Sehr geehrtä Herr Gemeindspräsident
Geschätzti Fäschtgmeind

Min ganz herzlichä Dank a Sie für Ihri Einladung hüt nach Aesch.

Im Vorfeld bin i gfrögt wordä, ob öperäm wie mir, wo berufsbedingt i Zuekunft lueget, Schwierigkeiten hät, ä Red zum 1. August z’haltä, wiil ä Red zum Nationalfiritg normalerweise ja au än Blick zrueg, än Blick i d’ Vergangenheit vo üsem Land beinhaltet.
Ich cha Sie aber beruhigä, liebi Fäschtgmeind, d’Vorbereitung uf dä hötig Alass hät mer käi Problem g’macht, den dä Blick i Zuekunft funktioniert nur, wemär au um diä eigene Vergangenheit weiss und zuglich versuecht z’verstah , was gegenwärtig alles um üüs ume passiert. Schwierigkeiten hät mir bim Vorbereitä vo däre Red nur die nebäd miim Schreibtisch sich befindendi Krabbeldecke vo üsem 4 Monat altä Sohn gmacht, wiil üse Michel Luca siin Spieltrieb üsserscht prächtig ausläbt und wiil ich als stolzä Vater ihm natürlich Spielzüüg und ganz viil Raaslä geschänkt ha, wo ä gehörigi Geräuschkulisse verursached.
Das sind aber liebevolli Ablenkige, wo ich noch so gerne in Kauf nimm. Und zuglich isch min Sohn Teil vo dä zukünftige Generation, was mich durchuus bim Rede-Schriibe inschpiriert hät!

Geschätzti Damen und Herren

Der 1. August  isch in erschter Linie än Tag zum Fiire von üsere Heimat. Damit isch dä hötig Tag au an Tag von Dankbarkeit:

Mir Schwizerinnen und Schwizer lueged zrug uf 175 Jahr in Frieden und Freiheit. Dä letzte Krieg uf üsem Bode isch dä Sonderbundskrieg 1847 gsi. Das äs Läbe i Friede und Freiheit hüt alles andere als selbstverständlich oder garantiert isch, zeigt sich genau 160 Flugminuten vo Aesch entfernt, i dä Ukraine mit däm abscheuliche Agriffskrieg vo Russland. Gnüsse mär also mit Demut und Respekt d’Freiheit, während sie in dä Ukraine und au a andere Orte tagtäglich unter Einsatz vom Lebä verteidigt wird.

Dä hütige 1. August isch für üs Schwizerinnen und Schwizer aber au än Tag vo Stolz, wiil mir hüt zruegluegäd uf 174 Jahr demokratischä und föderalistischä Zsammenhalt mit änere usserrordentlichä wirtschaftlichä Erfolgsgschicht wo 1848 agfange hät, wo d’ Eidgenossenschaft nach em Sonderbundskrieg durch d’Annahm vo dä damals modernschtä Bundesverfassung vo Europa in än Bundesstaat umgwandelt wordä isch.

Mir fiired also hüt 174 Jahre gemeinsam Verbindänds, s’Heimatliche, d’Tradition und damit au än Zusammenhalt, wo alli Landesteil, alli Religionä und alli Bevölkerungsschichtä mit-umfasst. Und au wenn’s gewissi Kreis in üsem Land giit, wo vor allem s’Trennende und d’Gräbe betonäd, dä Röschtigraben, dä Stadt-Land-Graben, dä Generationenkonflikt, s’Trennende zwischen däne obe und däne une, s’Trennende und diä ageblichä Gegäsätz zwischen dä KMU’s und dä Gross-Konzerne…

Ich haa da mängisch dä Iidruck, dass wer nur’s Trennendi, d’Gräbe und d’Unterschiid betont, dä versteht letztlich d’Schweiz nöd dä Richtum vo dä Schweiz wie au vo üsem Kanton Züri isch ja vor allem diä unghüri Vielfalt.

