Bessere Kenntnisse über den interkommunalen Finanzausgleich dürften helfen, dass sich Best-Practice-Lösungen trotz politischer Hürden durchsetzen können. Das neue Kantonsmonitoring setzt genau hier an.

Der Finanzausgleich ist ein wichtiges Puzzlestück für den Erfolg eines Landes, das die dezentrale Aufgabenerfüllung und die Gemeindeautonomie grossschreibt. Umfangreiche Ausgleichszahlungen werden nicht nur zwischen den Kantonen (NFA) geleistet, sondern auch innerkantonal. Während der NFA fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten wieder vermehrt Aufmerksamkeit auf sich zieht, schlüpfen die 26 kantonalen Systeme zum interkommunalen Finanzausgleich sozusagen unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit hindurch.

Starke Wirkung des Zürcher Finanzausgleichs

Wie wenig über diese Systeme bekannt ist, war vor einiger Zeit (indirekt) einem in einer grossen Schweizer Tageszeitung publizierten Meinungsbeitrag zu entnehmen, der sich mit dem neuen Zürcher Finanzausgleich beschäftigte, der seit 2012 in Kraft ist. Er funktioniert grösstenteils nach modernen Prinzipien, sieht also den separaten Ausgleich von Ressourcenpotenzial und exogenen Sonderlasten vor. Im Beitrag wurde ihm eine zu geringe Ausgleichswirkung angekreidet: Die Streuung der Gemeindesteuerfüsse von 72 bis 122 Punkte erfülle die Forderung der Kantonsverfassung, wonach diese «nicht erheblich voneinander abweichen» sollen, kaum. Ein Vergleich mit den Finanzausgleichsystemen anderer Kantone entkräftet diesen Vorwurf umgehend:

  • Der Zürcher Finanzausgleich garantiert allen Gemeinden eine Ressourcenausstattung von 95% des Durchschnitts. Dieser Wert liegt höher als in fast allen anderen Kantonen und beispielsweise auch deutlich höher als beim NFA (85%).
  • Ressourcenstarke Gemeinden werden in keinem Kanton so stark zur Kasse gebeten wie in Zürich: Von einem Franken zusätzlicher harmonisierter Steuerkraft dürfen sie nur 30 Rappen behalten.
  • In keinem Kanton mit auch nur annähernd so vielen Gemeinden ist die Bandbreite zwischen dem tiefsten und dem höchsten Gemeindesteuerfuss so klein wie im Kanton Zürich. Der höchste Steuerfuss (122 Punkte in 26 Gemeinden) übertrifft den niedrigsten (72 Punkte in Rüschlikon) um gerade einmal 69%. Addiert man den Kantonssteuerfuss, bleibt sogar bloss noch ein Unterschied von 29%. Dagegen beträgt die höchste Steuerkraft (Rüschlikon) das 32-fache (!) der niedrigsten (Fischenthal).

Wenn man dem Zürcher Finanzausgleich etwas vorwerfen wollte, dann ganz sicher nicht eine zu geringe Ausgleichwirkung, sondern eher die Berücksichtigung der Steuerfüsse beim Lastenausgleich: Nur Gemeinden mit sehr hohem Steuerfuss erhalten hier die vollen Transferzahlungen. Diese Bedingung entspricht nicht dem Wesen eines modernen Finanzausgleichs, der nicht mehr auf ein direkt beeinflussbares Kriterium wie den Steuerfuss abstellen sollte, denn eine effiziente Gemeindeverwaltung wird damit bestraft, eine nachlässige belohnt.

Wie es die anderen 25 Kantone machen, zeigt das Kantonsmonitoring von Avenir Suisse. Es ermöglicht einen umfassenden Vergleich der kantonalen Finanzausgleichsysteme, welcher hoffentlich zu einer schnelleren Verbreitung und höheren politischen Akzeptanz von Best-Practice-Lösungen beitragen wird.

Dieser Artikel erschien in der «Zürcher Wirtschaft» vom 17.10.2013, zusammen mit 
«Schlüssel zur Lösung der Verkehrsprobleme» und «Wo bleibt die Dialogkultur?».