Die Schweiz verfügt über ausreichende Bauzonenreserven; sie liegen nur am falschen Ort. Während periphere Gemeinden meist überdimensionierte Bauzonen haben, fehlt es in den Agglomerationen zusehends an Bauland. Sinnvoll wäre es daher, einen Teil des Planungsmehrwerts bei Neueinzonungen abzuschöpfen und damit Rückzonungen an anderer Stelle zu finanzieren. Derzeit werden durch Einzonungen von Bauland private Renten in Milliardenhöhe geschaffen. Sie werden aber nur in wenigen Fällen abgeschöpft, obwohl das Raumplanungsgesetz dies vorsieht. Der durch Rückzonungen verursachte Planungsminderwert muss vom Staat hingegen voll entschädigt werden. Vor allem wegen dieser Kosten bleibt das Problem der überdimensionierten Bauzonen bislang ungelöst.

Seit 1980 wuchs die Einwohnerzahl der Schweiz dank Zuwanderung um 1,4 Mio. oder 50 000 Personen pro Jahr. Im langjährigen Durchschnitt muss somit jedes Jahr eine Stadt in der Grössenordnung Luganos über das Land verteilt neu gebaut werden. Der aktualisierten Bevölkerungsprognose des Bundesamtes für Statistik (BFS) zufolge wird die Wohnbevölkerung selbst im konservativen «Basisszenario» bis 2060 um weitere 1,2 Mio. Personen wachsen. Im hohen Szenario steigt die Bevölkerung sogar um 2,5 Mio. Personen. Die zentrale Herausforderung der Schweizer Raumplanung besteht darin, das damit verbundene Siedlungswachstum zu kanalisieren. Aus diesem Anlass hat Avenir Suisse eine Studie zur Siedlungsentwicklung und -steuerung veröffentlicht.1

Genügend Bauzonen, aber am falschen Ort

Dreh- und Angelpunkt der Siedlungssteuerung ist die Bauzonenpolitik. Genau hier hat die Schweiz jedoch ein fundamentales Problem: Auf der einen Seite gibt es in vielen peripheren Regionen überdimensionierte Bauzonen, die deutlich grösser sind als der nach dem Raumplanungsgesetz (RPG) erlaubte Bedarf für die nächsten 15 Jahre. So haben etwa im Kanton Waadt zwei Drittel aller Gemeinden Reserven, die für mehr als 30 Jahre ausreichen. Im Wallis sind kantonsweit knapp 40% der gesamten Bauzonen noch nicht überbaut. Auf der anderen Seite gibt es in Lagen mit hohem Siedlungsdruck – in den Städten und Agglomerationen – zu wenig verfügbares Bauland, und daher wird hier auch weiterhin eingezont.

Die Schweiz hat grundsätzlich nicht zu wenige Bauzonen; sie liegen nur am falschen Ort. Gemäss den Berechnungen des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) könnte man in den noch nicht überbauten Bauzonen weitere 1,4 bis 2,1 Mio. Einwohner unterbringen. So gesehen bedürfte es in den nächsten Jahrzehnten zur Absorption des Bevölkerungswachstums keiner Neueinzonungen. Voraussetzung wäre jedoch – neben der Verdichtung nach innen – eine räumliche Verschiebung vorhandener Bauzonenreserven. Aber dafür fehlen bisher die notwendigen Instrumente. Um diese Lücke zu schliessen, bietet sich die Weiterentwicklung eines planerischen Instrumentes an, das bisher ein Schattendasein fristete: eine Abgabe auf den Planungsmehrwert.

Planungsmehrwert als Rente

Ökonomisch betrachtet definiert die Raumplanung Eigentumsrechte an Grundstücken, und planerische Eingriffe haben teils massive Auswirkungen auf deren Preis. Insbesondere durch Einzonungen werden enorme Werte geschaffen. Die Umwidmung von Landwirtschafts- in Bauland kann den Wert verzehn- bis verhundertfachen (z.B. von 10 auf 100 bis 1000 Franken pro m2). Da es sich bei einzuzonendem Land meist um Landwirtschaftsland handelt und dessen Besitz gemäss bäuerlichem Bodenrecht Landwirten vorbehalten bleibt, fallen die entstehenden Gewinne vor allem einer privilegierten Gruppe zu, die weniger als 4% der Bevölkerung ausmacht.

