Mit drei Zeitraffer-Animationen zeigt Avenir Suisse, wie das Seeufer zwischen Genf und Lausanne bis 2040 zu einer durchgehenden Agglomeration zusammenwächst – falls das Siedlungswachstum nicht effektiver gelenkt wird.

Die Bevölkerung am Arc Lémanique wächst dramatisch. Entsprechend stark hat sich das Siedlungsgebiet in den letzten Jahrzehnten ausgedehnt. Avenir Suisse hat diesen schleichenden Prozess mithilfe eines Zeitraffers sichtbar gemacht: In drei kurzen Animationen wird die Entwicklung des Siedlungsgebietes zwischen Montreux und Genf von 1885 bis 2008 und das zu erwartende Siedlungswachstum bis 2040 dargestellt. Analysiert wurden 167 Gemeinden am Nordufer des Genfersees. Eine Animation zeigt die Entwicklung der Gesamtregion. Zwei weitere die von Genf und Lausanne.


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Ende des 19. Jahrhunderts lagen die einzelnen Ortschaften noch als klar identifizierbare Siedlungskerne in der offenen Landschaft. Seither dehnten sich die Städte Genf und Lausanne massiv aus, während Dörfer zu Siedlungsbändern zusammenwuchsen. Heute sind weite Teile des Seebeckens von Agglomerationsstrukturen bedeckt. In den 167 untersuchten Gemeinden nahm die Bevölkerung von 370‘000 (1935) auf 944‘000 (2010) zu – fast eine Verdreifachung. Und dieser Trend ist ungebrochen.

Die komplexen Berechnungen zur Simulation der künftigen Siedlungsentwicklung hat das Geografenbüro schwick + spichtig im Auftrag von Avenir Suisse durchgeführt. Dazu  wurde das Wachstum von Bevölkerung und Arbeitsplätzen zwischen 2000-2008 für jede einzelne Gemeinde in die Jahre 2020-2040 extrapoliert. Daraus wurde eine entsprechende Zunahme der Siedlungsfläche berechnet. Die neuen Siedlungsflächen wurden mittels eines speziellen Algorithmus verteilt, wobei gewisse «Tabuflächen» ausgenommen wurden (Wälder, Seen, Gelände steiler als 45◦ etc.). Die Ergebnisse lassen zwar keine parzellenscharfen Voraussagen zu, zeichnen jedoch ein Bild vom allgemeinen Muster der Siedlungsentwicklung.

Die Aussage ist eindeutig: Wenn die Entwicklung der letzten Jahre weiter so anhält, wird der Arc Lémanique zu einem breiten Siedlungsgürtel zusammenwachsen – ähnlich dem Einzugsgebiet von Los Angeles. In den USA ist L.A. zum Synonym für den «urban sprawl» geworden – mit all seinen negativen Begleiterscheinungen wie Verkehrsstaus, hohen Infrastrukturkosten und der Zerstörung von Erholungsräumen.

Das Wachstum muss raumplanerisch kanalisiert werden

Ob sich der Arc Lémanique zu einem Schweizer L.A. entwickelt, hängt allerdings nicht nur von der Bevölkerungszunahme ab, sondern auch von der Raumplanung. Besonders die Dimensionierung und Verteilung der Bauzonen entscheidet darüber, wie flächenintensiv die Siedlungsentwicklung erfolgt. Ein Problem am Arc Lémanique ist, dass der Kanton Genf eine sehr strikte Raumplanung praktiziert, der Kanton Waadt dagegen eine relativ laxe. Die Folge ist, dass Genf die Zersiedlung gewissermassen in die Waadt und auch nach Frankreich exportiert. Ein zentrales Problem im Waadtland sind hingegen die meist überdimensionierten Bauzonenreserven, abseits der Zentren. Zwei Drittel der Waadtländer Gemeinden haben Bauzonen, die den erwarteten Bedarf von mehr als 30 Jahren überschreiten. Sie sind damit mehr als doppelt so gross wie nach Bundesrecht erlaubt.

Soll die völlige Überbauung des Arc Lémanique vermieden werden, muss in den Zentren Genf und Lausanne weiter verdichtet werden. Vor allem in Genf muss an den Stadträndern der Neubau dichter Stadtquartiere ermöglicht werden. Ferner sollten im Waadtland Bauzonen nur noch in verkehrstechnisch gut erschlossenen Lagen ausgeschieden werden. Dabei sollte der Planungsmehrwert abgeschöpft werden, um die überdimensionierten Bauzonen in peripheren Lagen rückzuzonen. Darüber hinaus sollten die vorhandenen Landschaftsreserven entlang des Sees, etwa im Lavaux, geschützt und aufgewertet werden – als Erholungspärke für die Metropolitanregion.

Im Buch «Governance mit variabler Geometrie» vom April 2012 misst Avenir Suisse der Raumplanung eine hohe Priorität mit Blick auf die Koordination von Politikfeldern am Arc Lémanique bei, denn die Attraktivität der Landschaft ist zentral für die Standort- und Lebensqualität der Region. Die drei Animationen von Avenir Suisse zeigen, dass diese Standortqualitäten in Gefahr sind.

Publikation: «Gouvernance à géométrie variable: perspective lémanique» von Xavier Comtesse, Avenir Suisse, ISBN 978-2-94045-013-8, 38 CHF, Éditions du Tricorne, April 2012.

Weitere Informationen: Xavier Comtesse und Daniel Müller-Jentsch