Es herrscht in der Schweiz der Eindruck vor, vieles sei unausweichlich. Man redet von Sachzwängen. Besonders die Globalisierung und die Internationalisierung der Wirtschaft und der Politik führen dazu, dass der einzelne Stimmbürger oft das Gefühl hat, die Politik setze nur noch (widerwillig) um, was notwendig ist, um den rechtlichen Normen im internationalen Rahmen zu entsprechen. Diese Abfolge von Rückzugsgefechten scheint quasi automatisiert vonstatten zu gehen, mehr oder weniger aufgezwungen von der internationalen Entwicklung.

Und nun plötzlich kommt Avenir Suisse mit 44 Ideen für die Schweiz. Man horcht auf, ist überrascht. Die Schweiz braucht Ideen? Warum denn plötzlich? Es geht uns ja gut. Warum lassen wir nicht alles weiter so, abgesehen von dem, was wir wegen des Drucks aus dem Ausland machen müssen? Pragmatisch wie immer.

Eine Partei – die SP – schaut sich die Vorschläge näher an und findet, sie wären doch eigentlich auch eine Ideen-Partei. Und macht plötzlich eine Medienkonferenz mit ihren Kommentaren und Alternativ-Vorschlägen. Es gibt ein ganz klein wenig Bewegung – der Hauch eines Windes weht über der Schweiz.

Die Schweiz könnte auch anders sein! Das ist der Grundsatz hinter jeder Idee, die wir von Avenir Suisse zur Diskussion gestellt haben. Die Suche nach Ideen impliziert: Wir haben es in der Hand. Mit Kreativität und Intelligenz können wir selber unser Land verbessern und verschönern.

Unser Think-Tank freut sich über alle konstruktiven Reaktionen auf unser Ideen-Panoptikum. Kreiieren auch Sie, wie die SP, Ihre eigene Ideen – für das Wohl der Schweiz und ihrer Einwohner.

Untenstehend finden Sie unsere Meinung zu einigen Alternativvorschlägen der SP:

Geld und Währung:

«Es ist richtig, die Transparenz der Notenbank zu prüfen, aber auch in wie weit ihr Auftrag für eine moderne und effiziente Geld- und Währungspolitik im Interesse der gesamten Volkswirtschaft angepasst werden muss.»

Das Mandat der SNB – Gewährleistung der Preisstabilität unter Berücksichtigung der Konjunktur – ist klar und darf nicht verwässert werden. Forderungen nach vermehrter politischer Einflussnahme sind abzulehnen. Die SNB muss ihre Entscheide in voller Unabhängigkeit treffen können. Ihr Handlungsspielraum  darf nicht durch zusätzliche Vorschriften, etwa im Zusammenhang mit der Bildung und Anlage von Devisenreserven, eingeschränkt werden. Bestrebungen, der Politik Einflussnahme auf die Wechselkurspolitik oder die Gewinnverteilung einzuräumen, sind abzulehnen.

Ein stabiles Preisniveau sowie tiefe und langfristig verankerte Inflationserwartungen schaffen nicht nur günstige Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung, sondern bilden auch einen wichtigen wirtschaftlichen Standortvorteil. Sie reduzieren das Risiko der Fehlallokation von Ressourcen und stärken die Planungssicherheit für Unternehmen, Konsumenten und die staatlichen Haushalte. Gerade in Zeiten unkonventioneller Geldpolitik mit ihren Unwägbarkeiten ist diese Verankerung wichtig. Die Geschichte zeigt, dass unabhängige Zentralbanken einen besseren Stabilitätsnachweis liefern als Noteninstitute, bei denen die Politik strategisch und operationell mitmischen kann. Der Leistungsausweis der SNB lässt sich sehen.

Das heisst nicht, dass es verboten ist, über das optimale geldpolitische Konzept nachzudenken. Wir schreiben in unserem Beitrag, dass es legitim ist, die Vorschläge auf ihre Zweckmässigkeit und Realisierbarkeit hin zu prüfen. Dazu aufgerufen ist vor allem die geldtheoretische Forschung. Über die Wahl der geldpolitischen Instrumente und das Vorgehen bei einem allfälligen Übergang zu einem neuen Konzept muss aber einzig und allein die SNB entscheiden.

Alois Bischofberger und Rudolf Walser

«Der Staat soll keineswegs auf Eingriffe ins Geschäftsmodell wie die Abspaltung des Investmentbanking verzichten müssen.»

