«Müssen wir uns wegen der Stimmung im Volk Sorgen machen, dass künftige Abstimmungen zur Personenfreizügigkeit negativ ausgehen?» Dies fragte das «Migros-Magazin» im Interview mit Gerhard Schwarz, nachdem sich die Zürcher und Basler am 15. Mai für die Mundart im Kindergarten ausgesprochen hatten. Gerhard Schwarz betonte in seiner Antwort sein Vertrauen in die Weitsicht des Schweizer Souveräns. «Wenn es drauf ankommt, sind die Stimmbürger meist ziemlich vernünftig. Die praktischen Folgen der Minarettinitiative und im Kindergarten sind begrenzt. An der Personenfreizügigkeit hingegen hängt sehr viel mehr, dessen ist sich das Volk bewusst.» Aber die Politiker dürften die Stimmung, die sich auch im Mittelstand breitmacht, nicht missachten.

Die Identität erhalten

«Wir müssen das Unbehagen ernst nehmen», mahnte der Direktor von Avenir Suisse. «Ich habe nie verstanden, wie man die Sorge um Integration oder Überfremdung per se als etwas Dummes oder Fremdenfeindliches sehen kann.»Die Schweiz, in der heute ein Viertel nicht im Land geborene Menschen lebt, beweise seit je eine einzigartige Offenheit, Einwanderer aufzunehmen. Aber Politik und Wirtschaft dürften diese Bereitschaft nicht überfordern, sowohl was die Menge von Fremden als auch was das Tempo der Zuwanderung angehe.

Die Volksabstimmungen seien deshalb als Korrekturversuch auf einer schwierigen Gratwanderung zu sehen: «Wie sorgt man dafür, dass die Fremden als Bereicherung empfunden werden, da sie etwas Neues bringen, aber dass gleichzeitig die Identität erhalten bleibt?» Wichtig in der ganzen Diskussion sei es, mit Zahlen und Argumenten klare Botschaften zu vermitteln; besonders, wie sehr wir von der Zuwanderung profitieren – ohne dabei die entstehenden Kosten, wie etwa auf Seiten der Infrastruktur, zu negieren.

Auf Anpassung beharren

Er würde auch in den am stärksten betroffenen Ballungszentren Zürich und Genf, bei aller urbanen Weltläufigkeit, auf einer relativ starken Anpassung der Zugewanderten beharren, meinte Gerhard Schwarz weiter. Das betreffe die Sprache, aber auch die Umgangsformen in der Öffentlichkeit und in der Familie. Anderseits müsse die Politik sicherstellen, dass alle Schweizer im eigenen Land weiter gut leben können, ohne sich von den Zugewanderten bedrängt zu fühlen.

Mit einem Forschungsprojekt untersucht Avenir Suisse gegenwärtig unter anderem, wie sehr der Druck im Mittelstand real und wie weit er bloss gefühlt ist. Und wer von der Zuwanderung profitiert: Ihr unbestreitbarer Nutzen, unterstrich der Direktor des Think-Tanks, dürfe nicht ganz anders unter den Ansässigen verteilt werden als der unvermeidliche Preis, den jeder Nutzen fordert.