Damit sich der Kanton Luzern weiterentwickeln kann, braucht es Fusionen und Zusammenarbeitsprojekte zwischen
Gemeinden. Dieser Meinung ist die Luzerner Regierung: «Gemeindefusionen sollen zu effizienteren Strukturen und zu positiven finanziellen Entwicklungen führen. Deshalb wird eine Abnahme der Gemeindezahl angestrebt», heisst es im Legislaturprogramm 2011-2015. Nur: Das Luzerner System des Finanzausgleiches zwischen den Gemeinden bewirke derzeit genau das Gegenteil – weil es Fusionen von Kleingemeinden unattraktiv mache. Dies schreibt die Denkfabrik Avenir Suisse in ihrer neuesten Studie.
Kleine Gemeinden bevorzugt
Studienautor Lukas Rühli von Avenir Suisse formuliert es so: «Kleine Gemeinden bekommen pro Kopf mehr Geld aus dem Finanzausgleich als Gemeinden, welche in einer gleichen finanziellen Situation sind, aber mehr Einwohner haben.» Das mache keinen Sinn, sagt Rühli. «Indirekt gibt die Regierung zu, dass die Verwaltung von kleinen Gemeinden teurer ist als diejenige von Grossgemeinden.» Und dem könnte man eben mit Fusionen entgegenwirken: Die grössere Gemeinde liesse sich danach weitaus kostengünstiger führen. Allerdings gebe es für Kleingemeinden derzeit kaum einen Anreiz zu fusionieren, sagt Rühli. «Wenn eine Kleingemeindeeinen höheren Pro-Kopf-Beitrag aus dem Finanzausgleich erhält, alswenn sie mit der Nachbargemeindefusioniert, macht das eine Fusion unattraktiv.» Zwar gewährt der Kanton bei Fusionen eine Besitzstandgarantie, das heisst die fusionierte Gemeinde erhält während 12,5 Jahren gleich viel Geld aus dem Finanzausgleich, wie die einzelnen Gemeinden bekämen. «Diese Regelung ist vielleicht fusionsfreundlich, aber sie kostet den Kanton vor allem eine grosse Stange Geld», sagt Rühli.
Das soll sich nun ändern: Der Kantonsrat hat einer Änderung des Finanzausgleichgesetzes auf 2013 zugestimmt, die diese Ungleichbehandlung ausmerzt: Die Einwohnerzahl einer Gemeinde ist dann kein Kriterium mehr für die Berechnung der Finanzausgleichsbeiträge. Ausserdem wird die Besitzstandgarantie bei Fusionen sukzessiv von 12,5 auf 6,5 Jahre reduziert. Regierungsrätin Yvonne Schärli bestätigt die Beobachtung von Avenir Suisse: «Die Bevorzugung kleiner Gemeinden erweist sich als fusionshemmend. Mit der einheitlichen Mindestausstattung ab 2013
ist dieser Nachteil behoben.»
Zu den Verwaltungskosten bei Kleinund Grossgemeinden verweist Schärli auf die Studie von Avenir Suisse: Demnach sei der Vorteil von grossen Gemeinden eine bessere Auslastung der Behörden und eine bessere Spezialisierung. Nachteile seien die in absoluten Zahlen steigenden Personalkosten infolge der Spezialisierung und dem Ersatz ehrenamtlich tätiger Personen durch bezahlte Angestellte. Bei Kleingemeinden verhielten sich Vor- und Nachteile
umgekehrt.
Grösse spielt keine Rolle mehr
Oftmals sind kleine Gemeinden aber strukturschwach und haben überproportional hohe Kosten, etwa wenn sie für grosse Strassennetze aufkommen müssen und geringe Steuererträge haben. Diskriminiert die Gesetzesänderung des Kantons nicht einfach Kleingemeinden?
Yvonne Schärli verneint: «Für die Berechnung des Finanzausgleichs werden viele verschiedene Kriterien berücksichtigt, so auch die Länge der Güterund Gemeindestrassen.» Von einem Giesskannenprinzip beim Finanzausgleich, wie es Rühli dem Kanton vorwirft, will Schärli nichts wissen. Einerseits stütze sich die Studie auf Daten des letzten Jahres und von früher. Ausserdem sei beim Finanzausgleich eine gewisse Umverteilung der Mittel, auch auf Wunsch der Gemeinden und des Parlaments, politisch gewollt. «Und dank dem Wirkungsbericht alle vier Jahre können Mängel behoben werden.» In einem sind sich Schärli und Rühli einig: Fusionen können nicht erzwungen werden. Doch mit der Gesetzesänderung 2013 wächst der Druck auf kleine Gemeinden, zu fusionieren.
Dieser Artikel erschien in der «Neuen Luzerner Zeitung» vom 31. März 2012.