Wir lehnen staatliche Eingriffe in die Geschäftsmodelle der Unternehmen und damit auch der Finanzinstitute ab. Staatliche Behörden können nicht voraussehen, welche Geschäftsfelder in der Zukunft profitabel sein werden. Sie sind nicht in der Lage, eine Risikobeurteilung der verschiedenen Geschäftsbereiche vorzunehmen. Der Markt wird über Erfolg oder Misserfolg einer Strategie entscheiden. Er wird unternehmerische Fehlentscheide bestrafen.

Voraussetzung dafür ist, dass diese Strafe die «Richtigen» trifft, dass der Staat nicht als Retter insolvent gewordener Banken auftritt, dass also Aktionäre und Gläubiger zur Kasse gebeten werden. Die von uns verlangte signifikante Erhöhung des Eigenkapitals wird den Risikoappetit der Banken zügeln. Erforderlich ist ferner ein Insolvenzrecht, das dem Haftungsprinzip zum Durchbruch verhilft. Ein international koordiniertes Vorgehen drängt sich auf.

Die von der SP verlangte Verkleinerung der Bilanzsumme der beiden Grossbanken ist bereits im Gang. Das Auslandgeschäft wurde abgebaut. Die Neuausrichtung des Investment Banking wird in den kommenden Jahren deutliche Spuren hinterlassen. Im Interesse des Finanzplatzes, der immer noch einen wichtigen Pfeiler unserer Volkswirtschaft bildet und sich durch Innovationskraft auszeichnet, soll diese Redimensionierung nicht mit der Brechstange erzwungen werden. Eine gescheite Regulierung, eine griffigere Aufsicht, höhere Eigenmittelkosten und wettbewerbsbedingt stärkerer Druck auf die Ertragsmargen werden dafür sorgen, dass dieser Prozess ohne grosse Verwerfungen ablaufen kann.

Alois Bischofberger und Rudolf Walser

Steuerpolitik

« Die Einführung des Kapitalanlageprinzips (KEP) soll durch eine Kapitalgewinnsteuer für natürliche Personen flankiert werden»

Die Steuerpolitik der SP gibt sich auf der programmatischen Ebene reformfreudig und stets um «Steuergerechtigkeit» besorgt. Doch im Polit-Alltag ist sie weit vom eigenen Ideal entfernt. Ungeachtet jeglicher Effizienzgewinne lehnt die SP aus verteilungspolitischen Gründen jede Steuerreform ab, welche die Belastung der Kapitaleinkommen antastet,– wie ihr Rückzugsgefecht um das Kapitaleinlageprinzip zeigt. Dabei verkennt sie, dass in einer globalisierten Welt, in der die Unternehmen mobil sind, die Unternehmensgewinnsteuer vermehrt den relativ immobilen Faktor Arbeit belasten, d. h. die Löhne. Eine Entlastung der Kapitaleinkommen kommt somit auch den Arbeitnehmern zugute, nicht nur den Aktionären.

Marco Salvi

«Abschaffung der Pauschalbesteuerung und Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer»

Insgesamt betreffen die steuerpolitischen Vorschläge der SP  vorwiegend volkswirtschaftlich marginale, wenn auch medial dankbare Gebiete wie die Pauschalbesteuerung oder die Verteidigung des reduzierten Satzes für Lebensmittel bei der Mehrwertsteuer. Eine kohärente Strategie – wie sie das skandinavische System der dualen Einkommenssteuer oder der in «Ideen für die Schweiz» skizzierte Übergang zu einer progressiven Konsumbesteuerung –  ist nicht auszumachen. Einzige (partielle) Ausnahme: die Erbschaftssteuer, die eine öffentliche Diskussion verdient – allerdings nur im Zusammenhang mit der Abschaffung der Vermögenssteuer.

Marco Salvi

 Bildung, Forschung, Innovation

«Es muss genau aufgezeigt werden, welche Vorteile von «mehr Wettbewerb» es zu ermöglichen gilt – und welche Vorteile unter dem Aspekt der Chancengleichheit verteidigt werden müssen.»

In kaum einem Land sind die staatlichen Grundschulen in einer vergleichbaren Monopolposition wie in der Schweiz. Auf dem Land sind meistens keinerlei Alternativen zur Dorfschule vorhanden. Es gibt keinen stichhaltigen Grund für die These, dass mehr Wettbewerb unter öffentlichen Bildungsanbietern keine positiven Wirkungen entfallen kann: zum einen durch eine effiziente und damit kostengünstigere «Produktion» der Bildungsleistung, zum andern durch die Einführung einer gewissen Wahlfreiheit für Eltern und Kinder.

