Nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 ist der Bankensektor von einer eigentlichen regulatorischen Welle erfasst worden, obwohl er schon vorher relativ streng reguliert war. Die treibenden Kräfte waren und sind die Aufsichtsbehörden, die Verwaltungen, die Notenbanken und internationale Organisationen, aber auch die Politik . Das Feinbild «Banken» bietet für nicht wenige Akteure einen willkommenen Anlass, um mittels überhasteter, undurchdachter Vorstösse politisch Kapital zu schlagen. Die Vorstellung, je mehr staatlich reguliert, kontrolliert und befohlen werde, desto weniger Risiken gebe es, dient dabei als strategische Richtschnur. Wo stehen wir im Sinne einer groben Zwischenbilanz heute? Ist die Welt mit Basel III besser?

Einleitend kann sicher festgehalten werden, dass die meisten grossen europäischen Banken ihre Bilanzsumme zurückgefahren haben – besonders stark die beiden Schweizer Grossbanken – , und dass ein Trend zu einer höheren Eigenkapitalausstattung erkennbar ist. Was dabei auf eigene Einsicht oder auf strengere regulatorische Anforderungen zurückzuführen ist, sei hier offen gelassen. Gleichwohl scheint das europäische Bankensystem immer noch nicht genügend robust zu sein, wie die jüngsten Schockwellen in Österreich und Portugal zeigen.

Jede Regulierung stellt einen Eingriff in die individuelle Handlungs- und Vertragsfreiheit dar und braucht deshalb eine saubere Rechtfertigungsanalyse. Nicht immer wird dies bei der heutigen Regulierungshektik genügend beachtet. Man ist sich heute in der Wissenschaft – weniger in der Politik – weitgehend einig, dass es für die Banken- und Finanzkrise nicht einen Schuldigen, sondern mehrere Schuldige gibt. Es handelt sich somit auch nicht einfach um ein Marktversagen, sondern ebenso sehr um ein Staatsversagen. Deshalb lässt sich die Finanz-und Bankenkrise auch nicht monokausal erklären, wie selbst der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, einräumt. So legten die Notenbanken durch ihre expansive Geldpolitik gleichsam den Nährboden für das riskante Verhalten von Banken und Investoren, wobei unsinnige Anreizsysteme in den Banken diesen Prozess noch beförderten. Die Aufsichtsbehörden übersahen oder unterschätzten die daraus entstehenden Risiken, Banken und Staaten manövrierten sich in eine gegenseitige Abhängigkeit. Zuletzt verloren auch viele Privatkunden bei der Jagd nach Renditen die Risiken aus den Augen.

Es soll im Folgenden in der gebotenen Kürze versucht werden, die wichtigsten Regulierungsbaustellen für den Bankensektor und den aktuellen Stand der politischen und wissenschaftlichen Debatte aufzuzeigen.

Basel III wird in jedem Land ein wenig anders umgesetzt

Der massgebende Regulierungsrahmen für höhere und strengere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen ist heute das im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erarbeitete Regulierungswerk Basel III. Es bildet den Fixpunkt für nationale Regulierungspolitiken, wobei die zeitliche und inhaltliche Umsetzung in den einzelnen Staaten zum Teil erhebliche Unterschiede aufweist. Von daher ist die Vorstellung, dass es irgendwann eine einheitliche Regulierung weltweit geben werde, wohl unrealistisch. So verbleibt immerhin ein gewisser Spielraum für den aus liberaler Sicht unentbehrlichen Systemwettbewerb.

Basel III stellt aber quasi den regulatorischen Mindeststandard dar:

