Unsere Lebenserwartung steigt täglich um 3 bis 4 Stunden. Hinzu kommt, dass die Pensionskassen seit 2000 nur noch ca. 2,9% jährliche Rendite generieren, statt der erforderlichen 4%, die zur Finanzierung der laufenden Renten nötig wären. Somit ist klar: Die geltenden Umwandlungssätze – ein wichtiger Parameter zur Berechnung der Renten – müssen gesenkt werden. Darüber sind sich unterdessen die meisten Parteien und Verbände einig. Strittig bleibt allerdings, wie tief die neue Zielgrösse sein soll.

Realistische Zielgrösse liegt zwischen 5,5 und 6,2 Prozent

Der Umwandlungssatz hängt primär von zwei Grössen ab: von der Rendite an den Kapitalmärkten und von der Lebenserwartung (siehe Abbildung). Wie schwierig es ist, die korrekte Zielgrösse zu definieren, zeigt die folgende Sensitivitätsanalyse. Zuerst muss die zukünftige Durchschnittsrendite am Kapitalmarkt, der sogenannte technische Zins, geschätzt werden. Glücklich ist derjenige mit der Kristallkugel, der diesen Wert genau voraussagen kann. Eine Abhilfe bietet eine verbindliche Fachrichtlinie der Pensionskassenexperten, die eine Formel für den maximalen technischen Zins vorschreibt. Gemäss dieser Richtlinie dürfte der technische Zins maximal 3,5% im Jahr 2012 und ca. 2.8% im Jahr 2013 betragen.

Zweitens muss die durchschnittliche Lebenserwartung ab Erreichen des Rentenalters geschätzt werden. Die rote Linie in der Abbildung zeigt den berechneten Umwandlungssatz, unter Berücksichtigung der bisher effektiv beobachteten Lebenserwartungen (Periodentafel). Nimmt die Lebenserwartung weiter zu, wie es in den letzten Jahrzehnten der Fall war, müssen künftig die Lebensrenten länger ausbezahlt werden. Der Umwandlungssatz muss um weitere 0.3 Prozentpunkte gesenkt werden (schwarze Linie, Generationentafel).

Umwandlungssatz und technische Zinsen

Unter Berücksichtigung realistischer technischer Zinsen und Generationentafeln müsste der korrekte Umwandlungssatz zwischen 5,5% und 6,2% liegen. Gemäss Swisscanto liegt er in der Praxis im Schnitt jedoch bei 6,6%. Um die dadurch versprochenen Renten finanzieren zu können, müssten die Pensionskassen zukünftig jährlich mindestens 4,5% Rendite erwirtschaften. Fällt die Rendite tiefer aus, müssen sie die Guthaben der erwerbstätigen Versicherten auch tiefer verzinsen, um die fehlenden Mittel zur Auszahlung der Renten zu kompensieren. Dabei entstehen jährlich systemwidrige Umverteilungen in Milliardenhöhe.

Kaum definiert, schon überholt

Je nachdem welche Annahmen zugrunde liegen, können unterschiedliche Umwandlungssätze «richtig» sein: Damit bahnt sich ein ewiger Streitpunkt zwischen Experten und Politikern an. Deshalb ist es nicht zielführend, den einen und einzigen Umwandlungssatz im Gesetz zu verankern. Neue, flexiblere und dezentrale Definitionsmechanismen sind gefragt.

In Liechtenstein bestimmt zum Beispiel der Stiftungsrat der einzelnen Pensionskassen den für seine Versicherten passenden Umwandlungssatz. Da sich die Pensionskassen durch gute und solid finanzierte Leistungen differenzieren wollen, ist bislang kein «race to the bottom» der Umwandlungssätze zu beobachten. Dank dezentralen Entscheiden können sich die Pensionskassen rascher an ökonomische und demographische Veränderungen anpassen.

Einen anderen Weg geht die Pensionskasse der Firma PwC. Sie teilt ihre Altersrente in eine tiefere, garantierte, und eine vom Marktumfeld abhängige Komponente auf. Die Höhe der variablen Komponente hängt von der über drei Jahre kumulierten Anlageperformance ab. Dadurch werden kurzfristige Marktschwankungen ausgeglichen. Eine solche Lösung hat auch politische Vorteile. Bei einer guten Entwicklung der Weltwirtschaft kann die variable Komponente eine signifikante Senkung des Umwandlungssatzes verhindern. Dadurch kann die politische Akzeptanz einer solchen Reform verbessert werden. Sollten die Marktrenditen weiterhin auf dem jetzigen tiefen Niveau verharren, werden zumindest die systemwidrigen Umverteilungen eingegrenzt, bis die Marktrenditen wieder steigen.