Zudem wird die Wertsteigerung durch staatliche Eingriffe in den Bodenmarkt noch erhöht: Erklärtes Ziel des bäuerlichen Bodenrechts ist die Bekämpfung «übersetzter» Preise für landwirtschaftlich genutzten Boden. Daher darf Landwirtschaftsland grundsätzlich nur zum landwirtschaftlichen Ertragswert gehandelt werden, der meist weit unter dem Marktwert liegt. Dies vergrössert den Preissprung bei Umwidmung von Landwirtschafts- in Bauland ganz erheblich.

Genau genommen handelt es sich bei der Abschöpfung von Planungsmehrwert nicht um eine Steuer, sondern um eine Abgabe auf eine private Rente (sog. Windfall Gain). Der Mehrwert entsteht durch einen hoheitlichen Verwaltungsakt und nicht durch eine wertschöpfende Handlung des Grundstückseigentümers. Daher sollte er zumindest teilweise der Allgemeinheit zugutekommen. Schliesslich ist die öffentliche Hand bei negativen Auswirkungen von Planungsentscheiden auf Immobilienwerte auch zu Entschädigungen verpflichtet (siehe Kasten 2). Eine solche Asymmetrie zwischen der Privatisierung von Planungsmehrwert und der Überwälzung von Planungsminderwerten auf die Allgemeinheit macht weder ökonomisch noch planerisch Sinn.

Vollzugsdefizite bei der Mehrwertabschöpfung

Eine grobe Berechnung der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung kommt zum Schluss, dass landesweit alleine durch Neueinzonungen jährlich ein Planungsmehrwert von über 1 Mrd. Franken geschaffen wird.2 Einer Hochrechnung von Avenir Suisse zufolge könnte der Wert aber auch doppelt so hoch sein: In den letzten Jahren wurden landesweit schätzungsweise 630 ha jährlich neu eingezont. Bei einem Planungsmehrwert von 300 Franken/m2 ergäbe dies einen Planungsmehrwert von 1,9 Mrd. Franken im Jahr.

Umso erstaunlicher ist es, dass in diesem Bereich bestehendes Recht kaum vollzogen wird. Seit 1980 sieht das RPG (Art. 5) die Abschöpfung von Planungsmehrwert vor; aber in den 30 Jahren seit Inkrafttreten sind nur zwei Kantone diesem Gesetzgebungsauftrag nachgekommen (BS und NE). In zahlreichen anderen Kantonen gab es zwar Vorstösse für eine Mehrwertabgabe, doch diese wurden immer wieder unter dem Vorwand verworfen, sie sei eine zusätzliche Steuer. Seitens des Bundes wurde dieses Vollzugsdefizit nie sanktioniert.

Die oft vorgebrachte Behauptung, man brauche keine Mehrwertabgabe, da die Grundstücksgewinnsteuer den gleichen Zweck erfülle, hält der genaueren Prüfung nicht stand. Erstens wird die Gewinnsteuer erst bei Veräusserung des Grundstücks erhoben, während die Mehrwertabgabe so ausgestaltet werden kann, dass sie bei Einzonungen fällig wird. Dies würde den Anreiz zur Überbauung erhöhen. Zweitens sinkt der Satz der Grundstückgewinnsteuer mit der Haltedauer des Grundstücks. Raumplanerisch bewirkt dies eine Verstärkung der Baulandhortung. Der Abzug in einigen Kantonen ist so gross, dass sich der Steuersatz auf 5–10% verringert. In diesem Fall kann kaum von einer Mehrwertabschöpfung gesprochen werden.

Mehrwertabgabe als Instrument zur Reallokation der Bauzone

Statt die Mehrwertabgabe wegen Nichtvollzug durch die Kantone aus dem RPG zu streichen, wie teilweise gefordert, sollte man ihr vielmehr eine strategische Steuerungsfunktion innerhalb der Raumplanung zuweisen. Dafür müsste allerdings sichergestellt werden, dass sie streng zweckgebunden erhoben wird. Der naheliegende Verwendungszweck wäre die Finanzierung von Rückzonungen überdimensionierter Bauzonen. Dass dies grundsätzlich möglich ist, zeigen Basel-Stadt und Neuenburg. Dort fliesst die Mehrwertabgabe jeweils in einen zweckgebundenen Fonds, aus dem planerische Massnahmen finanziert werden.

