Die Schuldenkrise in der Eurozone und in den USA wirft ihre Schatten zunehmend auch auf das internationale Währungssystem. Unhaltbare Leistungsbilanzungleichgewichte, vor allem im transpazifischen Verhältnis, und die einseitige Anhäufung von Währungsreserven bei einigen wenigen Ländern werden immer kritischer hinterfragt.

Ein Kanon von Reformvorschlägen

Die heutige globale Währungsordnung gleicht in der Tat mehr einem Mischsystem als einem einheitlichen Währungsregime. In groben Zügen lässt es sich wie folgt beschreiben: Zum einen gibt es die Eurozone mit der Einheitswährung im Binnenmarkt und flexiblen Wechselkursen gegen aussen, an sie angebunden die dänische Krone und einige osteuropäische Währungen. Ihr steht das gleichsam auf freiwilliger Basis entstandene «Bretton Woods II» gegenüber mit den USA als Kernland und den aufstrebenden Ländern Asiens in der Peripherie. Dieser «Asienblock» verfolgt eine exportorientierte Entwicklungsstrategie mit relativ festen Wechselkursen gegenüber dem US-Dollar. Im übrigen Europa, in Kanada und Lateinamerika herrschen flexible Wechselkurse vor, und die Zahlungsbilanzen werden in erster Linie von privaten Kapitalbewegungen getrieben.

Diese (Un-)Ordnung wird in der Wissenschaft intensiv diskutiert:

  • So regte der kanadische Nobelpreisträger Robert Mundell unlängst an, die beiden grossen Währungsblöcke, der Dollar und der Euro, sollten sich in einem ersten Schritt  auf eine vorgegebene Schwankungsbreite ihrer Währungen verständigen, z.B. zwischen 1.20 und 1.40 Dollar je Euro.  In der Folge müsste die Bandbreite schrittweise weiter verringert werden, bis es im Idealfall zu einem bilateralen Festkurssystem käme.
  • Aus China hört man Stimmen, die dem IMF mit den Sonderziehungsrechten als zusätzliche Reservewährung eine stärkere Rolle geben wollen.
  • Schliesslich glaubt Kenneth Rogoff, dass das gegenwärtige internationale Währungssystem vor einer Wegscheide stehe. Breche die Eurozone in der heutigen Struktur auseinander, so könnte sie bei einer geordneten Umstrukturierung in einen «Nord-Euro» (bzw. DM-Block) und einen «Süd-Euro» übergehen. Ginge die Eurozone gestärkt aus der heutigen Krise heraus, könnte nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Währungsblöcke entstünden: in Nordamerika eine Währungszone mit den USA, Kanada und Mexico, in Lateinamerika ein Kerngruppe um Brasilien und in Asien ein Währungssystem China/Japan.

Kurzfristig ändert sich wenig

Zugegebenermassen handelt es sich hierbei um Spekulationen und gewagte Szenarios, über die man unterschiedlich denken kann. Aber die Weltwährungsordnung ist in Bewegung geraten und zumindest für die nähere Zukunft lassen sich doch einige Entwicklungstendenzen erkennen:

  • Trotz gravierender Haushaltprobleme der USA wird der Dollar auf absehbare Zeit die dominierende internationale Währung bleiben. Sein Anteil an den Weltwährungsreserven dürfte aber zurückgehen.
  • Eine weitere Flexibilisierung der Wechselkurspolitik in einigen asiatischen Ländern ist unumgänglich, wenn die globalen Ungleichgewichte, vor allem zwischen China und den USA, abgebaut werden sollen.
  • Die Sonderziehungsrechte des IMF (SZR) werden wegen ihrer Struktur als Währungskorb, des Fehlens eines liquiden Marktes und den komplizierten Emissionsverfahren in näherer Zeit keine massgebliche Rolle als internationale Währungsreserven spielen. Dass der IMF je zu einer «Weltzentralbank» wird, ist eher unwahrscheinlich.
  • Ob China angesichts seiner grossen Reservebestände bereit ist, einen SZR-Bond-Markt durch die Emission eigener Schuldverschreibungen in Hong Kong zu lancieren, darf bezweifelt werden. Viel eher wird China versuchen, den Renminbi als internationale Währung zu lancieren, um von den Vorteilen eines Reservewährungslandes profitieren zu können. Aber auch dieser Weg wird langwierig sein.

Fazit: So unbequem flexible Wechselkurse – gerade für kleine Länder – sein mögen, so sehr wird sich die Schweiz damit abfinden müssen, dass sie in der nächsten Zukunft mit dem heutigen instabilen Währungssystem zu leben hat. Angesichts der Schwierigkeiten der Eurozone und der fiskalpolitischen Herausforderungen in den USA und Japan ist ein regelbasiertes, multilaterales Wechselkurssystem vorläufig wohl ein Traum.