Der Übervater Singapurs, Lee Kuan Yew, erklärte nach seiner Teilnahme an einem Treffen der Sozialistischen Internationale in der Schweiz 1967, Singapur müsse so werden wie die Schweiz. Rund 50 Jahre später gibt es auch manches, um das die Schweiz Singapur beneiden könnte. Die Tatsache, dass die beiden Länder zwar vieles verbindet, etwa die Bevölkerungsgrösse, die Rohstoffarmut, der Wohlstand, die Bedeutung des Finanzsektors oder die Lage inmitten grösserer Staaten, sie aber in den Lösungsansätzen oft deutlich differieren, ist eine ideale Voraussetzung, um voneinander zu lernen.

Singapur interessiert sich für die duale Bildung und die Forschungspolitik, die die Schweiz zu einem der innovativsten Länder der Welt macht. Für die Schweiz sind die Singapurer Erfahrungen mit dem Mobility Pricing oder der Wohneigentumspolitik von Interesse. Daneben gibt es Herausforderungen wie die Alterung oder die Migration, die in beiden Ländern ähnlich sind, aber bisher ganz anders angepackt wurden. Einen grossen Unterschied gibt es: Singapurs politisches System ist von oben nach unten aufgebaut, das der Schweiz von unten nach oben. Singapur wird wie ein Unternehmen geführt, die Beamten fast wie Manager entlöhnt. Das Tempo der Umsetzung ist oft atemberaubend. Das ist weit weg von der ältesten Demokratie der Welt, aber kein Grund, von Singapurs Erfahrungen nicht zu lernen und schon gar nicht, sich durch sie nicht inspirieren zu lassen. Das will das neue «avenir spezial» zu Singapur (www.avenir-suisse.ch/39432): anregen zu mutigem Nachdenken über die Schweiz.

Dieser Beitrag erschien in der «Zürcher Wirtschaft» vom 16. Oktober 2014.