Wenn es gelingen würde, einen substanziellen Teil des durch Neueinzonungen geschaffenen Mehrwerts flächendeckend abzuschöpfen, könnte man damit die Rückzonung überdimensionierter Bauzonen in anderen Gebieten finanzieren. Dies würde dadurch erleichtert, dass die überdimensionierten Bauzonen meist in peripheren Regionen liegen, wo das Bauland – und somit die Entschädigungen – deutlich günstiger zu haben ist als in den stadtnahen Gebieten mit hohem Bedarf an zusätzlichem Bauland. Während in der Peripherie Bauland häufig für 100–200 CHF/m2 verfügbar ist, kostet es in den Agglomerationen des Mittellandes ein Mehrfaches (400–1000 CHF/m2). Selbst wenn man bei dortigen Neueinzonungen nur einen Teil des Mehrwerts abschöpft (z.B. ein Viertel oder ein Drittel), könnte man mit den so generierten Erträgen die Rückzonung ähnlich grosser Flächen in peripheren Lagen finanzieren.

Die Mehrwertabgabe würde somit zu einem marktbasierten Instrument für die räumliche Reallokation von Bauzonen bzw. zum Abtausch von Eigentumsrechten. Die Nutzung der Mehrwertabgabe als Instrument zur räumlichen Verschiebung von Bauzonen liesse sich wohl am einfachsten auf kantonaler Ebene organisieren. Ergänzen könnte man dies durch einen Ausgleichsmechanismus auf eidgenössischer Ebene. Um Nachfrage und Angebot nach Bauzonen besser zur Deckung zu bringen, müssten schliesslich nicht nur Bauzonen zwischen Gemeinden innerhalb eines Kantons, sondern auch zwischen Kantonen verschoben werden.

Bei Einrichtung eines interkantonalen Ausgleichsmechanismus gibt es jedoch einen Zielkonflikt: Einerseits will man den Geldfluss von Kantonen mit geringen zu solchen mit grossen Bauzonen ermöglichen, um die Rückzonungen zu finanzieren. Andererseits belohnt man mit derartigen Transfers jene Kantone, die in der Vergangenheit in unangemessenem Umfang eingezont haben. Die Kantone mit überdimensionierten Bauzonen sind ausserdem oft auch die grössten Profiteure beim Finanzausgleich, was die Zahlungsbereitschaft der Kantone mit stringenter Einzonungspraxis zusätzlich mindern dürfte. Als Kompromiss könnte man Kantone mit besonders grossen Reserven verpflichten, die Rückzonung bis auf einen bestimmten Schwellenwert selbst zu finanzieren.

Entschädigungsfonds oder Realtausch als Alternativen

Eine Weiterentwicklung der Mehrwertabgabe wäre somit wohl die einfachste Lösung zur Organisation und Finanzierung der längst überfälligen Bauzonenredimensionierung. Aber es gäbe theoretisch auch andere Alternativen. Eine Möglichkeit wäre ein Entschädigungsfonds aus Steuermitteln auf Bundesebene. Dabei sollte jedoch nur ein Teil der Entschädigungen vom Bund gezahlt werden. Der Co-Finanzierungsanteil der Gemeinden und Kantone sollte sich nach dem Grad der Überdimensionierung richten. Dies würde sie nicht nur für Fehler der Vergangenheit in die Pflicht nehmen, sondern ihnen auch einen Anreiz geben, die Kosten der Rückzonungen zu minimieren. Die Äufnung eines Entschädigungsfonds aus Steuermitteln wäre aufgrund der hohen Kosten aber politisch sicherlich ein kontroverses Unterfangen, vor allem wenn man gleichzeitig auf eine Mehrwertabschöpfung bei Neueinzonungen verzichtet.

Ein drittes denkbares Instrument zur Bauzonenredimensionierung – neben der Mehrwertabgabe und einem Entschädigungsfonds aus Steuermitteln – wäre der Realtausch: Man könnte Grundeigentümer, die neues Bauland ausscheiden möchten, dazu verpflichten, zur Kompensation Bauland für Rückzonungen bereitzustellen. Dies würde ihnen einen Anreiz geben, Bauland zu finden, dessen Rückzonung besonders günstig ist (und damit die Kosten der Rückzonungen minimieren). Allerdings müsste in diesem Fall wohl auch ein Schlüssel für die Kompensationsgeschäfte festgelegt werden (z.B. ein Verhältnis zwischen ein- und rückzuzonendem Land von 1:1 oder 1:2) oder ein Punktesystem für die Abgeltung (etwa nach Güteklassen in Hinblick auf Lage und Wert). Bei einem solchen System dürften Gemeinden nur dann neues Bauland einzonen, wenn sie verbindliche Zusagen zur Rückzonung von den Grundstückseignern vorlegen können.

