Die aus ökonomischer Sicht grösste Altlast der Schweizer Raumplanung sind die fehlplatzierten Bauzonenreserven. In den bereits ausgeschiedenen, aber noch nicht überbauten Bauzonen liessen sich knapp zwei Millionen zusätzliche Einwohner unterbringen. Ein Grossteil der Reserven liegt allerdings in peripheren, infrastrukturell schlecht erschlossenen Gebieten, während Bauzonen in zentralen Lagen knapp sind. Angebot und Nachfrage nach Bauland fallen also räumlich auseinander, eine der volkswirtschaftlich bedeutendsten Ressourcen der Schweiz ist auf dramatische Weise fehlplatziert (s. Abb.). Überbaut man die Bauzonenreserven einfach dort, wo sie durch schlecht koordinierte Einzonungen zu liegen kamen, würde dies einer flächenintensiven und dispersen Siedlungsentwicklung Vorschub leisten. Die infrastrukturellen Folgekosten würden in die Milliarden gehen.

Ökonomisch wäre es sinnvoller, die Bauzonen dorthin zu verschieben, wo sie gebraucht werden, nämlich in die Zentren. Erstmals scheinen die dafür nötigen Instrumente griffbereit: Im Rahmen der RPG-Revision, die am 3. März vom Volk gutgeheissen wurde, werden die Kantone verpflichtet, überdimensionierte Bauzonen zu verkleinern. Mit der einzuführenden Mehrwertabgabe könnte ein erheblicher Teil der Rückzonungen finanziert werden. Diese Ansätze gilt es zu einem effektiven Mechanismus zur Bauzonenverschiebung weiterzuentwickeln. Denkbar ist ein 3-stufiges Finanzierungsmodell.

Gemeinden, Kantone und Bund alle unterstützen den Prozess

  1. Zunächst würde jeder Kanton innerhalb seines Gebiets einen Transfer von Bauzonen zwischen seinen Gemeinden organisieren: In Gemeinden mit zu geringer Bauzone würde ein Teil des Mehrwerts bei Neueinzonungen abgeschöpft und zur Finanzierung von Rückzonungen in Gemeinden mit zu grosser Bauzone verwendet.
  2. Kantone, die anschliessend noch überschüssige Bauzonenreseryen aufweisen, würden deren Rückzonung zu zwei Dritteln aus eigenen Mitteln finanzieren, die finanziellen Folgen ihres Fehlverhaltens also selber tragen. Schliesslich verstossen die überdimensionierten Bauzonen gegen das seit 1980 gültige Bundesrecht. Damit hätten sie auch einen Anreiz, die Rückzonungskosten zu minimieren.
  3. Das verbleibende Drittel der Kompensationszahlungen würde der Bund übernehmen. Schliesslich trägt er durch die Genehmigung der kantonalen Richtpläne eine Mitschuld daran, dass die überdimensionierten Bauzonen rechtskräftig und damit ihre Rückzonung entschädigungspflichtig wurden. Hierfür könnte man die Bundesmilliarde nehmen, die für die Olympischen Spiele in Graubünden vorgesehen waren. Zuschüsse sollte es jedoch nur für Kantone geben, die die Einnahmen aus der Mehrwertabschöpfung ausschliesslich für Rückzonungen verwenden. So liessen sich die Kosten für den Bund minimieren.

Dieser Prozess wäre auch wegen der Kosten über zo bis 30 Jahre zu strecken. Ein Teil des Problems wird sich in dieser Zeit durch den Verbrauch von Bauzonen von selbst lösen. Unterm Strich brächte eine Verschiebung der Bauzone einen hohen Gewinn, denn das einzuzonende Bauland in zentralen Lagen hat meist den 4- oder 5-fachen Wert, wie auszuzonendes Land in peripheren Lagen.

Dieser Artikel erschien in der «Zürcher Wirtschaft» vom 18.April 2013,
zusammen mit «Die Schweiz muss sich bewegen» und 
«Wenn Aktionärstreue belohnt werden soll».