Ihri Gmeind isch ja s’beschte Biispiil für d’Vielfalt i üsem Land: Sie sind eini vo dä kinderrichste Gmeindä im Kanton und trotzdem Netto-Zahler in Finanzausgleich. Sie sind Vorreiter von änere modernä Raumentwicklungs- und Landwirtschaftspolitik – und das obwohl sie grad nebäd dä Stadt Züri dahäime sind Ihri Viilfalt zeigt au im Stimmverhalten, wo zuglich s’ländliche wie s’urbane abbildet. D’Viilfalt bi Ihne in Aesch, aber au d’Viilfalt vo üsem Land, heisst dass mär zsammeschaffe muess und am andere nöd sin Wille ufzwingt. Das gilt für’s Verhalten vom Bund gegenüber dä Kantön, aber insbesondere au vo dä Kantön gegenüber dä Städt und Gmeindä.

Im Rathuus in Züri weiss mär sicher nöd alles besser, was gut für d’Gmeind Aesch isch. Föderalismus heisst damit au, Unterschied z’reschpektierä und nöd alles gliich uniform welle z’machä. Wenn alles gliich sii söll, äi Lösiig für alles gälte söll, dann hämmer am Schluss in dä Schweiz än türre Zentral- und nüüme dä Bundesstaat. Wiil Föderalismus nöd nur Akzeptanz, sondern au äs Engagement für d’ Vielfalt vo und i üsem Land bedütet, heisst das aber au, dass jedä Einzelni vo üüs Verantwortung treit für diä politischi und für diä kulturelli Vielfalt vo üsem Land.

Politischi Abschtinenz funktioniert im Land vo dä Direkt-Demokratie definitiv nöd! Drum isch s’freiwillige Engagement im Milizsystem so wichtig. Es sind genau diä Leistungen im Ehrä- und Nebäamt, i dä Miliztätigkeit, die üses Land so wertvoll und erfolgrich mached. Genauso wie diä Lüüt höt in Aesch wo das Fäscht und d’Feschtwirtschaft organisiert händ. Genauso wiä d’Mitglieder vom Musikverein Harmonie Birmensdorf, wo üs höt äs wunderbars Konzert gebäd. Sie stönd als Bischpiil für diä Aber-Tusige vo stillä Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern landuf und landab. Es sind au nöd die Lüteschte und Bekannteschte, sondern ebä diä stillä Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die stille Chrampfer, wo üses Land vorwärtsbringed. Stille Leistungsträger sind nämlich au die täglich hart schaffendi Bevölkerung, Gwerbler, Klii- und Grossunternehmer, wo Arbeitsplätze schaffed, d’Pioniergeister in dä Start-ups, d’ Freigeister in der Kulturszene, wo üse Horizont erwiteret, d’Lehrpersone, wo üsi Kinder uf Zuekunft vorbereited, s’Spitalpersonal, wo sich 24 Stunden für unsere Gesundheit kümmeret, d’Polizei- und Feuerwehrmanne und -fraue, wo Tag und Nacht für üsi Sicherheit sorget und vor allem au sind mit dä stillä Leistungsträger all diä Freiwilligä gmeint, wo mit ihrem ehrenamtlichä Engagement üses politischä Lebä dank ihrä politischä Mitwirkig und Mitsprach berichered.

