufwiesen.

Noch deutlicher war die Asymmetrie gegenüber der EU: Während die Schweiz 6,7% zum Aussenhandel der EU beitrug (Hälfte der Summe aus Ein- und Ausfuhren), lag der Anteil der EU am Schweizer Aussenhandel bei über zwei Drittel (68,8%). Damit ist die Schweiz zwar der viertgrösste Handelspartner der EU, nach den USA, China und Russland. Was die Handelsbeziehungen betrifft, ist die Schweiz aber deutlich stärker von der EU abhängig als umgekehrt. Diese Unwucht wirkt sich auch auf die relative Verhandlungsmacht aus. Letztere drückt sich eben in den Grössenverhältnissen der Länder und ihrer Handelsströme aus und nicht in Pro-Kopf-Einheiten.

Das Gewicht der Schweiz in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen ergibt sich allerdings nicht nur aus ihrer Bedeutung als Handelspartner, sondern auch als Investor, Transitland, Finanzzentrum, Headquarterstandort und anderen Aspekten. Zudem hat die Position der Schweiz als autonomer Kleinstaat dem Land bisher wirtschaftlich mehr zum Vor- denn zum Nachteil gereicht. An den relativen Grössenverhältnissen gegenüber Deutschland und der EU und den sich daraus ergebenden Verhandlungsgewichten bei gewissen Streitigkeiten lässt sich jedoch nur schwer rütteln. Wie sagte der amerikanische Ökonom Paul Krugmann einmal so treffend: «Magnitudes matter».

Kleinheit bringt einem Land im internationalen Wettbewerb aber auch Vorteile – zum Beispiel im Wettbewerb um Talente