Wahlfreiheit in der Grundschule ist heute faktisch an das Einkommen geknüpft. Entweder zieht man in eine bevorzugte Gemeinde und bezahlt den „Eintrittspreis“ in Form höherer Mieten, oder man schickt seine Kinder an eine Privatschule und kommt privat für das Schulgeld auf. Das führt dazu, dass die Bildungslandschaft im geltenden System stark räumlich segregiert ist. Deshalb sollte gerade die SP der Idee eines Bildungskonto verbunden mit der Liberalisierung der Schulwahl positiv gegenüberstehen.

Patrik Schellenbauer

«Eine Fachkräfte-Bildungsoffensive»

Es tönt immer gut zu betonen, dass staatliche  Bildungsausgaben Investitionen in die Zukunft seien. Avenir Suisse befürwortet aber keine allgemeine Ausdehnung der öffentlichen Bildungsausgaben. Denn die ökonomische Bildungsforschung hat empirisch längst nachgewiesen, dass höhere Bildungsausgaben nicht automatisch auch zu besseren Leistungen und höheren Bildungsrenditen führen. Im Gegenteil: Die Bildungsrenditen an den Universitäten würden – unter anderem als Folge des einseitigen Studienwahlverhaltens – weiter sinken. Das Studienwahlverhalten wird man kaum beeinflussen können, indem einfach zusätzliche Angebote in Bereichen geschaffen werden, in denen Fachkräftemangel herrscht. Qualifizierte Arbeitskräfte fehlen im Übrigen auch ausserhalb der MINT- und der Gesundheitsbranche. Der allgemeine Fachkräftemangel ist die Folge des wirtschaftlichen Erfolgs der Schweiz und kann bildungspolitisch allenfalls leicht reduziert, aber nicht behoben werden.

Zwar wäre es töricht und kurzsichtig, die Verbesserung des Bildungsniveaus an der Finanzierbarkeit scheitern zu lassen. Für die Schweiz sollte jedoch die Effizienz des Bildungswesens im Vordergrund stehen, denn kaum ein Land gibt pro Schüler so viel Geld aus wie die Schweiz. Eine staatsgläubige Ausgabenpolitik ist nicht zielführend.

Patrik Schellenbauer

«Eine stärkere Koordination und Steuerung im Bildungssystem»

Wenn die SP mehr Steuerung und Koordination im Bildungssystem fordert, so wird endgültig klar, dass ihr Wettbewerb fremd ist. Denn Wettbewerb ist letztlich das bessere Steuerungsinstrument als staatliche Kommissionen und Konferenzen, die es im schweizerischen Bildungssystem reichlich gibt. In einem liberalen Bildungssystem soll jede Person den Ausbildungsweg selbst frei bestimmen und finden können, den er oder sie sich auf Grund von Begabung und Neigung wünscht. Bildungspolitischer Dirigismus ist hingegen abzulehnen.

Patrik Schellenbauer

Altersvorsorge

«Die Vollkapitalisierung der öffentlich-rechtlichen Pensionskassen stellt nicht das zentrale Problem des BVG dar.»

Manche gesetzliche Vorschriften lauten für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Vorsorgeeinrichtungen anders. Diese unterschiedliche Behandlung erhöht die Komplexität der beruflichen Vorsorge und schafft zusätzliche Intransparenz. Versicherte in privatrechtlichen Pensionskassen fühlen sich dadurch häufig ungerecht behandelt, was wohl die Akzeptanz der zweiten Säule unterminiert.

So müssen zum Beispiel privatrechtliche Pensionskassen in Unterdeckung Sanierungsmassnahmen ergreifen, damit sie innert 5 bis 7 Jahren wieder einen Deckungsgrad von 100% erreichen. Anders sieht es für öffentlich-rechtliche Pensionskassen, also Vorsorgeeinrichtungen der öffentlichen Hand, aus. Gewährt der Staat seinen Pensionskassen ausdrücklich eine Staatsgarantie, dann müssen diese ihre finanzielle Situation in einem Zeitraum von 40 Jahren, also bis 2052, wieder ins Lot bringen. Bis dann müssen sie lediglich einen Deckungsgrad von mindestens 80% erreichen. Man spricht von einem System der Teilkapitalisierung.

Das System der Teilkapitalisierung im BVG ist stossend. Eine Teilkapitalisierung – oder Dauerunterdeckung – bedeutet nichts anderes, als dass laufende und heute versprochene Renten nicht mit genügend Kapitalien unterlegt sind. Die fehlenden Mittel werden entweder aus den laufenden Ausgaben der öffentlichen Hand oder durch Schuldenaufnahme finanziert.

