Es gibt kaum ein grosses Schweizer Unternehmen, das nicht entscheidend von Immigranten profitiert hat. Die Schweiz hat es immer wieder geschafft, Leute aufzunehmen, die das Land vorangebracht haben.

Es ist in diesen Zeiten der Emotionen um die Zuwanderung nicht schlecht, sich der Quellen des Schweizer Wohlstands bewusst zu werden. Natürlich denkt man an die Tüchtigkeit der Bevölkerung, an Tugenden wie Fleiss und Genügsamkeit, Sparsamkeit und Bescheidenheit, Kundenorientierung und Kreativität.

Zu den Quellen des Wohlstands zählt aber auf vielfältigste Weise auch das Ausland. So lebt die Schweiz ausgeprägter als andere Länder vergleichbarer Grösse vom Aussenhandel. Exporte bzw. Importe machen gut ein Drittel des Bruttoinlandprodukts aus. Rund die Hälfte der 1000 grössten Schweizer Firmen macht mehr als drei Viertel ihres Umsatzes im Ausland, und Schweizer Firmen beschäftigen etwa die Hälfte ihrer Belegschaft im Ausland. Ferner ist über ein Viertel der Schweizerischen Wohnbevölkerung im Ausland geboren, weit über ein Drittel weist insofern einen Migrationshintergrund auf, als zumindest ein Elternteil im Ausland geboren ist. Und immerhin rund 10% der Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland.

Schliesslich wäre die Schweizer Unternehmenslandschaft ohne Ausländer um einiges ärmer und weniger in der Welt bekannt. Das Phänomen, dass Unternehmer oft einer kulturellen oder religiösen Minderheit entstammen oder aus einer anderen Region bzw. einem anderen Staat zugewandert sind, ist weltweit zu beobachten.

Aber nirgends dürfte der Anteil so ausgeprägt sein wie in der Schweiz. Im Buch «Wirtschaftswunder Schweiz», das ich zusammen mit James Breiding verfasst habe, wird diese Rolle der ausländischen Unternehmer besonders deutlich. Kaum eine der traditionsreichen, heute grossen Schweizer Gesellschaften hat nicht entscheidend vom Beitrag von Immigranten – als Unternehmer, Forscher oder Geldgeber, profitert.

Es waren also nicht nur direkt von aussen zugewanderte Unternehmer wie Henri Nestlé, Nicolas Hayek, Charles Brown, Walter Boveri oder Franz Saurer, um nur wenige Namen zu nennen, welche die Schweiz vorwärts brachten. Auch Karrieren wie jene des polnischen Juden Leo Sternbach, der das Valium erfand und Roche damit vor dem Bankrott rettete, gehören in dieses Kapitel. Das alles spricht dafür, die traditionelle Offenheit der Schweiz, die ausgeprägter war und ist, als die Schweizer selbst und so manche Kritiker im Ausland glauben, nicht aufs Spiel zu setzen.

Zugleich sollte nicht vergessen werden, dass auch in früheren Jahrhunderten die unternehmerischen Zuwanderer keineswegs überall mit offenen Armen empfangen wurden. Sie wurden skeptisch beäugt, auch kritisiert und man liess sie eher gewähren, als dass man sie aktiv förderte. Richtig anerkannt wurden sie alle meist erst, als sie bereits einen beachtlichen unternehmerischen Erfolg vorweisen konnten. Das war gewissermassen ihre Integrationsleistung.

Die Lehren daraus sind einfach: Offenheit hat der Schweiz genützt, Wirtschaftsförderung ist kein Ausdruck von Offenheit, und bei aller Offenheit hat es die Schweiz wie auch immer stets geschafft, vor allem jene Leute aufzunehmen, die gewillt und in der Lage waren, einen Beitrag zum Wohle des Landes zu leisten.

Dieser Artikel erschien im Swiss Equity Magazin vom 17. Juni 2011.