  • Er setzt für die Berechnung der Eigenkapitalquote bei den Bankaktiva an, die entweder nach einem Standardansatz oder nach komplizierten bankinternen Modellen gewichtet werden. Die Eigenkapitalquote wird dann in Prozenten anhand dieser so aggregierten Aktiva festgelegt und beträgt gemäss jüngsten Zahlen der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bei den grösseren international tätigen Banken zur Zeit durchschnittlich 9,5%. Damit wird der bis 2019 zu erreichende Referenzwert von 7% bereits übertroffen. Zur Anwendung kommen zudem noch systemische und antizyklische Eigenkapitalpuffer, die zum Referenzwert von 7% addiert werden, um so die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes zu stärken. Sie komplettieren die mikroprudenzielle Regulierung. Ab 2019 ist geplant, die Eigenkapitalstandards weiter zu verschärfen.
  •  Ergänzend kommt eine ungewichtete Leverage-Quote (Eigene Mittel im Verhältnis zur Bilanzsumme) von vorläufig 3% hinzu, die von den einzelnen Ländern jedoch unterschiedlich gehandhabt wird. Die Schweiz hat für die beiden Grossbanken gemäss Finma-Verfügung vom 7. Mai 2014 den «Swiss –Finish» mit einer Quote von 4 (CS) bzw. 4,6 % (UBS) eingeführt. In den USA gibt es für grosse Bankenholdings eine Zusatzanforderung von 2% bzw. von 3% für deren Töchter, so dass die Leverage-Quote auf 5 bzw. 6% zu stehen kommt.
  •  Die Liquiditätsregeln verlangen, die Quote für die kurzfristige Liquidität in der Schweiz ab 2015 so festzulegen, dass sie einem Liquiditätsstress während mindestens 30 Tagen standhalten können.

 Abwicklung von Banken

Um in Zukunft «Bail-outs» für in Schieflage geratene Banken zu vermeiden, sind auf globaler Ebene in den Grundzüge die Regeln für die Abwicklung auch von komplexeren Bankinstituten entwickelt worden. Die Notfallplanung, wie im Falle einer drohenden Insolvenz das Funktionieren der für das System wichtigen Geschäftsbereiche sichergestellt werden soll, ist in der Schweiz schon relativ weit gediehen. In der EU sind die Regeln für die Sanierung- und Abwicklungsinstrumente harmonisiert worden. Zudem soll binnen acht Jahren ein Abwicklungsfonds von geplanten 55 Mrd. Euro geäufnet und dann schrittweise vergemeinschaftet werden. Wie sich diese Regeln und Instrumente aber in einem geschwächten makroökonomischen Umfeld anwenden und umsetzen lassen, ist jedoch eine andere Frage.

Stresstests können ein strenges Risikomanagement nicht ersetzen

Stresstests gehören inzwischen faktisch auch zur Bankenregulierung. Sie mögen ein nützliches Hilfsmittel sein, um Schwächen frühzeitig aufzuzeigen. Sie können aber ein institutsspezifisches, systematisches Management von Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiken sowie von operationellen und rechtlichen Risiken nicht ersetzen. Was im Test funktioniert, muss im Ernstfall nicht, weil die Realität letztlich immer komplexer ist als jedes Test-Szenario (FAZ: Was der Stresstest kann, 30.4.2014). So haben in einem früheren Test der European Banking Authority (EBA) Banken den Test bestanden, die kurz darauf in die Insolvenz gerieten. Der Stresstest darf nicht dazu führen, dass die Eigenverantwortung der Banken geschwächt wird, weil sie sich auf ein behördliches Attest berufen können. Was geschieht mit den Banken, die den bevorstehenden Stresstest von EZB/EBA nicht bestehen? Werden diese Institute einfach abgewickelt? Wer finanziert in einem schwierigen Marktumfeld Kapitalaufstockungen? Darüber besteht weitgehend Unklarheit.

Unklare Position der Schattenbanken

Die Schattenbanken, verstanden als sogenannte Nichtbanken-Finanzintermediäre (z.B. Hedge Fonds, Private Equity Fonds), spielen bei der Bereitstellung von Finanzierungsmitteln und der Geldvermögensbildung eine zunehmend wichtigere Rolle, vor allem in den USA. In Europa konzentriert sich die Bedeutung dieser bankähnlichen Institute schwergewichtig auf Luxemburg und die Niederlande. Die Frage, inwieweit die Schattenbanken in die Bankenregulierung einbezogen werden sollen, stellt sich nicht nur aus Gründen der Wettbewerbsneutralität und der Systemstabilität. Sie ist auch für die Geldpolitik von Bedeutung, vor allem, ob die Existenz von Schattenbanken die Wirkungsweise geldpolitischer Massnahmen verändern kann. Hier ist die politische Diskussion noch am Anfang.

Nach bald sieben Jahren Finanzkrise wissen wir zumindest: Die Banken stehen heute nicht nur unter einer grösseren öffentlichen Beobachtung als je zuvor. Sie unterliegen auch einer wesentlich strengeren Regulierung. Was wir nicht wissen, ist, ob der Regulierungsansatz von Basel III genügt, um in Zukunft neue Finanzkrisen zu verhindern.

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