Die dafür notwendigen Summen sind beträchtlich und betragen bis 50 Mrd. Fr. (Zur Erinnerung: Die Gesamtschulden der Eidgenossenschaft betragen 110 Mrd. Fr.) Diese Umverteilungen über Steuergelder (innerhalb der gleichen Generation) oder über Schulden (Übertragung der Kosten auf kommende Generationen) sind in der beruflichen Vorsorge systemfremd. Es ist ja ein Grundprinzip der zweiten Säule, dass jeder sein eigenes Alterskapital vorfinanziert.

In Anbetracht der unberechtigt unterschiedlichen Behandlung von privaten und öffentlich-rechtlichen Kassen und der enormen impliziten Schulden, die mit Teilkapitalisierungen geschaffen werden, kann man sehr wohl von einem zentralen Problem des BVG sprechen. Die dauernden Debatten, Berichterstattungen und sogar Referenden im Rahmen der Sanierung kantonaler Pensionskassen zeigen ja, wie wichtig diese Thematik für die Bürger ist und dass sie nicht mehr bereit sind, widerstandslos diese Unterschiede zu akzeptieren.

Jérôme Cosandey

Gesundheit

«Ein öffentliche Krankenkasse mit kantonalen Agenturen schafft mehr Transparenz bei der Prämiengestaltung»

In der Tat funktioniert der Wettbewerb aufgrund von Mängeln beim Risikoausgleich heute nur sehr be-grenzt. Vor allem aber leisten die Krankenversiche-rer gerade wegen dieses fehlenden Wettbewerbs nur begrenzten Mehrwert gegenüber den Versicherten. Avenir Suisse wählt daher den umgekehrten Weg, indem die heutigen Schranken für den Wettbewerb konsequent entfallen sollen. Dazu gehört vor allem die Aufhebung des Kontrahierungszwangs zwischen Versicherern und Leistungserbringern sowie die Verbesserung des Risikoausgleichs.

Die Anreize im System sollen so verändert werden, dass die Versicherer als Marktakteure eine aktivere Rolle einnehmen, sowohl bei der Kontrolle der Leistungserbringer als auch beim Patientenmanagement – etwa durch Unterstützung und Begleitung von chronisch Kranken – oder der Prävention. Eine Einheitskasse kann das Problem der Risikoselektion vermindern. Doch weist sie gegenüber einem funktionierenden Wettbewerb zwischen Versicherern Nachteile auf. Gerade wenn den Versicherten eine grössere Rolle im Gesundheitssystem zukommen soll, dann spielen Effizienz und Innovationen eine zentrale Rolle – das aber setzt Wettbewerb voraus.

Urs Meister

Energie

«Förderliche Rahmenbedingungen wie die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) so ausgestalten, dass sie zu einer Mengenausweitung der erneuerbaren Stromproduktion führen»

Staatliche Technologieförderungen sind per se aus vielfältigen Gründen problematisch. Doch Avenir Suisse kritisiert das Subventionsinstrument der KEV nicht einzig aus grundsätzlichen Erwägungen. Vielmehr weist die KEV vielfältige Nachteile auf, die eine Förderung von erneuerbaren Energien ineffizient und teuer machen.

Eine zentrale Schwäche der KEV besteht darin, dass sie die Subventionen konsequent an den Kosten ausrichtet. Marktpreise haben dagegen keine Relevanz im Fördermodell. Aus diesem Grund fördert es teure und ineffiziente Technologien tendenziell stärker, weshalb technologiespezifische Subventionsgrenzen (Deckel) definiert werden müssen. Auch fokussiert die KEV einseitig den Ausbau im Inland, obschon bei den meisten Technologien die standortspezifischen Kosten im internationalen Vergleich sehr hoch sind. Ausserdem gibt die KEV keine sinnvollen, an den kurzfristigen Angebots- und Nachfrageverhältnissen ausgerichteten Produktionsanreize.

Im Schweizerischen Kontext ist es absehbar, dass die KEV künftig v. a. die Photovoltaik (PV) begünstigen wird.  – Hier orten viele Studien das grösste theoretische Ausbaupotenzial. Auch wenn die (im Moment noch immer relativ hohen) Kosten der PV weiter sinken werden, muss von einer kostspieligen Förderung ausgegangen werden. Auch Nachbarländer wie Deutschland und Italien haben diese Technologie besonders stark gefördert, so dass inzwischen häufig ein Stromüberangebot an sonnigen Tagen resultiert. Sollte die Politik dennoch an einer expliziten Förderung von erneuerbaren Energien festhalten, müsste diese eher auf einem Quotenmodell basieren, das von den Versorgern einen minimalen Anteil erneuerbarer Energien verlangt, deren Herkunft nicht spezifiziert ist. Bei ihren Investitionen würden die Marktakteure die Relevanz der Marktpreise (und damit auch die Produktionsstrukturen in den Nachbarländern) berücksichtigen.