Und diä politisch Mitsprach wird in Zukunft no viil wichtiger, wiill üses Land isch immer meh mit Uuseforderige konfrontiert, wo mir druf gemeinsam Antwortä findä müend. D’Welt isch hüt dütlich komplexer und unberechenbarer als no vor 5 und 10 Jahr – geostrategischi Machtverschiebige findet statt, westlichi Demokratiä befindet sich nümä automatisch uf dä Siegerstrass.
Wie söll sich d’Schweiz i Zuekunft positionierä agsichts vo dä zunehmendä Rivalitätä zwischen dä beidä Weltmächt USA und China? Chömer aussenwirtschaftlich glichzitig uf beidä Hochzeitä tanze? Mir erlebäd ja grad äs China, wo d’USA und üsi liberali Ordnig wirtschafts- und sicherheitspolitisch immer meeh useforderet.
Was heisst das für diä zuekünftig Neutralitätspolitik vo üsem Land i Zeiten vo epochalen Auseinandersetzungen zwisched Demokratie und Despotismus, zwisched Rechtsstaat und Willkür, zwisched Freiheit und Zwang?
Wie gestalted mir i Zuekunft üses Verhältnis zu Europa, mit änere Politik vo Zauderä und Abwartä oder mit änäre klarä Vorschtellig, wie’s weitergaah söll?
Wie sichered mir üsi Sozialwärch mit änere immer älter werdendä Bevölkerung, ohne dä Arbeitstätigä immer meeh  Schtüüre und Abgabä abzverlangä?
Wie wänd mir dä Mangel an Fachkräft in Zukunft bewältigä, wenn üs alleigä im Kanton Zürich i dä nächschte 30 Jahr uufgrund dä demografischä Entwicklig über 200’000 Arbeitskräfte fehlä werded? Wämer und chömer dä Fachkräftemangel mit äneme flexiblerä Rentenalter oder au dä Einführung vo dä Individualbesteuerung abfederä, was düütlich meeh Erwerbsanreiz für d’Fraue schaffen würdi?
Ä Uuseforderig isch au s’zunehmende Staats- und Verwaltungswachstum: Diä drittgröschti Stadt vom Kanton ZH mit 36’000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist offiziell d’Stadt Uster, inoffiziell ist es aber hüt d’Zürcher Kantonalverwaltung mit bald 50’000 Stellen. Wieviel Staatswachstum isch also no gsund?
Mä müend au im Nachgang zur Corona-Pandemie üs d’Frag stellä, weläs Verschuldungsmass finanzpolitisch s’richtige isch, um üsi finanzielle Handlungsspielräume für zuekünftigi Krisä nöd z’fescht iizschränkä?
Bi dä Bekämpfig vom Klimawandel giits d’Useeforderig, wie mir zuglich Versorgungssicherheit gewährleistä chönd, wenn dä Gaszuefluss us Russland nümä garantiert isch und d’Atomkraftwärch nadiesna vom Netz gnooh werded. Müemer s’Technologieverbot für Atomkraft wieder uufhebe? Müemer nöd ehrlicher drüber diskutierä, was meh Priorität hät für üsi Energie-Zuekunft: «Naturschutz» oder «Kapazitätsausbau» bi Wasserkraft und Fotovoltaik?

Uf all diä Fragä giits kei allgemeingültigi richtigi oder falschi Antwort, sondern es giiit ä Vielzahl vo Antwortä. Doch im Land vo Direkt-Demokratie und föderalistischer Vielfalt söttet mir alli über dä zukünftig Kurs vo üsem Land mitdiskutierä und mitbestimmä. Antworten uf d’Herausforderige müend in üsere direkten Demokratie gsuecht, uusghandelt und am Schluss au umgsetzt werdä. Und mir söttet dra erinnerä, dass jedi Partei uufgrund vo ihrä Wählerstärchi, jedä Verband, jedi Gwerkschaft, aber au jedä Think Tank wie au Avenir Suisse, au wenn mär noch so gueti Idee entwickled, am Anfang immer nur ä Minderheit vertritt und nöd vo Anfang an d’Mehrheitsmeinig für sich in Anschpruch neh chad.

Üses Konkordanzsystem zwingt Politik, Gsellschaft und Interessenorganisationen zunäre Zsammenarbeit, und es entschtönd bi jederä Frag anders zusammengesetzti Mehrheitä und Minderheitä – und das isch guet so, wiil das isch s’Lebenselixier vo üsere direktä Demokratie!
Siit dä Gründig vo üsem Bundesstaat 1848 lönd mir üs leitä vom Prinzip vom friedlichä Zsammenlebä unterenand, wo d’Uushandlig vom Kompromiss über diä kalti Machtpolitik schtellt.

