Die Theorien von Robin Hanson sind wild und skurril, als Mensch ist der Professor für Ökonomie an der George Mason University in Fairfax ein durchaus sympathischer und jovialer Typ. Und doch blitzt gelegentlich ein mephistophelisches Lächeln auf seinem Gesicht auf, während er sein Buch «The Age of Em: Work, Love and Life when Robots Rule the Earth» vorstellt. Genüsslich zeichnet der originellste Ökonom der USA ein Bild der Zukunft, die von sogenannten «Ems» bevölkert wird – Emulationen von menschlichen Gehirnen auf Computern.

Für Hanson ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Zellenstrukturen und Verbindungen menschlicher Gehirne gescannt und auf einen Rechner übertragen werden können. Ein «Em» wird wie ein Mensch in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft denken können sowie eine eigene Persönlichkeit ausprägen. Nur der menschliche Körper fehlt – stattdessen werden einige «Ems» in Körpern von Robotern leben, andere lediglich in virtuellen Realitäten. Vermehren können sie sich –wenig verwunderlich – durch weitere Emulationen.

Hansons Buch zeigt detailliert auf, wie die zukünftige «Em-Welt» aussehen würde, vom sozialen Zusammenleben bis hin zur Wirtschaftsstruktur. Dank der einfachen Möglichkeit der Vermehrung durch Emulation würden Bevölkerung und Wirtschaft exponentiell wachsen – sich wohl jeden Monat oder noch schneller verdoppeln. Die Bevölkerung würde auf engem Raum in dichten Städten leben. Im Unterschied zu den Menschen brauchen «Ems» weder Freizeit noch Nahrung. Sie empfinden keine Schmerzen und sterben nicht, werden aber mit der Zeit weniger leistungsfähig. Hanson erwartet eine Subsistenzwirtschaft mit langen Arbeitszeiten und tiefen Löhnen, grossen bürokratischen Firmen und autoritärer Herrschaft.

Stand heute scheint eine solche Vision für die Zukunft ziemlich verschroben, zumal Hanson diese Entwicklungen schon innerhalb der nächsten hundert Jahre für möglich hält. Der Autor verweist jedoch auf disruptive Geschehnisse der Vergangenheit, die Bestehendes und Bewährtes aufgelöst haben: angefangen bei der kulturellen Entwicklung des Menschen über die Entstehung der Landwirtschaft bis hin zur Industrialisierung. Treffen Hansons Prophezeiungen zu, steckt die Digitalisierung immer noch in den allerersten Anfängen.

Robin Hanson bei Avenir Suisse.

Robin Hanson flankiert von Marco Salvi (l.) und Jakob Schaad (r.). (Foto Rahel Hediger)

Gemeinsam ist all diesen Entwicklungen, dass sie immer mit grossen Veränderungen von Sitten und Verhaltensmustern einhergingen. Was mit dem heutigen Menschen langfristig passieren wird, erwähnt Hanson in seinem Buch nicht. Dass es den wenigsten von uns gefallen wird, davon geht er allerdings aus. Wobei er gleich ergänzt, dass die Vorstellung eines Lebens, wie wir alle es heute führen, unsere Vorfahren vermutlich ebenfalls entsetzt hätte. Ob die nächste disruptive Technik in einer Welt der «Ems» münden wird, bleibt allerdings abzuwarten.