Noch immer steckt es in den Köpfen der Politiker: Wir brauchen dringend neue Arbeitsplätze. Die Standortförderung hat überall höchste Priorität, Gemeinden und Kantone wetteifern darum, Firmen anzusiedeln und Arbeitnehmer sowie Steuerzahler anzulocken. Als attraktiver Standort zieht unser Land wie ein Magnet die Ressourcen an. Dies zeigt ein Leporello, den Avenir Suisse kürzlich herausgegeben hat und der sich beim Think-Tank gratis beziehen oder von der Website herunterladen lässt.

Diese erfreuliche Entwicklung hat eine Kehrseite: Die zumeist hochqualifizierten Arbeitskräfte, die in die Schweiz kommen, brauchen Wohnungen und suchen sie vorwiegend in den Grossstädten. Mit ihren guten Einkommen treiben sie beim knappen verfügbaren Wohnungsangebot die Mieten hoch und wecken beim eingesessenen Mittelstand Ängste, er werde aus den Stadtzentren verdrängt. Deshalb droht die Stimmung gegenüber der Personenfreizügigkeit zu kippen, obwohl immer noch eine grosse Mehrheit sieht, dass der Zustrom von Arbeitskräften unser Land stärkt.

Es rächt sich jetzt, dass im vergangenen Jahrzehnt gemessen an der Zunahme der Bevölkerung von 7,2 Millionen (z000) auf 7,9 Millionen (zirio) zu wenige Wohnungen gebaut wurden, wohl weil die Verantwortlichen die Zuwanderung unterschätzen oder als nur vorübergehend betrachteten. Dies gilt für das ganze Land, vor allem aber für den Kanton Zürich und dort speziell für die Städte: Wenn gebaut wurde, dann kaum in den Kernstädten, wo die Nachfrage am grössten ist, sondern in der weniger begehrten Peripherie.

Das heisst: Die Schweiz braucht kein zusätzliches «Standort-Doping», mit dem Schaffen von Arbeitsplätzen, für die sich die erforderlichen Spezialisten nur im Ausland finden. Deshalb sollte die Chance genutzt werden, auf einem so günstig gelegenen Areal wie dem Flughafen Dübendorf endlich zu realisieren, was am dringendsten ist: attraktive Wohnungen, und zwar nicht an der Peripherie, sondern in einer urbanen Atmosphäre an zentraler Lage.

Dieser Artikel erschien in «Zürcher Wirtschaft» vom 14. Juli 2011