Das Gründungsdatum der meisten Kantonalbanken geht ins 19. Jahrhundert zurück. Historisch lag ihr Zweck vor allem darin, dem damals noch unterentwickelten Finanzsystem auf die Sprünge zu helfen. Ihre Aufgaben lagen dementsprechend in der Unterstützung der kantonalen Wirtschaft durch günstige Kredite, der Stabilisierung von Hypothekarsätzen und der Förderung der Spartätigkeit. In der heutigen Schweiz, die als «overbanked» gilt, gibt es jedoch keinen Grund mehr, weshalb den Steuerzahlern die finanziellen Risiken, die mit den kantonalen Engagements im Finanzsektor einhergehen, aufgebürdet werden sollten.

Auch Kantonalbanken sind nicht krisenresistent

Dass Kantonalbanken erhebliche Risiken für die Steuerzahler darstellen, dürfte spätestens seit der Immobilienkrise in den 1990er-Jahren allen klar sein. Gerade die Kantonalbanken, die traditionell stark im Hypothekargeschäft tätig sind, waren damals speziell stark von den Turbulenzen auf den Immobilienmärkten betroffen: Etliche schrammten nur knapp an einem finanziellen Desaster vorbei, einige konnten Schäden für die Steuerzahler in Millionen- und Milliardenhöhe nicht mehr abwenden und waren in der Folge auf die Hilfe des Staates angewiesen. Drei Beispiele zur Erinnerung: Die Kantone Solothurn und Appenzell-Ausserrhoden mussten ihre Kantonalbanken mit Verlusten von 360 bzw. 250 Mio. Fr. verkaufen. Den Kanton Bern kam die Rettung seiner Kantonalbank (BEKB) auf stattliche 2,6 Mrd. Fr. zu stehen, und das Debakel legte den Grundstein für die bis heute prekäre finanzielle Lage des Kantons.

Ungemach erwuchs verschiedenen Kantonalbanken auch im Steuerstreit mit den USA. Bis anhin beliefen sich die kumulierten Bussen der Kantonalbanken für die problematische Geschäftsbeziehungen mit US-Kunden auf beinahe 70 Mio. Fr. Hängig sind überdies nach wie vor die Strafuntersuchungen gegen die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die Basler Kantonalbank (BKB). Nicht ausgeschlossen werden kann eine Busse für die ZKB in der Höhe von mehreren hundert Millionen Franken, und auch die BKB hat bereits Rückstellungen in Millionenhöhe vorgenommen. Im Falle der BKB kommt hinzu, dass sie erst gerade 2015 eine Vergleichszahlung von rund 40 Mio. Fr. für die Bereinigung der Vergangenheit im Geschäft mit deutschen Kunden zu begleichen hatte.

Staatsgarantien bergen hohe Risiken

Was aber würde es bedeuten, wenn heute erneut eine Kantonalbank zahlungsunfähig würde? Aktuell verfügen noch 21 Kantonalbanken über eine Staatsgarantie. Nur in den drei Kantonen Bern, Genf und Waadt wurde diese als Reaktion auf die Probleme mit faulen Krediten in den 1990er-Jahren abgeschafft oder eingeschränkt. In den allermeisten Fällen sehen die bestehenden Staatsgarantien vor, dass der Kanton haftet, wenn die Mittel seiner Kantonalbank die Verpflichtungen nicht mehr decken. Faktisch entfaltet die Haftungsverpflichtung die Wirkung einer Bestandesgarantie.

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Es darf bezweifelt werden, dass alle Kantone diese Haftungslast schultern könnten. Wie die Grafik zeigt, übertreffen die Bilanzsummen der Kantonalbanken die konsolidierten Ausgaben ihrer Heimatkantone in der Regel um ein Vielfaches. Wäre etwa die Thurgauer Kantonalbank 2014 zum Liquidationsfall geworden, hätte sich die maximale Haftungsverpflichtung des Kantons auf das rund Zehnfache seiner jährlichen Ausgaben summiert. Der Kanton Appenzell-Innerrhoden müsste theoretisch sogar beinahe 20 Jahre auf jegliche Ausgaben verzichten, um seiner maximalen Haftungsverpflichtung nachzukommen. Dies – wohlgemerkt – bei gleichbleibender Steuerbelastung seiner Bevölkerung.

Vorbeugen ist besser als heilen

Die Beispiele aus der Vergangenheit zeigen vor allem eines: Der Verkauf von Kantonalbanken wird typischerweise nur dann in Betracht gezogen, wenn der Schaden bereits eingetreten ist und keine anderen Auswege mehr bestehen. Die übliche Reaktion auf die finanzielle Schieflage einer Kantonalbank ist deren staatliche Sanierung und eine anschliessende Abschaffung bzw. Begrenzung der Staatsgarantie. Oftmals werden diese Massnahmen zudem von einer Umwandlung der Rechtsform der betroffenen Banken – von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in eine Aktiengesellschaft – begleitet. Es ist jedoch fraglich, ob mit solchen Reformschritten die Probleme effektiv behoben werden können. Denn auch so bleiben die Kantone regelmässig Haupteigentümer der Kantonalbanken, und es wäre politisch wohl kaum denkbar, diese im Krisenfall einfach abzuwickeln – dazu dürfte die Rolle der Kantonalbanken im lokalen Hypothekenmarkt, bei den gewerblichen Krediten sowie im Zahlungsverkehr viel zu stark sein.

Um solchen Interessenskonflikten wirkungsvoll zu begegnen, bräuchte es vielmehr einen sauberen Schnitt: Die Kantone sollten jegliche Beteiligungen an den Kantonalbanken abstossen. Damit könnte gleichzeitig auch der Privilegierung von Kantonalbanken aufgrund von schwammigen und überholten Leistungsaufträgen – wie der «Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Kantons» – Einhalt geboten und einer «verpolitisierten» Besetzung von Bankräten vorgebeugt werden.

Weitergehende Informationen zum Thema finden Sie im avenir debatte «Das Märchen vom Tafelsilber – Eine Privatisierungsagenda für die Schweiz» (2016).