Vorteil eines derartigen Kompensationsmechanismus wäre, dass man hierfür keine Mehrwertabgabe und keine Entschädigung durch eine staatliche Instanz brauchte. Zudem liesse sich ein solcher Kompensationsmechanismus leicht über Gemeinde- und Kantonsgrenzen hinweg organisieren. Möglicher Nachteil einer derartigen Lösung wäre, dass der Marktpreis für die für Kompensationen geeigneten Grundstücke – und damit die Kosten – nach oben getrieben würde. Auch die Ausgestaltung eines Punktesystems nach Güteklassen würde komplexe Fragen aufwerfen. Je nach Ausgestaltung der Kompensationsregeln würde dieses Instrument mit einem System von Flächennutzungszertifikaten konvergieren. Dies wäre eine vierte mögliche Alternative, um die Bauzonenredimensionierung zu organisieren.

Flächennutzungszertifikate

Bei Einführung von Flächennutzungszertifikaten müsste man zum Bauen nicht nur über ein Grundstück in der Bauzone verfügen, sondern zusätzlich über entsprechende Flächennutzungszertifikate. Diese Baurechte wären handelbar, ihr Preis würde von Angebot und Nachfrage bestimmt. Dadurch könnten etwa Baurechte in Gebieten mit hohen Baulandreserven verkauft und zur Ausscheidung neuen Baulandes in den Agglomerationen – oder zur Aufzonung im städtischen Gebiet – erworben werden. Da der Verkäufer seine Baurechte mit dem Verkauf der Zertifikate abträte, könnte ohne staatliche Entschädigung rückgezont werden. Ein solcher Handel setzt jedoch voraus, dass die Gesamtgrösse der Bauzone beschränkt würde (Cap-and-Trade). Ein Zertifikatesystem liesse sich sowohl einfach gestalten (z.B. differenziert nach Fläche, Zonenart und Güteklasse) als auch mit hoher Differenzierung (z.B. zusätzlich nach Ausnützungsziffer, Gemeindetyp etc.).

Die Zertifikatelösung ist theoretisch elegant, wirft jedoch in der Umsetzung zahlreiche Schwierigkeiten auf. Erstens wäre ein derartiges Programm mit erheblichem administrativem Aufwand sowie mit hohen Informations- und Transaktionskosten für die Eigentümer und den Staat verbunden. Zweitens müssen die Regeln für den Handel der Zertifikate definiert werden. Drittens ist die «Primärallokation» der Zertifikate eine heikle Angelegenheit: Wer erhält wie viele Zertifikate und auf Basis welcher Prinzipien? Viertens gibt es politökonomische Risiken: Über Zertifikate werden Eigentumsrechte verändert, und dies hat weitreichende verteilungspolitische Implikationen. Die Festlegung der Eigentumsrechte und der Regeln für ihren Handel dürfte daher erhebliche Verteilungskämpfe auslösen. Ob an deren Ende ein raumplanerisch optimales System herauskäme, ist fraglich.

Bodensteuer für Bauland

Eine weitere Option zur Finanzierung von Rückzonungen wäre die Einführung einer Bodensteuer. Diese würde proportional zum Verkehrswert des Baulandes erhoben – unabhängig davon, ob das Grundstück überbaut ist oder nicht. In den USA zählt die «Property Tax» zu einer der wichtigsten Steuern; auch andere Länder kennen eine Bodensteuer. Diese liegt meist deutlich höher als die Grund- oder Liegenschaftssteuer, die in der Schweiz teilweise von Gemeinden und Kantonen erhoben wird. Eine solche Steuer könnte aufkommensneutral ausgestaltet werden (indem etwa die Einkommenssteuer gesenkt wird) oder aber zweckgebunden zur Finanzierung von Rückzonungen. Die Berechnung der Bodensteuer würde sich am Marktpreis orientieren und könnte aufgrund der registrierten Handänderungen relativ leicht – d.h. mit geringem Verwaltungsaufwand – berechnet werden.

Eine auf Bauland beschränkte Bodensteuer, die unabhängig von der Überbauung erhoben würde, könnte vor allem aus planerischer Sicht eine positive Lenkungswirkung entfalten:

– Erstens gäbe es einen Anreiz, vorhandenes Bauland nicht zu horten, sondern zu überbauen.

– Zweitens hätten Eigentümer von Bauland, das auf absehbare Zeit nicht überbaut wird, unter Umständen einen Anreiz, freiwillig Land auszuzonen, weil sie somit weniger Steuern zahlen müssten.

