Die zunehmende Regulierungsdichte wird von den Unternehmensführern in der Schweiz als grösste unternehmerische Herausforderung gesehen. Die Chefs befürchten gemäss einer kürzlich durchgeführten Umfrage der «Sonntagszeitung», dass die enorme Regulierungswelle der letzten Jahre das Wachstum in unserem Land erheblich einschränken wird. Der SECO Bürokratiemonitor zeigt, dass die regulierungsbedingte Belastung der Unternehmen in der Schweiz in den letzten drei Jahren signifikant zugenommen hat. Der Bundesrat schätzt die jährlichen Regulierungskosten auf über 10 Mrd. Fr. Diese Untersuchungen erfassen allerdings nur die administrativen Regulierungskosten. Eine umfassende Betrachtung sollte auch indirekte Kosten wie Opportunitätskosten oder Investitionshindernisse einbeziehen.

Zur Beurteilung von Regulierungen ist eine volkswirtschaftliche Betrachtung notwendig, die die Kosten den Nutzen gegenüberstellt. Nur auf einer solchen Basis können volkswirtschaftlich relevante Aussagen gemacht werden.  Avenir Suisse hat – auf der Grundlage von Studien (Baldwin R., Cave M., Lodge M., Understanding Regulation, 2012) – deshalb einen Kriterien-Katalog für die Beurteilung von Regulierungen zusammengestellt. Dieser Katalog soll nun bei der systematischen Überprüfung und Beurteilung von Regulierungen in der Schweiz dienen. Er umfasst die folgenden Punkte:

  • Zielorientierung: Inwieweit wird mit einer (bestehenden oder vorgeschlagenen) Regulierung das angestrebte Ziel erreicht?

Oft sind die Ziele staatlicher Regulierungen diffus formuliert, z.B. «im wirtschaftlichen Gesamtinteresse». Es kommt auch vor, dass die eigentlich verfolgten Interessen versteckt sind, vor allem, wenn nicht die Korrektur eines Marktversagens angestrebt wird, sondern eine Umverteilung. Die Frage nach Verlierern und Gewinnern einer Regulierung gibt häufig Hinweise auf versteckte Ziele («rent seeking»).

  • Effektivität: Besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Regulierung und dem angestrebten Ziel?

Dieser Zusammenhang ist oft dann nicht gegeben, wenn versteckte Ziele verfolgt werden.

  • Effizienz: Sind die Regulierungen klar verständlich, transparent, überprüfbar und kostengünstig?

Das mit einer Regulierung verfolgte Ziel darf nicht mit unnötigen Kosten verbunden sein. Hier stellt sich auch die Frage, ob eine Regulierung das richtige Instrument zur Erreichung des gesteckten Zieles ist. Könnte das gleiche Ziel statt mit beispielsweise einer Mengenvorgabe auch mit einer Veränderung des Preises erreicht werden?

  • Risikoneutralität: Wird durch die Regulierung auch keine Risiko vom Unternehmen zum Regulator verschoben?

Unternehmerische Verantwortung ist ein grundlegendes Merkmal einer Marktwirtschaft und soll nicht delegiert werden.

  • Selbstregulierung: Schafft die Regulierung  Anreize zur Selbstregulierung?

Selbstregulierung ist einem Markteingriff aus liberaler Sicht immer vorzuziehen.

  • Wettbewerbsneutralität: Besteht mit der Regulierung noch genügend Spielraum für regulatorischen Wettbewerb?

Der Wettbewerb unter den Regulatoren sorgt dafür, dass die Regulierung effizient und effektiv bleibt, und er verhindert einen «race to the top». Dies gilt insbesondere für den Wettbewerb unter Regulatoren von verschiedenen Ländern. Die Unternehmung kann dann mit dem Standortentscheid ein Votum über die Qualität der bestehenden Regulierungskultur abgeben.

Avenir Suisse ist derzeit auf der Suche nach Beispielen von Regulierungen, um sie auf Basis des Kriterienkatalogs einzustufen. Peter Buomberger  (peter.buomberger@avenir-suisse.ch) freut sich auf Ihre Informationen!