Eine ausufernde Geld- und Fiskalpolitik sowie wacklige Altersvorsorgesysteme: Das sind die langfristigen Folgen der Krise. Politiker verdrängen die Probleme. So zerstören sie das Vertrauen der Menschen ins Wirtschaftssystem.

Es gehört zu den lebenssichernden Eigenschaften der Menschen, dass sie auch nach schweren Schlägen nach vorne blicken und schnell wieder Hoffnung schöpfen können. Das ist gut so, denn keine Krise dauert ewig; nach dem Abschwung kommt irgendwann unweigerlich wieder der Aufschwung. Gleichwohl sollte man nicht zu schnell zur Tagesordnung übergehen. Sonst verpasst man es, die Krise als Chance zu nutzen und aus ihr zu lernen. Deshalb kann man nicht genug betonen, dass die Wirtschaftskrise nicht vorbei und nicht ausgestanden ist. Selbst die konjunkturellen Besserungszeichen wirken fragil; viele Beobachter erwarten für 2011 bereits wieder eine Verlangsamung.
Doch nicht die konjunkturelle Entwicklung gibt in erster Linie Anlass zur Sorge, obwohl die amerikanische und die schweizerische Notenbank sich beinahe panisch vor einer Deflation zu fürchten scheinen. Nein, entscheidend ist, dass diese Wirtschaftskrise eine Fülle von strukturellen Schwächen deutlich gemacht und Entwicklungen gefördert hat, in deren Banne wir noch lange stehen werden. Es sind die langfristigen Folgen, die einem mit dem Komiker Karl Valentin kalauern lassen: Die Zukunft ist auch nicht mehr, was sie einmal war.
Erstens wurde und wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben. Mit einer geldpolitischen Flutung und einer Aufblähung der Staatshaushalte wurde versucht, der Krise Herr zu werden. Beides trägt den Keim der nächsten Krise bereits in sich. Eine Exit-Strategie ist nicht in Sicht. Man kann daher einer Erholung, die auf solch sandigem Boden gebaut ist, kein Vertrauen schenken.
Zweitens sind die sogenannten reichen Industriestaaten alle massiv verschuldet, unter Einbezug der Verpflichtungen aus der Altersvorsorge oft im Umfang eines Mehrfachen der jährlichen Wirtschaftsleistung. Diese Schulden werden sich zusammen mit dem monetären Überhang als schwere Hypotheken erweisen. Die Schweiz steht zwar besser da, aber nur relativ. Sie ist der Einäugige unter den Blinden.
Drittens hat die Krise gezeigt, dass feierlich geschlossene Abkommen wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt nur so viel wert sind wie der Wille aller Beteiligten, sie auch umzusetzen. Damit hapert es spätestens dann, wenn die Umsetzung mit Schmerzen verbunden ist. Dann kommt ein anderer, weniger segensreicher Zug der Menschen zum Tragen: dass man das Unangenehme gerne auf morgen verschiebt, auch wenn es dann noch unangenehmer und noch gravierender wird. Es ist der sehr kurzsichtige Umgang mit der Krise, der seinerseits Krisenpotenzial in sich trägt. Die Menschen sind verunsichert, erkennen die explosive Mischung und trauen den beschwichtigenden Versprechungen immer weniger. Das ist Gift für Innovationen und Investitionen. Aus diesem Teufelskreis gibt es nur einen Ausweg. Eine Politik der Ehrlichkeit, sprich: endlich aufzuhören, auf Kosten künftiger Generationen zu leben. Wenn wir das nicht aus dieser Krise lernen, wird es uns die nächste oder die übernächste Krise uniso schmerzlicher lehren.