Der grenzüberschreitende Personenfernverkehr mit der EU wurde durch das Landverkehrsabkommen liberalisiert. Auf Strecken wie Zürich-München sind Fernbusse aufgrund günstiger Ticketpreise und guter Verbindungen eine ernstzunehmende Alternative zur Bahn. Das Kabotageverbot verbietet ausländischen Unternehmen (z.B. Flixbus) aber regelmässige und gewerbsmässige Transporte von Personen innerhalb der Schweiz. Für solche Transporte bedarf es einer Personenbeförderungskonzession des Bundes. Diese wird nur erteilt, wenn keine vom Bund konzessionierten und durch die öffentliche Hand mitfinanzierten Verkehrsangebote wesentlich konkurrenziert werden. Die SBB wird also doppelt bevorteilt: durch öffentliche Gelder und Wettbewerbsschutz. Dieser Wettbewerbsschutz ist nicht mehr zeitgemäss. Im kommenden Halbjahr erscheint ein Bericht des Bundesrates zum internationalen Personenverkehr, der auch auf die Bedingungen einer Marktöffnung im nationalen Personenfernverkehr eingehen wird. Bisher zeigte sich der Bundesrat aber kritisch. Zentrales Argument gegen eine Liberalisierung war die Sicherstellung eines flächendeckenden Service public. Eine Liberalisierung führe zu geringerer Auslastung der Bahn und beeinträchtige ihre Kostendeckung, was steigende Preise oder gar die Einstellung von Bahnverbindungen zur Folge hätte – so die Befürchtungen.
Mehr Qualität durch intermodalen Wettbewerb
Wir verbringen viel Zeit in Zügen und dementsprechend wichtig sind Angebote, die diese Zeit angenehm und produktiv nutzbar machen. Während Passagierzahlen und gefahrene Kilometer immer weiter zunehmen, steigt die Qualität des Reisens nicht im gleichen Umfang, oft scheint sie eher zu sinken. So gerieten jüngst die Abschaffung der SBB-Minibar und das fehlende WLAN-Angebot in Zügen in die Schlagzeilen. Dies hebt die Bedeutung des intermodalen Wettbewerbs (zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern) hervor. Mehr Wettbewerb zwischen Bahn und Fernbussen könnte die Effizienz und die Qualität der Bahn fördern. Dies lässt sich anhand des Beispiels Deutschland darlegen: In Deutschland wurde der Personenfernverkehr im Jahr 2013 liberalisiert. Fernbusse erfreuen sich seither grosser Beliebtheit. Reisten im Jahre 2013 8,2 Millionen Personen mit Fernbussen, waren es im Jahre 2015 bereits 23,2 Millionen (Inland: 16 Mio.). Vor allem preissensible Kunden, die längere Fahrzeiten in Kauf nehmen, nutzen die günstigen Fernbusse. Die Deutsche Bahn spürt den Wettbewerbsdruck und hat diverse Massnahmen zur Verbesserung ihres Angebots ergriffen. Sie bietet nun kostenloses WLAN an, verzichtete auf Preiserhöhungen und hält mehr Spartickets im Angebot. Zudem wird das Fernverkehrsangebot ausgebaut.
Stärkung des kollektiven Personenfernverkehrs
Gegen eine Marktöffnung wird oft eingewendet, dass sie nicht dem politischen Willen entspreche, weil sie der Verlagerung des Verkehrs von den Strassen auf die Schienen entgegenwirke. Fernbusse sollten aber als willkommene Ergänzung zur Bahn gesehen werden. Aufgrund ihrer hohen Flexibilität können Busbetreiber rascher als die Bahn auf Verlagerungen der Nachfrage reagieren und das Angebot optimieren. Gelingt es dadurch, mehr Nutzer des motorisierten Individualverkehrs zum Umstieg auf den kollektiven Fernverkehr zu bewegen, hätte dies eine positive Wirkung auf die Umwelt und die Strassenauslastung. Zudem sind Fernbusse nicht per se weniger umweltverträglich als die Bahn.
Was der Bundesrat in seinem Bericht zum internationalen Personenverkehr schreiben wird, darf mit Spannung erwartet werden. Eine positive Beurteilung hinsichtlich der Marktöffnung des nationalen Personenfernverkehrs wäre eine schöne Überraschung
Dieser Artikel erschien im März 2017 in der 129. Ausgabe des Hochschulmagazins «OecNews»