Wie haben sich die Wohnkosten in der Schweiz entwickelt? Vor 15 Jahren wäre die Beantwortung dieser Frage schwergefallen, denn die Schweizer Immobilien- und Wohnungsmärkte waren ziemlich intransparent und Informationen waren spärlich und darum teuer. Inzwischen hat sich die Situation gewendet. So sind diverse Miet- und Preisindizes lanciert worden.

Dennoch ist die Beurteilung der Wohnungsmärkte, zumal wegen der regional stark unterschiedlichen Entwicklungen, noch immer schwierig. Vor allem hat die Regulierung der Mietpreise in Form der Kostenmiete zur Folge, dass die Entwicklung im Segment der Neu- und Wiedervermietungen meist anders verläuft als bei bestehenden Mietverträgen. Allerdings hängt der Grad der Segmentierung von den regionalen Marktbedingungen ab. Ferner beruhen die meisten Mietpreisindizes auf Wohnungsinseraten und damit auf «Angebotspreisen». Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die verschiedenen Indizes.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der teuerungsbereinigten Mieten in der Schweiz insgesamt und in vier Grossregionen seit 1970. Die nominalen Mietzinsreihen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wurden dazu mit dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) exklusive Mietkosten deflationiert. Der Deflator enthält somit die Preisveränderung aller Güter ausser dem Posten «Wohnkosten» selbst. Die Datenbasis besteht aus Wohnungsinseraten (Print und Online), die Zeitreihe bildet deshalb den Neu- und den Wiedervermietungsmarkt ab. Auf diesem Teil des Mietwohnungsmarktes wird das freie Spiel von Angebot und Nachfrage zugelassen.

Die Entwicklung der realen Mieten in der Schweiz kann grob in vier Zeitabschnitte gegliedert werden:

  • 1970 – 1980: Hochkonjunktur und Erdölschock. Die siebziger Jahre waren zuerst geprägt von der auslaufenden Hochkonjunktur der sechziger Jahre, dann vom dramatischen Konjunktureinbruch von 1974/75, der zur Rückwanderung von 200 000 ausländischen Arbeitskräften führte.
  • 1980 – 1990: Überschwang und Immobilienblase. Nachdem die Schweiz 1981 erneut eine kurze Rezession durchgemacht hatte, stand der weitere Verlauf der achtziger Jahre im Zeichen einer sehr robusten Konjunktur. Diese führte auch auf dem Wohnungsmarkt zunehmend zu Überhitzungserscheinungen und dem Aufbau einer Immobilienblase.
  • 1990 – 2000: Lähmende Korrektur der Übertreibung. Die massiven realen Miet- und Preissteigerungen des vorangegangenen Jahrzehnts wurden in den neunziger Jahren sukzessive rückgängig gemacht. Dieser schmerzhafte Prozess belastete die Bankbilanzen, hemmte die Neuvergabe von Krediten und lähmte die Schweizer Konjunktur über Jahre.
  • 2000 – 2010: Robuste Nachfrage. Seit dem Wendepunkt im Jahr 2000 bewegten sich die realen Mieten aufwärts. Auftrieb erhielt die Wohnungsnachfrage von einem starken Wachstum in der Mitte des Jahrzehnts und der einsetzenden «Neuen Zuwanderung». Auch die Finanzkrise tat dieser Entwicklung keinen Abbruch. Allerdings erreichten die Zuwachsraten nie die Dynamik der achtziger Jahre, und sie zeigen jüngst eine Tendenz zur Abflachung.

Per Saldo sind die realen Mieten auf dem Neu- und Wiedervermietungsmarkt seit 1970 um 38,5 % gestiegen. Sie liegen damit wieder ungefähr auf dem Stand der Jahre 1988 bzw. 1995 und nur 17 % über dem Niveau von 1973. Insgesamt errechnet sich daraus eine durchschnittliche Steigerungsrate von 0,8 % pro Jahr.

Bedenkt man, dass die Schweizer Bevölkerung in diesem Zeitraum um 27 % zugenommen hat – und das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) um respektable 80 % –, mutet der Anstieg der Wohnkosten geradezu bescheiden an. Zu beachten ist auch, dass die dargestellten Indizes die Teuerung der neu- und wiedervermieteten Wohnungen tendenziell überschätzen und darum als Obergrenze der Mietinflation interpretiert werden müssen. Die Indizes berücksichtigen nämlich nur teilweise, dass sich die durchschnittliche Wohnungsgrösse erhöht und die Ausstattung verbessert hat. Der effektive Anstieg der realen Mieten dürfte darum unter den angegebenen Werten liegen.

Weitere Informationen zur Lage auf dem Schweizer Wohnungsmarkt können Sie der soeben erschienen Studie Wanderung, Wohnen und Wohlstand entnehmen.