In den neunziger Jahren, als die AHV tiefrote Zahlen schrieb, trafen die Gewerkschaften mit ihren optimistischen Prognosen zu den AHV-Finanzen weit neben die Zielscheibe. In den nuller Jahren verrechnete sich dann der Bundesrat auffallend häufig. Die Folge davon: Wer heute immer noch an AHV-Prognosen glaubt, verfolgt wahrscheinlich eine politische Agenda. Um das Vertrauen wiederherzustellen, hat Avenir Suisse einen AHVRechner entwickelt und diesen ins Internet gestellt. Damit kann jeder seine eigene Prognose «basteln», wie es die Denkfabrik ausdrückt, und sie mit dem offiziellen Szenario vergleichen. Rechnet man mit 3,5 Prozent Wirtschaftswachstum statt mit 1 Prozent wie die Statistiker des Bundes, ist der AHVFonds statt 2025 erst 2037 leer. Eher unergiebig für kreative Prognostik sind die Inflationsrate, die Rendite auf dem Vermögen oder die Bevölkerungsentwicklung. Dafür gibt es auf der Einnahmenseite Spielraum. 2 neue Mehrwertsteuerprozente zum Beispiel bringen einen Aufschub von 15 Jahren. Dank der AHV à la carte kann sich der aufgeklärte Bürger also fortan selbst betrügen. Er wird nur noch jenen Prognosen vertrauen, die er nicht selbst gefälscht hat.

Dieser Artikel erschien in der Neuen Zürcher Zeitung vom 17. Oktober 2011.
Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zürcher Zeitung.