Die realen Gebühreneinnahmen der SRG stiegen seit 1990 nicht nur wegen der höheren Gebührentarife, sondern auch wegen des Bevölkerungswachstums und der damit verbundenen höheren Anzahl Zahler. Als Folge davon nahm das Gewicht des Service-public-Dienstleisters sowohl absolut als auch in Relation zum privaten Medienangebot in der Schweiz zu. Beides ist keineswegs erwünscht – jedenfalls solange es keinen expliziten gesellschaftlichen Konsens für einen solchen Ausbau gibt. Erstens ist eine wachsende Bevölkerung kein Grund für eine Ausdehnung des Service-public-Niveaus. Schliesslich steigen die Kosten der Herstellung von Radio- und TV-Inhalten nicht mit der Anzahl Zuschauer. Zweitens bedrängt diese Expansion immer mehr die privaten Medien und damit die gesellschaftlich gewünschte Vielfalt im Markt.

Ertrags-Cap für Gebühren und Werbung

Ein einfaches Instrument zur Beschränkung des budgetären Spielraums stellt ein «Ertrags-Cap» für Gebühren und Werbung dar – wie er etwa in Belgien existiert. In dem von Avenir Suisse vorgeschlagenen Modell werden die Gebühreneinnahmen auf dem Niveau eines bestimmten Jahres real eingefroren (am Preisindex indexiert). Eine wachsende Bevölkerung impliziert sinkende Gebührentarife. Um zu verhindern, dass die SRG alternativ ihr Wachstum durch Werbe- und Sponsoringerträge kompensiert, werden auch diese einem Cap unterstellt. Dieser kann an den aggregierten privaten Medienbudgets (Werbe- und Nutzereinnahmen) indexiert werden. Dadurch wird die «Gewichtszunahme» der SRG im schrumpfenden Markt gebremst. Im Extremfall erodieren die privaten Budgets vollständig. Dann ist die SRG Monopolist, verfügt aber nur noch über die Gebührenerträge. In einem wachsenden Markt steigt umgekehrt das Budget der SRG unterproportional, wodurch ihr relatives Gewicht sinkt. Eine blosse Indexierung an den Werbeerträgen der Privaten hat dagegen wenig Aussagekraft, da – je nach Strategie – Gewichtsverschiebungen zwischen Werbe- und Nutzererträgen resultieren. Der Cap hat auch den Vorteil, dass spezifische Online-Werbebeschränkungen für die SRG, die sich aufgrund der Konvergenz nur schwer aufrechterhalten lassen, nicht nötig sind. Die Abbildung simuliert die Wirkung des Cap rückwirkend (Basisjahr 2002).

ertragscap-srg_800

Der Cap auf den Werbe- und Sponsoringerträgen könnte zu unerwünschten Nebeneffekten wie verzerrenden Anreizen bei der SRG führen. So liesse sich argumentieren, dass bei Erreichen des Caps die Anreize, das Programm an den Bedürfnissen des Publikums auszurichten, schwinden. Das Argument ist jedoch zweischneidig, schliesslich sollten die SRG-Programme gerade nicht kommerziell ausgerichtet sein. Zudem könnte die SRG die Werbepreise senken und private Konkurrenten auf diese Weise aus dem Markt drängen. Dies aber wäre mit negativen Effekten auf Seite der Rezipienten verbunden, da zusätzliche Werbung die Programmattraktivität negativ beeinflusst. Auch die für die SRG strikteren Werbebeschränkungen würden eine solche Strategie einschränken.

Abschaffung der Gebühren

Ein Anachronismus ist die heutige Finanzierung der Subventionen für die SRG und private, konzessionierte Radio- und TV-Stationen. Das an den Besitz von Empfangsgeräten gebundene Gebührensystem stammt aus einer Zeit, als die Konsumenten nur wenige Rundfunkprogramme empfangen konnten – im Wesentlichen das Angebot der öffentlichen Sendeanstalten. Etwas vereinfacht galt noch vor 30 Jahren, dass TV- und Radiokonsumenten mit der von ihnen entrichteten Gerätegebühr auch das von ihnen konsumierte Programm des Monopolanbieters finanzierten. Diese bei Gebühren unterstellte Äquivalenz erodierte in den vergangenen Jahren gänzlich:

  • Einerseits benötigen Konsumenten heute weder ein Rado- noch ein TV-Gerät, um Rundfunk zu empfangen. Als Folge davon wurde die gesetzliche Definition von «Empfangsgerät» auch auf Computer, Tablets und Smartphones ausgedehnt – was den Kreis der potenziellen Gebührenzahler auf fast jede Person bzw. jeden Haushalt ausweitet.
  • Anderseits ist die Anzahl privater und internationaler Rundfunkprogramme inzwischen derart gross, dass Besitzer eines Empfangsgerätes womöglich die Angebote der SRG (oder der privaten konzessionierten Anbieter) überhaupt nicht konsumieren.

Weder das bestehende System, noch die vom Bundesrat vorgesehene Neuordnung der Empfangsgebühren trägt dem Äquivalenzprinzip Rechnung. Und weil die Gerätegebühr wegen ihrer breiten Definition bald jeden Haushalt trifft, wird sie eher zu einer Art Kopfsteuer. Eine echte Gebühr müsste konsequenterweise den tatsächlichen Konsum der subventionierten Programme adressieren. Technisch wäre das einfach möglich, indem diese – wie beim herkömmlichen Pay-TV –nur mit einem entsprechenden Digitalreceiver empfangen werden könnten. Ohnehin vereinfacht der wachsende Online-Konsum den Einsatz von Bezahlschranken (Paywall). Doch gerade weil die Auswahl an (internationalen) Programmen inzwischen derart gross und damit die Konkurrenz besonders ausgeprägt ist, dürfte auch die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für bestimmte Sendeinhalte sehr gering sein. Die Erfahrungen mit Pay-TV aber auch den Bezahlschranken bei Online-Medien illustrieren, dass die potenziellen Erträge gerade in einem kleinen Markt wie der Schweiz tief sind und vermutlich kaum ausreichen, ein aufwändig produziertes Programm mit hohem Anteil Eigenleistungen zu finanzieren. Pay-TV funktioniert am ehesten für exklusive Sportübertragungen, aber kaum für das Service-public-Angebot.

Gibt es auch künftig einen gesellschaftlichen Konsens für die Subventionierung von medialen Inhalten, dann muss die Finanzierung den dynamischen technischen und marktlichen Entwicklungen Rechnung tragen. Überlegenswert wäre es, das Gebührensystem durch eine Finanzierung aus dem allgemeinen Staatshaushalt abzulösen, wie das in vielen angelsächsischen Ländern üblich ist (z.B. Australien, Kanada, Neuseeland, USA). Mediensubventionen werden dadurch den anderen staatlichen Ausgaben gleichgesetzt. Dies unterstellt freilich, dass Ausgaben für Mediensubventionen keineswegs wichtiger sind, als jene für andere staatliche Leistungen etwa in den Bereichen Bildung oder Gesundheit. Höhere Subventionen müssten explizit durch das Parlament bewilligt werden. Im Falle notwendiger Budgetkürzungen müsste auch die Position der Mediensubventionen geprüft werden.

Weitergehende Informationen finden Sie im Diskussionspapier «Medienförderung im digitalen Zeitalter».