Es ist hinlänglich bekannt, dass die AHV aufgrund der demografischen Entwicklungen — steigende Lebenserwartung, niedrige Geburtenraten, auch fixes Renteneintrittsalter — in weniger als zwei Jahrzehnten finanziell in eine chronische Schieflage geraten wird, wenn das Sozialwerk nicht reformiert wird. Verdrängungseffekte engen den Spielraum der öffentlichen Hand auch in der Schweiz immer stärker ein, was gefährlich werden könnte, da Aufgaben wie Bildung oder Verteidigung vernachlässigt werden könnten. Vor diesem Hintergrund haben Ökonomen im Auftrag des Think- Tanks Avenir Suisse die Frage aufgeworfen, ob die Einführung einer Schuldenbremse für Sozialversicherungen zielführend sein könnte.

Dänen mit konzisem Ansatz

In einer Studie, die sich vor allem mit der AHV auseinandersetzt (und dabei die zweite Säule ausblendet), wird zur nachhaltigen Sicherung von Renten für das Vorbild Dänemark votiert, wo letztlich das Renteneintrittsalter anhand der durchschnittlichen Rentenbezugsdauer sukzessive adjustiert wird; damit wird vor allem das Abschieben sozialer Lasten auf zukünftige Generationen verhindert. Der noch nicht lange verfolgte Ansatz muss sich nach den Worten von Lars Feld (Universität Freiburg im Breisgau) in der Praxis noch bewähren; jedenfalls müssten die Dänen im Falle einer weiter ansteigenden Lebenserwartung länger arbeiten, unter Umständen würde sich das Renteneintrittsalter in Richtung 70 Jahre verschieben. Da die Schweiz schon einige Fiskalregeln zur Entschärfung der demografischen Bombe in der AHV entwickelt hat etwa das Hinausschieben der zweijährigen Rentenanpassung , wird die politische Akzeptanz für die Einführung eines Automatismus als gering eingeschätzt. Gleichwohl könnte eine Schuldenbremse, wie sie in der Verfassung seit 2003 für andere Ausgabenbereiche mit Erfolg festgeschrieben wurde, zumindest als Navigationshilfe dienen. Würde der AHV-Fonds er soll im Idealfall eine volle Jahresrente als Reserve enthalten einen gewissen Grenzwert unterschreiten, könnten dank einer griffigen Schuldenbremse schneller Korrekturen ergriffen werden. Avenir Suisse vertritt die Meinung, Sanktionsmechanismen müssten im Voraus definiert werden, um eine langwierige Blockade zwischen Interessengruppen zu verhindern.

Die Defizite werden kommen

Was die Finanzlage der AHV angeht, meinten im Weiteren die Ökonomen Feld und Schaltegger warnend, die positiven Effekte aus der Zuwanderung dürften nicht überschätzt werden. Wenn das Bundesamt für Sozialversicherungen im optimistischen Fall ab 2019 mit Nettoabflüssen aus der AHV rechne, könne es allenfalls zu einem Aufschub um einige wenige Jahre kommen. Doch der Weg der AHV ins Defizit sei ohne Eingriffe klar vorgezeichnet, wobei ab 2026 mit erheblichen Fehlbeträgen (gegen 8 Mrd. Fr. je Jahr) zu rechnen sei.

Erschienen in der «Neuen Zürcher Zeitung» am 26.11.2011.
Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zürcher Zeitung.