Zum ersten Mal liegt eine Gegenüberstellung aller 26 kantonalen Finanzausgleiche vor. Das Fazit der Studie von Avenir Suisse: Es wäre mehr Effizienz und Transparenz möglich, so etwa in Zürich und St. Gallen. Die Unterschiede, wie die Kantone für einen Ausgleich unter ihren Gemeinden sorgen, sind gross. Lukas Rühli, Verfasser der Avenir-Suisse-Studie «Irrgarten Finanzausgleich» veranschaulichte es gestern vor den Medien mit einer Frage: Wo geht es reichen Gemeinden besser – im Kanton St. Gallen oder Zürich? Die Antwort: St. Gallen, weil dieser Kanton ausschliesslich vertikal ausgleicht. Das heisst, allein der Kanton hilft den finanzschwachen Gemeinden; die reichen dürfen alles für sich behalten. Entsprechend weit auseinander liegen auch die Steuerfüsse. Im Kanton Zürich erfolgt der Ausgleich zum Grossteil horizontal. Das heisst, in erster Linie werden die reichen Gemeinden zur Kasse gebeten. Im Kanton Zürich werden ihnen auf diese Weise respektable 70 Prozent der Steuerkraft, die den Durchschnitt der Steuerkraft aller Gemeinden übersteigt, abgeschöpft.

Kanton Zürich im Mittelfeld

Ein rein vertikales System ist gemäss der Studie nicht nur intransparent, sondern befördert auch ein konstantes Anwachsen des Ausgleichs. Auf der Rangliste der Kantone – das Kernstück der Studie – findet sich St. Gallen denn auch auf den letzten Plätzen, zusammen mit Graubünden, Solothurn und Tessin. «Dringend reformbedürftig», lautete dazu der Kommentar von Rühli. In Zürich ist 2012 ein totalrevidierter Finanzausgleich in Kraft getreten. Allerdings schneidet der Kanton dessen ungeachtet nur auf Platz 12 ab. Das liegt nur teilweise an der mit 70 Prozent schweizweit höchsten Abschöpfungsquote zulasten der Gebergemeinden (Rühli: «40 Prozent täten es auch»). Vor allem kritisiert die Studie Fehlanreize für die Nehmergemeinden. Rühli: «Für ressourcenschwache Gemeinden lohnt sich Leistung oft nicht, denn unter einer bestimmten Schwelle wird ein Zuwachs an Steuerkraft 1:1 durch den Rückgang der Zuschüsse aus dem Finanzausgleich kompensiert». Nicht allein in Zürich ist das ein Problem – 56 Prozent aller Deutschschweizer Gemeinden befinden sich in dieser Situation; demgegenüber nur wenige in der französischen Schweiz. Im Kanton Zürich hat dies auch mit der hohen Mindestausstattung der Gemeinden zu tun. Der Ausgleich garantiert, dass jede von ihnen auf mindestens 95 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft aller Gemeinden kommt. Wobei drei Viertel aller Gemeinden unter dem Durchschnitt liegen. Mit der Kombination von hoher Abschöpfung und hoher Mindestausstattung schränke Zürich den Standortwettbewerb der Gemeinden ein, hält die Studie fest.

Schwyz lediglich auf Platz 19

Lediglich auf Platz 19 gelandet ist der Kanton Schwyz, Zürichs grösster Konkurrent im Steuerwettbewerb. Bei ihm bemängelt die Studie, dass der Ausgleich von Ressourcen (Steuerkraft) und Lasten (schwierige Topografie als Beispiel) nicht sauber getrennt erfolgt. Ausserdem wird eine «extreme Bevorzugung einwohnerschwacher Gemeinden» kritisiert So ist zum Beispiel Riemenstalden mit knapp 90 Einwohnern nicht nur die kleinste Gemeinde im Kanton Schwyz, sondern auch «die reichste der Schweiz», wie Rühli sagte. Mit der Zahlung aus dem Finanzausgleich betragen die Jahreseinkünfte der Gemeinde 8300 Franken pro Kopf Wohingegen das reiche Rüschlikon im Kanton Zürich mit 4200 Franken pro Kopf zurechtkommen muss; ohne Zahlung in den Ausgleich wären es 35000 Franken. Angeführt wird das Raking von Glarus. «Pionierhaft, aber kaum kopierbar», wie Rühli zugeben musste. Glarus hat sich einer radikalen Reform unterzogen und besteht nur noch aus drei Gemeinden. Da sie etwa gleich ressourcenstark sind, gibt es auch nicht mehr viel auszugleichen. Inwieweit ein Kanton den Wettbewerb unter den Gemeinden mit dem Finanzausgleich einschränken will, ist eine politische Frage. In Zürich ist nach der Totalrevision die Debatte für den Moment geführt. Der erste vollständige Wirkungsbericht steht noch aus. Im Detail bietet der fehlende Soziallastenausgleich Diskussionsstoff.

Dieser Artikel erschien in der  Aargauer Zeitung» vom 11. Oktober 2013.
Mit freundlicher Genehmigung der «Aargauer Zeitung».