Seit einigen Jahren ist der Mangel an Kollegialität ein fortwährender Kritikpunkt an der Landesregierung. Meist werden dafür die Konkordanz und das damit verbundene breite Parteienspektrum in der Regierung verantwortlich gemacht. Tatsächlich dürften die Stabsorgane der Exekutive eine wesentlich zentralere Rolle dafür spielen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts umfasste der Verwaltungsapparat der Eidgenossenschaft rund 3000 Personen – heute sind es 33’000 Vollzeitstellen. Während sich die Verwaltung verzehnfacht hat, zählt der Bundesrat noch immer sieben Mitglieder. Nur weil heute wesentliche Teile der Regierungsarbeit, wie das Schreiben von Reden, Vorstössen und Mitberichten, auf die politischen Mitarbeiter in den Generalsekretariaten ausgelagert werden, ist der siebenköpfige Bundesrat überhaupt noch handlungsfähig.

Belastung der Kollegialität

Die Generalsekretariate haben de facto wesentliche Aufgabenbereiche der Bundesräte übernommen, anders als diese sind sie jedoch nicht dem Kollegium verpflichtet und auch nicht Teil davon. Ihre Loyalität gilt zuallererst ihrem jeweiligen Chef. Wie es für Stabsorgane üblich ist, errichten die Generalsekretariate eine Wagenburg um ihre überlasteten Chefs, um sie gegen Druck von Aussen abzuschotten. Der mit Kommunikationsspezialisten und politischen Strategen besetzte Brain-Trust eines Bundesrats ist entschlossen, diesen in der Öffentlichkeit in bestem Licht erscheinen zu lassen – notfalls auf Kosten der Gesamtregierung.

Drei Reformansätze

Die gestiegene Belastung der Bundesräte in den Departementen und die Politisierung des politischen Umfelds sind Faktoren, die sich unserem Einfluss entziehen. Der Schlüssel für die Stärkung des einst erfolgreichen Kollegialitätsprinzips liegt bei den Stabsorganen. Es gibt dazu im Wesentlichen drei Ansatzpunkte.

  1. Teilintegration der sieben Generalsekretariate
  2. Aufwertung der Bundeskanzlei
  3. Schaffung eines Präsidialdepartements

Der erste Ansatz ist der niederschwelligste. Er zielt darauf, die politisch-strategische Planung von der schwachen Bundeskanzlei auf die mächtigen Generalsekretariate zu übertragen. Damit erhält die politisch-strategische Gesamtsicht in der Regierung einerseits mehr Gewicht, andererseits werden die Generalsekretariate gezwungen, aus ihrer Wagenburgmentalität auszubrechen. Statt bloss dem Einzelnen, würden sie zugleich dem Gesamten dienen.

Der zweite Ansatz zielt auf die Bundeskanzlei, deren Rolle die des politischen Stabs der Gesamtregierung ist. Eine Rolle, die sie nicht auszufüllen vermag. Eine blosse Aufstockung ihrer Ressourcen ist dabei nicht zielführend. Das Grundproblem der Bundeskanzlei ist ihr mangelndes politisches Gewicht. Das für eine effektive Arbeit nötige Gewicht bekommt sie nur, wenn der Bundeskanzler zu einem echten, achten Bundesrat aufgewertet wird. Aus der Bundeskanzlei würde ein Präsidialdepartement (dritter Ansatz). Wie die grossen Schweizer Städte zeigen, kann dabei ein Präsidialdepartement durchaus mit einer Kollegialregierung ohne Regierungschef verbunden werden.

Kurz: Will man neben dem zunehmend dominierenden Departemantalismus das Kollegialitätsprinzip und die Arbeit der Gesamtregierung stärken, geht dies nur über die Reorganisation der politischen Stabsorgane. Sei es durch die Aufwertung und Teilintegration der Generalsekretariate oder durch die Schaffung eines Präsidialdepartements als Querschnittsressort.