Raumkonzept Schweiz, Ausschnitt. Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung ARE, UVEK

Dank kompakter Geographie und guter Infrastruktur bildet die Schweiz eine zusammenhängende «Stadtlandschaft». Auf engstem Raum findet sich ein kleinteiliges Mosaik aus urbanen Zentren, traditioneller Kulturlandschaft und unberührten Naturräumen. Diese «Vielfalt in der Nähe» trägt massgeblich zur hohen Lebensqualität und Standortattraktivität der Schweiz bei. Zürich und Genf bieten grossstädtisches Flair und zugleich hochwertige Landschaftsräume in unmittelbarer Umgebung. Nur wenige andere Wirtschaftszentren weltweit können mit einem vergleichbaren Mix aufwarten, darunter Greater Boston und die Bay Area um San Francisco.

In Zürich finden sich keine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt intakte Kulturlandschaften wie das Säuliamt oder der Pfannenstiel und mit dem Sihlwald künftig gar wieder ein richtiger Urwald. Alpstein und Glarner Alpen sind eine Stunde entfernt, und man sieht die Bergkulisse bereits von der Innenstadt. Zwei Schilder an der Autobahn A3 bei Zürich bringen das aussergewöhnliche Spannungsverhältnis zwischen Stadt und Land auf den Punkt: An der Stadtgrenze werden die Autofahrer mit einem «Welcome to Downtown Switzerland» begrüsst, nur zwanzig Kilometer weiter – dort, wo man oberhalb des Zürichsees bereits durch liebliche Hügellandschaften mit Riegelhäusern und Streuobstwiesen fährt – folgt ein zweites Schild: «Welcome to Zurich Park Side».

Gerade diese Standortqualität ist in Gefahr: Durch die fortschreitende Zersiedlung wandelt sich eine ehemals ausdifferenzierte Stadtlandschaft zusehends zur «Agglo»: einem konturlosen Siedlungsbrei mit amorphen Ortsbildern und ausfransenden Siedlungsrändern. Die Bevölkerung der Schweiz ist in den letzten 30 Jahren um 1,5 Millionen gewachsen. Das sind im Durchschnitt 50‘000 Personen pro Jahr – oder eine Stadt in der Grössenordnung Luganos, die alljährlich neu gebaut werden muss. Angesichts dieser Entwicklung scheint die 9-Millionen-Schweiz bis 2030 ein realistisches Szenario. Sollte es nicht gelingen, das damit verbundene Siedlungswachstum landschaftsverträglich zu kanalisieren, wird das Schweizer Mittelland zur durchgehenden Agglomeration.

Die Herausforderung besteht darin, eine ausdifferenzierte Stadtlandschaft mit einer kleinräumigen Mischung klar identifizierbarer Landschaftsräume zu erhalten. Dies erfordert eine Konzentration der Siedlungsentwicklung, eine Verdichtung nach innen und den gezielten Schutz landschaftlicher Qualitäten. Für die Langfristperspektive ist auch ein räumliches Leitbild wichtig. Das von Bund, Kantonen und Gemeinden entwickelte «Raumkonzept Schweiz» (vgl. Abb.) bietet hierfür eine erste Grundlage. Angesichts des knapper werdenden Raums bedarf es eines gemeinsamen raumplanerischen Efforts, um die «Vielfalt in der Nähe», die die Schweiz so auszeichnet, auch in Zukunft zu erhalten.

Avenir Suisse hat 2010 ein Kantonsmonitoring mit dem Titel «Raumplanung zwischen Vorgabe und Vollzug» veröffentlicht.