Die kürzliche Beschenkung der Universität Zürich durch die UBS aus Anlass deren 150-jährigen Bestehens hat vielfältige Reaktionen ausgelöst. Von besonderem Interesse sind die skeptischen Stimmen aus dem Kreis der Wissenschaft. Privates Sponsoring von Universitäten könne deren Unabhängigkeit gefährden, die schon durch den Einzug  des Wirtschaftsdenkens immer stärker unter Druck gerate. Deshalb werden ebenso wie bei der Drittmittel-Akquisition mehr Zurückhaltung und Sorgfalt angemahnt. Sind die Befürchtungen berechtigt?

Das private Sponsoring an schweizerischen Universitäten ist eher jüngeren Datums. Lange Zeit war die chemisch-pharmazeutische Industrie die einzige Branche, die mehr oder weniger systematisch fachspezifische  Beziehungen mit Hochschulprofessoren pflegte und auch die Finanzierung von Doktoranden betrieb. Vereinzelt kam es darüber hinaus vor, dass erfolgreiche Ingenieure aus den führenden Unternehmen der Maschinen- und Elektroindustrie auf Lehrstühle der ETH berufen wurden. Projektorientiertes Sponsoring und die Finanzierung von Lehrstühlen durch die Wirtschaft waren dagegen bis in die 1990er Jahre eher selten. Vielfältige Schwierigkeiten standen diesen Formen der Zusammenarbeit im Wege. Nicht nur waren die gesetzlichen Bestimmungen  restriktiv, sondern das Sponsoring musste manchmal sogar noch von politischen Gremien abgesegnet werden, was regelmässig zu öffentlichen Diskussionen führte. Von linker Seite wurden und werden dabei regelmässig der Verlust der Unabhängigkeit der Universitäten und die Infiltrierung von kapitalistischem Gedankengut in die Lehre als Schreckgespenst an die Wand gemalt. All dies schuf kaum gross Anreize für privates Sponsoring.

Unausgeschöpftes Potenzial

Heute sind die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen in Form von Projektfinanzierung und der Errichtung von Lehrstühlen glücklicherweise liberaler. Dies hat den Universitäten kaum zum Schaden gereicht. Im Gegenteil. Gleichwohl wird dieses Potenzial in der Schweiz immer noch nicht voll ausgeschöpft. Ein Grund mag sicher darin liegen, dass vor allem in philosophischen, soziologischen, politologischen und juristischen Wissenschaftskreisen noch immer die Vorstellung verbreitet ist, privates Sponsoring und universitäre Unabhängigkeit seien unvereinbar. Kooperationen mit Wirtschaftspartnern werden deshalb als Fremdkörper, ja sogar als Verrat an der Idee der Universität angesehen.

Diese wird gleichsam als über der Gesellschaft schwebende unabhängige  Reflexionseinrichtung verstanden. Universitäten tun sich deshalb immer noch schwer damit, dass sie gegenüber der Öffentlichkeit vermehrt rechenschaftspflichtig geworden sind. Die Zeiten, in denen der Staat bzw. die Politik den Universitäten die nötigen Geldmittel fast ohne Hinterfragen zur Verfügung gestellt haben, gehören  jedoch der Vergangenheit an. Ohne Zweifel trifft es zu, dass bei der immer wichtiger werdenden Drittmittel-Akquisition – sei es über staatliche oder private Quellen – nicht alle Wissenschaftsdisziplinen die gleichen Chancen haben. Die Ingenieur- und Naturwissenschaften, die Life Sciences und die Wirtschaftswissenschaften sind diesbezüglich sicher besser positioniert als etwa die geisteswissenschaftlichen Fächer. Hinzu kommt, dass auch die staatlichen Zuteilungsmechanismen von Forschungsgeldern nicht immer über alle Zweifel erhaben sind.

Nicht so verkrampft, bitte!

Auch wenn Bildung und Forschung für die Schweiz prioritär sind, müssen sich die Hochschulen heute  damit abfinden, dass sie nicht einfach aus dem Verteilungskampf um knappe staatliche Mittel heraus gehalten werden können. Die Vorstellung, die Forschungsqualität – ohnehin ein etwas dehnbarer Begriff – würde einzig und allein von der Unabhängigkeit der Universitäten abhängen, ist aber wahrscheinlich allzu einfach. Unter den heutigen Bedingungen des Wissenschaftsprozesses ist es vielmehr so, dass erst eine qualitativ hochstehende  Forschung den Wissenschaftern den gebührenden Respekt und damit auch die nötige Unabhängigkeit verschafft. Vor diesem Hintergrund erscheinen deshalb  privates Sponsoring und  Drittmittel von privater Seite um so interessanter, vor allem wenn dabei die geltenden Spielregeln der Hochschulen hinsichtlich der Besetzung von Lehrstühlen und der Auswahl von Forschungsprojekten berücksichtigt  werden.

Man möchte sich deshalb in der Schweiz etwas mehr Mut und Unverkrampftheit wünschen, wenn es um Universitätssponsoring geht. Man  sollte darin nicht stets eine Gefährdung sehen, sondern vielmehr  die verbesserten Chancen für Innovationen als Bedingung für die gemeinsame erfolgreiche Suche nach Problemlösungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die im Jahr 1900 gegründete Carnegie Mellon University hat wohl – gemessen an den 18 Nobelpreisen, die an Wissenschaften dieser Universität verliehen wurden – kaum darunter gelitten, dass ihr Stifter Andrew Carnegie ein prominenter Industrieller war. Ebenso leidet die Ausbildungs- und Forschungsqualität nicht darunter, wenn in Hörsälen von amerikanischen Spitzenuniversitäten Portraits von Unternehmern hängen und Lehrstühle  nach Wirtschaftskapitänen benannt werden. Privates Sponsoring kann und wird die staatliche Finanzierung von Universitäten in der Schweiz nie ersetzen, wohl aber wirkungsvoll ergänzen.