Auch wenn die Schweiz in der Klimapolitik vorauseilt, werden ihr die anderen Industrie- und auch die Entwicklungsländer kaum folgen.

Eigentlich ist die Schweiz bei der Klimapolitik vorbildlich. Die Kohlendioxid-Emissionen pro Kopf sind im Vergleich zu anderen Industrieländern tief, ebenso die Emissionen in Relation zur Wirtschaftsleistung – und dies trotz hohem Anteil des industriellen Sektors. Ausserdem sinkt der CO2-Ausstoss pro Kopf seit Anfang der 1990er-Jahre. Das tiefe Niveau ist in erster Linie auf die fast CO2-freie Stromproduktion zurückführen, während die Abnahme der Pro-Kopf-Emissionen auf eine steigende Effizienz des Energieeinsatzes hindeutet.

Häufig wird argumentiert, dass ein reiches Land wie die Schweiz eine Vorreiterrolle einnehmen und international vereinbarte Ziele übertreffen sollte. Der Einfluss auf das Verhalten der Entwicklungsländer dürfte jedoch beschränkt sein. Schliesslich ist für sie weniger die Vorbildfunktion entscheidend, sondern eine finanzielle Kompensation für allfällige Einschränkungen bei Wachstum und Wohlstand. Daneben wird häufig die Hoffnung geäussert, dass eine striktere Klimapolitik der Wirtschaft auch Vorteile verschafft; weil schärfere Regeln im Inland Innovationen und Wachstum anstossen. Doch dafür gibt es wenig Evidenz. Schliesslich existiert für (Energieeffizienz-)Technologien ein internationaler Markt. Alleine die Aussicht auf den Einsatz im kleinen Schweizer Markt schafft kaum Investitionsanreize, weil damit keine relevanten Skaleneffekte verbunden sind.

Die Vorreiterrolle hat wenig Nutzen, aber bedeutende Risiken. Natürlich werden Unternehmen auf die Nachteile im globalen Wettbewerb und die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten hinweisen. Die Politik würde dies abfedern, etwa mit Subventionen oder Steuern auf Importprodukten mit hoher CO2-Intensität. Mit beiden Massnahmen sind Handels- und Wettbewerbsbeschränkungen sowie strukturerhaltende Effekte verbunden.

Bereits wird über eine Besteuerung des importierten «Dreckstroms» diskutiert. Dadurch würden nicht nur Verzerrungen im grenzüberschreitenden Stromhandel resultieren, sondern auch grosszügige Subventionen für inländische Stromproduzenten – bezahlen müsste der Schweizer Stromverbraucher.

Dieser Artikel erschien zusammen mit der Darstellung von Patrick Hofstetter 
in der Print-Version der «Aargauer Zeitung» vom 07.11.2014.