Gschätzti Damen und Herrä

Es isch nöd dä Nährbodä vo Missgunst, Niid, Uusgrenzig oder Intoleranz, wo d’Schweiz erfolgreich gmacht hät, sondern Fliiss, individuelli Leischtig und Leischtig von üüs allne als gesellschaftlichs Kollektiv, Verantwortiig und Weltoffenheit – z’sämme mit äm Iibindä von verschiedenä Meinige über dä zuküenftig Wäg, wo üses Land gaah söll.

D’Schweiz isch dabii niä staah blibe, sondern hät sich immer wiiterentwicklet – mir sind ja au äs Land vo dä Evolution, aber sicher nöd vo dä Revolution!
Das gseeht mer exemplarisch bi dä Weiterentwicklig vo üsere direktä Demokratie. Bis Ende vo dä 30er Jahre vom letzschtä Jahrhunders hät mer nur chöne a dä Urne abstimme, dän hätt mer s’brieflichä Stimmrecht igfüehrt, 1971 hät nach mehrerä Anläuf endlich s’Frauenstimmrecht. Und hüüt diskutiere mär über digitale Demokratie, über äs Ausländerstimmrecht uf kommunaler Ebene oder au über d’Einführig von äme Finanzreferendum uf Bundesebene.
Ebe äs Land vo dä stete Wiiterentwicklig!

Drum langed s’Stahbliibe oder dä Blick in Rückspiegel vo dä Vergangenheit nöd, um diä vielä Uuseforderige z’löse, wo ich vorher uufzeigt haa und wo üs als Land – ob wir wänd oder nöd – in dä nächschtä Jahre beschäftigä werded. Au d’Angscht vo gwüsse Politiker vor äme allfälligä Volks-Nein dörf nöd dazue füehre, dass mir diä grossä Uuseforderige gar nüme agönd oder uf die langi Bank schiebed. Mir sötted vielmeh än eidgenössischi Striittdebatte füehre, um diä beschti Lösig use z’destillierä – und am Schluss müemer alli s’Mehrheitsverdikt vom Souverän akzeptierä.

Ich bi tüüf davo überzüügt, dass es möglich isch, zuekunft z’gschtaltä und zuglich üsi bewährtä Schwiizer Wert z’erhaltä. Ich bi genauso davo überzüügt, dass mir Schwizerinne und Schwizer ä zukunftsfähigi und zukunftswilligi Bevölkerung sind. Dä Gottfried Keller, dä grossartigi Dichter und erschti Zürcher Staatsschreiber hätts emal so formuliert:

«Wir bleiben nicht gut, wenn wir nicht immer besser zu werden trachten.»

Das sööti auch hüüt d’Leitlinie für üses Land sii!

D’Wirtschaftsgschicht vo üsem Land zeigt denn au, dass üse Rechtsstaat, d’Gewaltenteilung und d’ marktwirtschaftlich Ordnig mit änere sozialä Absicherig in üsere liberale direktä Demokratie diä beschtä Rezäpt sind, um üs alli au i Zuekunft äs Leben in Würde, Freiheit und Wohlstand z’ermöglichä. Ä settigs Syschtem ist mängisch komplex, es macht üüs au nöd unbedingt schnell, wiil es beinhaltet au langwierigi Entscheidungsfindigä, aber es lohnt sich, sich jedä Tag ii z’setzen für äh settigi Schweiz, für üsi Schweiz.
Es lohnt sich, diä Uuseforderige, wo sich üsem Land stelläd, azgaah und direkt-demokratisch um diä beschti Lösung z’ringen, mit dem nötigä Ehrgeiz und mit äm berechtigtä Selbstvertrauen uufgrund vo userä erfolgrichä Geschicht.
Dafür lohnt sich äs Engagement vo üüs allnä.

Das Engagement lohnt sich nöd nur am 1. August, sondern au alli witärä 364 Tag im Jahr!

Darum alles Gute zum Nationalfiitig, liebe Schweiz und Ihnä allnä, wö höt mitfired, ebenfalls nur s’Beschti und än freudigä, gemeinsamä 1. August.

Ich danke Ihnä!