Im Nachgang zu den Ereignissen in Japan überbieten sich Schweizer Politiker mit Ideen für den Atomausstieg. Im Diskurs um die Energiezukunft dominieren neben dem Thema Versorgungssicherheit auch ökologische Nachhaltigkeit, Klimaschutz sowie Förderung grüner Technologien. Energieeffizienz gilt als Königsweg für die ersehnte «Energiewende». Aus diesem Grund sollen sich die öffentlichen Versorger so die politische Forderung vermehrt für das Energiesparen bei ihren Kunden einsetzen.
Was kaum jemand zu sagen wagt, ist, dass der Energieverbrauch für die öffentliche Hand ein sehr profitables Geschäft darstellt. Der Bund verdient über die Mineralölsteuer, den Zuschlag zur Mineralölsteuer sowie die Mehrwertsteuer. Die Kantone profitieren über ihr Mehrheitseigentum an den grossen Stromproduzenten, den Verbundunternehmen. Im liberalisierten und europäisch funktionierenden Strommarkt orientiert sich ihr Geschäftsmodell längst nicht mehr ausschliesslich an der inländischen Versorgung. Vielmehr investieren die Unternehmen in ausländische (fossile) Kraftwerke und beteiligen sich am internationalen Energiehandel.
Doch das Engagement der Kantone ist nicht nur ordnungspolitisch fragwürdig. Daneben bestehen auch Risiken für die Finanzhaushalte. Sollte etwa das KKW Mühleberg frühzeitig vom Netz genommen werden, entsteht dadurch weniger ein Problem für die Schweizer Stromversorgungssicherheit, sondern vielmehr für die Finanzen des Kantons Bern. Dieser ist mit rund 53% an BIM beteiligt und das KKW Mühleberg macht mehr als einen Viertel der BKW-Stromproduktion aus. Ende 2007 hatte das Aktienpaket des Kantons einen Marktwert von 4 Mrd. CHF, Mittel April 2011 waren es weniger als 1,7 Mrd. CHF. Energiepolitik ist daher in vielen Kantonen auch Finanzpolitik.
Dieser Artikel erschien in der "Zürcher Wirtschaft" am 12.Mai 2011