Dieser Tage blickte die ganze Welt nach Davos, wo sich internationale Wirtschaftsführer und Politiker treffen. Klaus Schwab gelingt es immer wieder aufs neue, die wichtigsten Protagonisten der Welt zu versammeln. Weniger medienwirksam, aber nicht minder effektiv schafft es die hiesige Hochschullandschaft, sich international mit Spitzenforschern zu vernetzen. So blickte die Welt vor einem Monat nicht nach Davos, sondern nach Französisch-Guyana, wo die Cheops-Mission gestartet wurde, um fortan Informationen über Exoplaneten zu sammeln, ohne zu wissen, dass die treibende Kraft dahinter von der Universität Bern stammt.

International bestens vernetzt

42% aller wissenschaftlichen Publikationen von Schweizer Hochschulinstitutionen wird in internationaler Co-Autorenschaft verfasst. Obschon das totale Volumen von Forschungsartikeln geringer ausfällt als jenes aus den USA, Grossbritannien oder China, wird damit ein höherer «Impact» erzielt – sprich: die Publikationen werden häufiger zitiert. Ein Viertel aller Studierenden in der Schweiz stammt aus dem Ausland. Bei den Doktoranden sind es sogar über 50%. Die Hälfte der hiesigen Professoren sind Ausländer. Bei den beiden ETH sind es über 65%. Längst zählen nicht nur sie zu den Weltklasseinstitutionen. Laut dem Times Higher Education Ranking waren im Jahr 2019 sieben von zwölf Schweizer universitären Hochschulen unter den besten 200 Institutionen. Auch Fachhochschulen sind beliebte Partner grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Die internationale Vernetzung macht die Schweiz zu einer der attraktivsten und erfolgreichsten Hochschullandschaften.

Schweizer Wissenschaft hebt ab: Cheops-Mission unter der Führung der Universität Bern. (Foto: Esa)

Die EU-Forschungsrahmenprogramme (FRP) bilden ein entscheidendes Instrument, um diese wertvollen Kontakte knüpfen und pflegen zu können. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) bestätigt über ein Drittel der befragten Forscher, dass sie dank der FRP-Projekte mit ausländischen Wissenschaftern in Kontakt getreten sind, mit denen sie davor noch nie zusammengearbeitet hatten und den internationalen Austausch auch über das Projektende hinaus weiter pflegen wollen.

Vor allem KMU profitieren

Aber nicht nur der hiesige Forschungsraum profitiert, sondern auch der Werkplatz Schweiz. Jedes gewonnene Projekt schafft im Schnitt drei Stellen, wobei ein Drittel davon unbefristet ist. Und aus jedem zehnten Projekt heraus wird ein Start-up gegründet. Das SBFI rechnet mit insgesamt tausend solcher Spin-offs, die dank der Teilnahme an den verschiedenen Rahmenprogrammen geschaffen wurden. Vor allem für forschungsorientierte KMU sind die europäischen Programme von herausragender Bedeutung, da die hiesigen Förderagenturen keine Mittel für Unternehmen sprechen. Auch für die praxisorientierten Fachhochschulen stellen die FRP wichtige Programme dar, weil der Schweizerische Nationalfonds (SNF) auf Grundlagenforschung und somit die universitären Hochschulen zugeschnitten ist.

Insofern wirken die europäischen Programme ergänzend zum SNF. Der SNF ist auch nicht auf internationale Kooperationen ausgerichtet und könnte einen Drittstaaten-Status der Schweiz am europäischen Forschungsprogramm nicht kompensieren. Antragssteller aus Drittstaaten besitzen nur eingeschränkte Teilnahmemöglichkeiten. Eine Projektkoordination aus der Schweiz heraus wäre nicht mehr möglich.

Die Führung dieser Projekte macht für Spitzenforscher aber gerade den Reiz aus. Um einen Vergleich aus dem Fussball zu bemühen, bildet die europäische Forschungsförderung die Champions League der Wissenschaft. Eine Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit würde Talente ins Ausland vertreiben. Entscheidend für das Schweizer Forschungssystem ist nicht der Mittelfluss an sich – obschon der finanzielle Rückfluss seit 2003 insgesamt positiv war[1] – vielmehr schaffen die Forschungsprogramme einen Zugang zum internationalen «Wissenswettbewerb».

Die Teilnahmebedingungen sind für das neu aufgegleiste FRP 9 «Horizon Europe» zurzeit ungewiss. Bis zum Start im nächsten Jahr müssen die Voraussetzungen mit der EU jedoch geklärt werden. Es ist zu hoffen, dass diese beim Treffen der Bundesratsmitglieder Simonetta Sommaruga, Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am diesjährigen WEF in Davos angesprochen wurden. Der Innovationsplatz Schweiz ist dringend auf stabile Verhältnisse mit der EU angewiesen.

[1] 6. FRP +19.2 Mio [2003-2006], 7. FRP + 232.5 Mio. [2007-2013], 8. FRP -76.2 Mio. [2014-2020: provisorische Schätzung des SBFI gemäss Stand Ende 2018,] in diese letzte Periode viel die vorübergehende Teilassoziierung, die für grosse Verunsicherung über künftige Beteiligungsmöglichkeiten bei den Forschern sorgte.