Vermögensteuern OECD

Die Notariate erlebten in den letzten Monaten von 2011 einen Ansturm von Vermögenden, die vor allem ihre Immobilien den Nachkommen überschrieben. Für diese Aufregung sorgte die Initiative von SPS, GP und EVP für eine vom Bund erhobene Erbschafts- und Schenkungssteuer, denn sie würde aufgrund einer Rückwirkungsklausel auch Schenkungen ab 1.1.2012 erfassen. Bis das Volk tatsächlich über den Vorstoss entscheidet, vergehen zwar noch Jahre. Bereits jetzt zeigt Avenir Suisse aber, dass die Erbschaftssteuer abzulehnen ist, weil ihr Schaden – gerade für KMU – ihren Nutzen weit überwiegt. Gegen eine Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen durch den Bund sprechen folgende Gründe:

  • Die Effektivität der Steuer liesse zu wünschen übrig. Im Vergleich zum Aufkommen fallen hohe Erhebungs- und Entrichtungskosten an. Der deutsche Sachverständigenrat meinte, die Erbschaftssteuer dürfte zu den Steuerarten mit den höchsten Erhebungskosten gehören.
  • Von der Steuer könnten negative Auswirkungen auf die Innovationsfinanzierung ausgehen. Gemäss einer Studie von Credit Suisse sind die Schweizer KMU mit Risikokapital «nur sehr stiefmütterlich versorgt». Deshalb müssen die Quellen der Finanzierung von Innovationen erschlossen bleiben. Dazu gehören die Besitzer von grossen Vermögen.
  • Die Steuer könnte wirtschaftlich sinnvolle Nachfolgelösungen erschweren. Hohe Vermögen sind weitgehend in Firmenkapital investiert. Deshalb besteht die Gefahr, dass aufgrund der Besteuerung der Erbschaft sinnvolle Vermögenseinheiten zerschlagen werden und selbständige Unternehmer verschwinden.
  • Die Steuern auf der Substanz, die in der Schweiz schon jetzt relativ hoch sind, würden weiter erhöht. Mit ihrer zum Teil stark progressiven Vermögenssteuer in den Kantonen unterscheidet sich die Schweiz von vielen vergleichbaren Ländern, die keine Vermögenssteuer oder zumindest deutlich niedrigere Tarife kennen. Während die Substanzsteuern im OECD-Durchschnitt 1,8% betragen, liegen sie in der Schweiz auch ohne Bundeserbschaftssteuer bei 2,4%.
  • Eine Bundeserbschaftssteuer würde die finanzpolitische Autonomie der Kantone schwächen. Gemäss Initiative sollen zwei Drittel der Erträge der Bundeserbschaftssteuer in die AHV , ein Drittel zurück in die Kantone fliessen. Diese erhielten im Vergleich zu heute zwar mehr Geld, die Bundesregelung würde aber ihre Finanzautonomie untergraben. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Mehrheit der Kantone ein so wichtiges Gestaltungselement ihrer Standortpolitik entreissen lässt.

Und schliesslich der wichtigste Grund:

  • Die Bundeserbschaftssteuer mit ihrer Rückwirkungsklausel wäre ein schwerer Eingriff in die Eigentumsgarantie und die freie Verfügbarkeit über das Vermögen – auf diesen Grundvoraussetzungen beruht unsere erfolgreiche marktwirtschaftliche Ordnung.
 Dieser Artikel erschien in der «Zürcher Wirtschaft» vom 19. Januar 2012.
Siehe auch den Beitrag von Marco Salvi: Viel Arbeit auf den Baustellen und
den Kommentar von Gerhard Schwarz: Weltkulturerbe Steuerföderalismus