Der Avenir-Suisse-Freiheitsindex misst, welcher Kanton seinen Bürgern wie viel Freiheit zumutet. Der Kanton Zürich rangiert 2015 auf dem 15. Platz. Dieses durchschnittliche Resultat erklärt sich primär mit einem freiheitlichen Defizit im zivilen Bereich.
Seit Jahren nimmt die Schweiz in internationalen Freiheitsrankings Spitzenpositionen ein. Um die Freiheit ist es in unserem Land also gut bestellt. Gemeinsam ist aber allen internationalen Indizes, dass sie dem in der Schweiz gelebten Föderalismus und den daraus resultierenden freiheitlichen Unterschieden zwischen den Kantonen kaum Rechnung tragen. Der Avenir-Suisse- Freiheitsindex will dieses Manko ausgleichen: Er bildet 21 ökonomische und zivile Indikatoren ab und erlaubt einen transparenten, direkten Vergleich der Kantone punkto Akzeptanz und Ausprägung freiheitlicher Prinzipien. Aufgrund der Datenlage stützt sich der aktuelle Index auf Daten des Jahres 2013.
Neben ökonomischen Tatbeständen wie der Steuerbelastung einer Durchschnittsfamilie, der Staatsquote oder kantonalen Monopolen werden auch zivile Indikatoren herangezogen, z.B.: Gibt es freie Schulwahl? Wie lange dauert im Durchschnitt die Erteilung einer Baubewilligung?
Freiheit – ein relativer Begriff
Dem Avenir-Suisse-Freiheitsindex liegt ein negativer Freiheitsbegriff zugrunde: Frei ist ein Mensch, wenn sein Handeln nicht durch willkürliche, von aussen auferlegte Schranken behindert wird. Willkürlich ist eine Schranke, wenn sie nicht durch fundamentale Interessen anderer Individuen begründbar ist und im Effekt den Bewegungsspielraum anderer Individuen über Gebühr schützt. Letztlich bleibt Freiheit jedoch immer ein subjektives Konzept und lässt sich nicht exakt messen. Aus diesem Grund ist der Freiheitsindex als interaktives Online-Tool angelegt, bei dem die User diejenigen Freiheits-Indikatoren wählen können, die ihnen besonders wichtig sind.
Kanton Zürich im Mittelfeld
Angeführt wird der Avenir-Suisse- Freiheitsindex 2015 zum fünften Mal in Folge vom Kanton Aargau. Werden die zivilen und ökonomischen Freiheiten jedoch einzeln betrachtet, ergibt sich ein leicht anderes Bild: Der Kanton Aargau belegt in den beiden Sub-Indikatoren jeweils nur den zweiten Platz. Mit Blick auf die ökonomischen Freiheiten hat der Kanton Schwyz den Aargau bereits 2011 überholt. Bei den zivilen Freiheiten führt der Kanton Jura das Ranking seit 2007 an. Das Schlusslicht bildet Genf und muss mit dem Prädikat «unfreister Schweizer Kanton» belegt werden.
Und wie sieht es in Sachen ziviler und ökonomischer Freiheit im Kanton Zürich aus? Der Kanton Zürich rangiert 2015 – wie schon im Vorjahr – auf dem 15. Platz. Dieser freiheitliche Stillstand im Kanton Zürich ist erstaunlich, haben sich doch in kaum einem anderen Kanton so viele Indikatoren bewegt. Im ökonomischen Bereich ergeben sich – wie dem entsprechenden Netzdiagramm entnommen werden kann – gleich fünf Veränderungen: Positiv zu vermerken sind die gestiegenen Indexwerte bei den Indikatoren «Kantonsfinanzen», «Staatsquote» und «Steuerbelastung einer Durchschnittsfamilie». Tiefere Indexwerte – also schlechtere Bewertungen – ergeben sich für die Indikatoren «Steuerausschöpfungsquote» und «Staatliche Wohnbauinvestitionen».
Gibt sich der Kanton Zürich im ökonomischen Bereich eigentlich nur bei den staatlichen Wohnbauinvestitionen eine klare Blösse, weist er im zivilen Bereich einige freiheitliche Schwächen auf. Wie für viele urbane Kantone typisch, fallen vor allem die Indexwerte für das Vermummungsverbot und die Videoüberwachung unterdurchschnittlich aus. Auch bei der Dauer für Baubewilligungen besteht im Kanton Zürich Verbesserungspotenzial – im Vergleich zu 2012 hat sich in diesem Bereich der Indexwert noch einmal etwas verschlechtert.
Dieser Beitrag ist am 11. Februar 2016 in der «Zürcher Wirtschaft» auf Seite 12 erschienen. Mit freundlicher Genehmigung der «Zürcher Wirtschaft».