Seit dem 1. April hat die Schweiz noch 2485 (klassische) Gemeinden. Obwohl das Land auf ein Jahrzehnt mit zahlreichen Gemeindefusionen zurückschauen kann, ist es damit nach wie vor sehr kleingliedrig organisiert. Doch mit den politischen Gemeinden ist es noch längst nicht getan: In den meisten Kantonen gibt es zur Erfüllung gewisser öffentlicher Aufgaben weitere körperschaftlich organisierte Gemeinwesen. Addiert man Schulgemeinden, Bürgergemeinden, Korporationen sowie die schätzungsweise 1700 Gemeindeverbände, so resultiert für die knapp 8 Millionen Einwohner eine stolze Zahl von 6277 kommunalen Körperschaften –  die Kirchgemeinden nicht eingeschlossen.

Schulgemeinden: In zehn Jahren von 500 auf 310

In fünf Kantonen (AI, NW, SG, TG und ZH) werden die öffentlichen kommunalen Schulen nicht von den politischen Gemeinden, sondern von separaten Schulgemeinden verwaltet. In allen fünf Kantonen ist jedoch ein Trend zur Fusion von Schulgemeinden untereinander oder zur Inkorporation in die politische Gemeinden zu beobachten. Derzeit existieren schweizweit  310 Schulgemeinden, zehn Jahre zuvor waren es noch beinahe 500. Besonders die Überführung in die politischen Gemeinden wird oft kontrovers diskutiert, denn die Schulgemeinden sind nicht nur emotionell, sondern auch finanziell von grosser Bedeutung: In ländlichen Gebieten übertrifft ihr Budget meist dasjenige der politischen Gemeinden.

1357 Bürgergemeinden und 423 Korporationen als Grundeigentümer

Ende 2011 existierten in 15 der 26 Kantone insgesamt 1357 Bürgergemeinden, auch ihre Zahl ist abnehmend. Ihnen gehören, unabhängig vom aktuellen Wohnort, Personen an, die den Status des Bürgers und damit das Heimatrecht der (Bürger-)Gemeinde besitzen. Sie verwalten ihre Bürgergüter wie Wald oder Almen sowie die darauf stehenden Anlagen, sofern dieses Recht nicht einer Korporationsgemeinde (siehe nächster Abschnitt) zugewiesen ist. Nach wie vor eine sehr grosse Bedeutung haben sie im Wallis und im Tessin, wo sie Grossteile des öffentlichen Grunds besitzen. In beiden Kantonen übersteigt die Anzahl der Bürgergemeinden gar die Zahl der politischen Gemeinden.

Die Korporationen verwalten, ähnlich wie die Bürgergemeinden, ihre Korporationsgüter wie Wald, Alpen, Allmenden und die Gebäude, die auf diesen Territorien liegen. Sie sind vor allem in den Zentralschweizer Kantonen von Bedeutung. Ein Grossteil des Bodens in diesen Kantonen ist Eigentum der Korporationen. Derzeit existieren noch 423 Korporationen in 10 Kantonen.

Übersicht über die Schweizer Gemeindetypen

Doppelspurigkeiten nicht zu unterschätzen

In Kantonen, in denen Spezialgemeinden wesentliche öffentliche Aufgaben erfüllen, werden die politischen Gemeinden entsprechend entlastet. Dies gilt besonders für einige Kantone der Zentralschweiz. Auf der anderen Seite verkomplizieren diese zusätzlichen Körperschaften die Strukturen, gewisse Entscheidungsprozesse und die Koordination. Zu denken ist beispielsweise an die schwierige Abstimmung der kommunalen Nutzungsplanung im Kanton Wallis mit den Interessen der Burgergemeinden, die einen erheblichen Anteil des Grundes besitzen.

Parallele Körperschaften erhöhen zudem den Personalbedarf und damit die Anforderungen an das Milizsystem, da mit ihnen eine Vervielfachung der Gremien einhergeht und auch sonst einige Synergien, wie z.B. eine gemeinsame Buchführung oder Liegenschaftsverwaltung, nicht genutzt werden. Im Kanton St. Gallen können auf den Perimeter einer politischen Gemeinde mehr als sechs Spezialgemeinden entfallen. 2011 zählte der Kanton neben den 85 politischen 69 Schulgemeinden, 102 Orts- oder Ortsbürgergemeinden sowie 122 Korporationen und damit insgesamt 378 dem Gemeindegesetz unterstellte Körperschaften. Noch vor 10 Jahren, bevor der Kanton entsprechende Massnahmen ergriffen hatte, waren es sogar beinahe 500.

Den dramatischsten Wandel aller Kantone erlebte jedoch Glarus: 2001 waren (inklusive der Gemeindeverbände) über 100 kommunale Körperschaften mit spezifischen Aufgaben (relativ erfolglos) um das Wohl von gerade einmal 38500 Einwohnern besorgt. Seit 2011 sind es noch 3 starke Einheitsgemeinden.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in der neuesten Studie von Avenir Suisse: «Gemeindeautonomie zwischen Illusion und Realität».