Der liberale Think-Tank Avenir Suisse steht nicht im Verdacht, gegenüber interventionistischer Politik übermässige Sympathien zu hegen. So argumentierten Alois Bischofberger, Rudolf Walser und Boris Zürcher in einem im Februar dieses Jahres publizierten Diskussionspapier zum harten Franken noch «für eine grösstmögliche Zurückhaltung hinsichtlich währungspolitischer Interventionen von Seiten der Nationalbank». Bereits damals plädierten die Autoren allerdings dafür, dass in einem extremen Szenario, bei dem der «Aufwertungsdruck » auf den Franken ein Tempo und Ausmass annehmen würde, das hohe Beschäftigungs- und Investitionseinbrüche und das Abgleiten in eine Deflationsspirale bewirkt, die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine temporäre Untergrenze für denWechselkurs des Euro gegenüber dem Franken festlegen und verteidigen sollte. Damals schien Avenir Suisse dieses Risiko aber äusserst gering.

Noch sind Beschäftigung und Konjunktur nicht eingebrochen. Dennoch erklärten am Donnerstag an einer Abendveranstaltung zum Thema der «Grandseigneur» der monetären Geldtheorie, Peter Bernholz, Peter Kugler von der Uni Basel, Tobias Straumann von der Uni Zürich und die Vertreter des Think-Tanks unisono, der Zeitpunkt sei gekommen, wo die kleine offene Volkswirtschaft Schweiz sich der Flucht in den Franken nicht länger ungeschützt aussetzen dürfe und die SNB eine Kursuntergrenze und möglichst auch ein Kursziel verkünden und mit allen Mitteln verteidigen sollte.

Meinungen können auch wieder zurückschwingen. Die SNB sollte sich deshalb dieser Tage ihrer Sache sicher sein und das Publikum nicht allzu lange im Ungewissen lassen über ihre Ziele, Mittel und damit allenfalls verbundene schmerzhafte Konsequenzen. Denn Erwartungsbildung ist bei Wechselkurspolitik schon das halbe Geschäft. Der plötzlich ungewöhnlich breite Sukkurs für potenziell unbegrenzte Interventionen deutet allerdings darauf hin, dass der Zeitpunkt für eine glaubhafte Einführung einer Kursuntergrenze jetzt günstig wäre.

Dieser Artikel erschien in der Neuen Zürcher Zeitung vom 20. August 2011.
Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zürcher Zeitung.