Für die kantonalen Finanzdirektoren waren die 2000er Jahre ein Segen. Vor allem dank einem starken Wirtschaftswachstum konnten sie fast durchwegs schwarze Zahlen verbuchen und teilweise erhebliche Reserven bilden. Im Zuge der Wirtschaftskrise hat sich die Finanzlage zusehends verschlechtert. 2014 schrieben mehr als die Hälfte der Kantone rote Zahlen.

Freiheitsindex

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Dieser negative Trend ist auch im Indikator «Gesundheit der Kantonsfinanzen» des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes 2014 ablesbar. Ein ausgeglichener öffentlicher Haushalt ist – neben einer niedrigen Fiskalquote – jedoch eine Grundvoraussetzung für die ökonomische und die soziale Handlungsfreiheit eines Gemeinwesens und ein Garant für eine langfristig stabile Steuerbelastung; sprich: Ein ausgeglichenes Budget erhöht die wirtschaftliche Freiheit der Bürger. Die Gesundheit der Kantonsfinanzen wird vom IDEHEAP jährlich anhand verschiedener Kriterien (z.B. Ausgabendeckungsgrad oder Nettozinsbelastung) erfasst und mit Noten zwischen «Eins» und «Sechs» bewertet. Lag der Durchschnitt der Kantone 2009 noch bei 5,4 Punkten, sank er in der neusten Ausgabe des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes, der sich auf das Jahr 2012 bezieht, auf 3,9 Punkte. Am deutlichsten verschlechtert haben sich gegenüber der Vorperiode die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Bern, Genf, Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, St. Gallen und Thurgau. Bei diesen Kantonen beträgt der Abschwung gegenüber 2009 mehr als 2 Punkte. Gleichwohl gab es Kantone, die die Gesundheit ihrer Finanzen verbessern konnten. Es sind dies Glarus, Jura, Neuenburg und Uri.

Wo liegen die Gründe für die Verschlechterung? In vielen Kantonen sind es die seit Jahren markant steigenden Ausgaben. Zwischen 2000 und 2012 haben die aggregierten kantonalen Ausgaben um 38%, die Einnahmen aber bloss um 27% zugenommen. Weil die Steuererträge in den 2000er Jahren dank dem hohen Wirtschaftswachstum noch reichlich sprudelten, konnten die Kantonseinnahmen mit den Ausgaben einigermassen Schritt halten. Ganz anders seit der Wirtschaftskrise, als die Steuereinnahmen erstmals seit Jahren zurückgingen. Praktisch gleichzeitig nahmen auch die Gewinnausschüttungen der SNB ab.

Der markante Ausgabenanstieg ist vor allem auf die wachsenden Kosten im Gesundheits- und Sozialbereich zurückzuführen, die durch die Alterung der Bevölkerung, den Einsatz modernerer, aber auch teurerer Technologie und die zunehmende Umverteilung (z.B. über die Prämienverbilligungen) verursacht werden. Hinzu kommt, dass der Bund den Kantonen immer mehr Kosten aufbürdet (z.B. bei der Pflege- und Spitalfinanzierung). Das Konnexitätsprinzip (fiskalische Äquivalenz im weiteren Sinne) wird zunehmend verletzt.  Die Ausgaben werden immer öfter nicht mehr von der Staatsebene getragen, die sie beschlossen hat.

Zweifelsohne gab es auch Kantone, die sich verschätzt haben. Sie haben ihre Steuern in den letzten Jahren zu weit gesenkt, und das zusätzliche Steuersubstrat aus dem Steuerwettbewerb  konnte die Einnahmenausfälle der Steuersenkung und den geringeren Finanzausgleich (wegen der höheren Steuersubstrats) nicht kompensieren. Dies wurde mittlerweile vielenorts erkannt – und durch Steuererhöhungen korrigiert.

Die Verschlechterung der Kantonsfinanzen ist ernst zu nehmen. Gleichwohl wäre eine generelle Schwarzmalerei zum jetzigen Zeitpunkt aus zwei Gründen verfehlt: Erstens konnten die meisten Kantone jahrelang schwarze Zahlen schreiben und Vermögen aufbauen.  Und zweitens ist die Situation sehr unterschiedlich. Es gibt einige Kantone, die ihre Finanzen weiterhin im Griff haben.

Jene Kantone in finanzieller Schieflage werden das Ausgabenwachstum eindämmen müssen, wenn sie wieder ins Lot kommen möchten.  Grössere Beachtung verdient auch das bereits erwähnte Prinzip der Konnexität.  Den Kantonen sollten weniger Kosten aufgebürdet werden, die sie gar nicht selber beeinflussen können. In einigen Tiefsteuerkantonen, die bei den Ausgaben bereits relativ sparsam sind, stellt sich auch die Frage nach (moderaten) Steuererhöhungen.