– Drittens würde die Bodensteuer den Marktwert von Grundstücken reduzieren und damit auch die Entschädigungskosten für Rückzonungen.

Je nach Ausgestaltung könnte eine Bodensteuer also planerisch und ökonomisch eine interessante Option darstellen. Ihr Nachteil wäre jedoch der mit der Einführung verbundene Aufwand, da sie weitreichende steuersystematische Anpassungen notwendig macht.

Fazit

Theoretisch gibt es mindestens fünf alternative Mechanismen, um eine Redimensionierung der Bauzone zu organisieren und zu finanzieren: Eine zweckgebundene Mehrwertabgabe, einen steuerfinanzierten Entschädigungsfonds, den Realtausch bei Neueinzonungen, Flächennutzungszertifikate und eine Bodensteuer. Auch Mischformen zwischen diesen Instrumenten wären denkbar. Drei der Instrumente – Mehrwertabgabe, Realtausch und Zertifikate – nutzen direkt oder indirekt den Planungsmehrwert zur Entschädigung von Rückzonungen, und sie alle beinhalten einen Gemeinde- bzw. kantonsübergreifenden Abtausch von Eigentumsrechten. Die wohl pragmatischste Lösung wäre ein Entschädigungsfonds, der durch eine zweckgebundene Mehrwertabgabe gespeist wird. Dieses Instrument ist bereits im RPG verankert und wäre mit vergleichsweise geringem Verwaltungsaufwand oder steuersystematischen Komplikationen verbunden. Die laufende RPG-Teilrevision bietet eine Chance, diese Reform anzugehen – und mit dem Problem der überdimensionierten Bauzonen die wohl grösste Altlast der schweizerischen Raumplanung zu korrigieren.
Dr. Daniel Müller-Jentsch

Projektleiter, Avenir Suisse
Die RPG-Teilrevision und der Mehrwertartikel

Als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative bereitet das Parlament derzeit eine Teilrevision des Raumplanungsgesetztes (RPG) vor. Diese sieht neben klareren Bundesvorgaben zur Bauzonendimensionierung auch eine Präzisierung des Mehrwertartikels vor. Der Ständerat stimmte Ende September 2010 als Erstrat für eine Neufassung des Artikels. Demzufolge sollen die Kantone dazu verpflichtet werden, innerhalb von zwei Jahren verbindliche Regeln zur teilweisen Abschöpfung des Planungsmehrwerts einzuführen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, soll auf Basis des Bundesrechts im Falle von Neueinzonungen mindestens 25% des Planungsmehrwerts abgeschöpft werden. Eine Zahlung würde jedoch erst bei Grundstücksverkauf fällig, was die Anreize deutlich mindert. Sollten diese Regeln auch vom Nationalrat angenommen werden, stellt sich die Frage nach der Verwendung der Einnahmen.

Entschädigungsansprüche als Hindernis von Rückzonungen

Juristisch gesehen stellen Rückzonungen in der Regel eine materielle Enteignung dar und müssen von der öffentlichen Hand (meist den Gemeinden) voll entschädigt werden. Ein wichtiges Hindernis für die Rückzonung überdimensionierter Bauzonen sind die damit verbundenen Entschädigungsansprüche. Würde man die Bauzonen grossflächig auf das vom RPG vorgesehene Mass reduzieren, hätte dies wohl Entschädigungsansprüche in Milliardenhöhe zur Folge. Wie hoch sie genau sein würden, ist schwer zu beurteilen, da die Rechtsprechung des Bundesgerichts diesbezüglich noch wichtige Fragen offenlässt. Die überdimensionierten Bauzonen und die dadurch geschaffenen Eigentumsrechte stellen somit die wohl grösste «Altlast» der schweizerischen Raumplanung dar.

Kantonsmonitoring zur Raumplanung von Avenir Suisse

Mitte 2010 veröffentlichte Avenir Suisse eine Analyse zur Siedlungsentwicklung in den Kantonen. Kern des Kantonsvergleichs war ein Inventar kantonaler Instrumente zur Siedlungssteuerung. Die Studie dokumentierte jedoch auch weitverbreitete Vollzugsdefizite in der Raumplanung und plädierte für verbindlichere Standards auf Bundesebene, insbesondere in der Bauzonenpolitik. Das Kantonsmonitoring kann auf der Webseite von Avenir Suisse heruntergeladen werden: www.avenir-suisse.ch.