 Urs Meister

«Wenn sich die Lenkungsabgaben nicht international durchsetzen, soll die Lenkungsabgabe mittels Border Tax Adjustments auch auf die importierten Güter aus Ländern ohne Lenkungsabgaben geschlagen werden.»

Die Border Tax Adjustment stellt in erster Linie ein Instrument dar, um einseitige inländische Lenkungsabgaben möglich zu machen. Inländische energieintensive Industrien sollen gegenüber ausländischen nicht schlechter gestellt werden. Der Mechanismus wäre in der Praxis in jedem Fall komplex und aufwändig. Schliesslich müsste bei jedem Produkt die anteilige Energie ermittelt und bewertet werden. Darauf basierend müsste der Steuerausgleich (Rückerstattung bei Export oder Steuererhebung bei Import) erfolgen.

Gerade wegen der zu erwartenden Komplexität würde dies als eine Art Markteintrittsbarriere wirken. Das heisst, viele Güter liessen sich nicht respektive nur noch unter erschwerten Bedingungen einführen. Die Behinderung des Handels würde sich gerade im Inland in einer geringeren Wettbewerbsintensität niederschlagen – betroffen wären die Konsumenten.

Urs Meister

Räumliche Entwicklung

«Die ständige Bodenpreissteigerung durch die Exzesse am Immobilienmarkt muss mit gezielten Eingriffen gestoppt werden.»

Die SP-Forderung nach einem Ausbau des gemeinnützigen Wohnungsbaus und vor allem nach einer noch weitergehenden Regulierung des Wohnungsmarktes sind keine raumplanerischen Massnahmen, sondern letztendlich Umverteilungspolitik. Der unbestritten starke Nachfragedruck als Folge der Zuwanderung – aber längerfristig gesehen noch vielmehr als Folge steigender Einkommen der Inländer – ist willkommener Anlass, über Eingriffe am Wohnungs- und Immobilienmarkt die Umverteilung von Einkommen zu verstärken. Die SP verschweigt aber, dass viele Probleme – notabene der völlig ausgetrocknete Wohnungsmarkt in Genf und Zürich sowie die hohen Neumieten – selbst die Folge von übermässiger Regulierung sind. Diese Politik bevorteilt zwar eine (kleine) Gruppe von «Insider-Haushalten», die von billigem Wohnraum profitiert und ihr Verhalten daran anpasst, die Kosten werden aber vor allem von den «Outsidern» getragen – jenen Haushalten, die nicht in den Genuss der Verbilligung kommen. Dies ist vor allem der mobile Mittelstand. Zwar gab es durchaus liberale Ökonomen wie Henry George, die die Besteuerung der Bodenrente als ideale und effiziente Finanzierungbasis des Staates betrachteten. Es ist aber eine Illusion zu glauben, man könnte über eine Aushebelung der Marktkräfte die Bodenrente direkt den Mietern zufliessen lassen.

Daniel Müller-Jentsch und Patrik Schellenbauer

«Zonen mit mehr Kostenmieten in den Städten und Agglomerationen»

Dieser SP-Vorschlag gehört nicht ins Kapitel Raumplanung, auch wenn er in diesem Gewand daherkommt.  Hier geht es letztendlich darum, eine bestimmte Gruppe auf Kosten einer anderen zu privilegieren, denn die Ausscheidung von Zonen mit strenger Kostenmiete würde den restlichen Raum verknappen und da zu höheren Bodenpreisen und Mieten führen. Es handelt sich um eine reine Symptombekämpfung, die das grundlegende Problem des knappen Wohnraums nicht löst.

Zudem ist ein strenges Kostenregime in der Mietpreisgestaltung mit einer privaten Eigentümerschaft letztendlich nicht vereinbar. Die Vermieter würden nämlich versuchen, Kosten beim Unterhalt und der Erneuerung der Substanz zu sparen und in der Tendenz möglichst «billige» Mieter auszuwählen – das heisst nicht in erster Linie Familien mit Kindern. Über kurz oder lang müssten deshalb Vorschriften bezüglich Unterhalt und Mieterschaft erlassen werden, was die Eigentumsrechte der Besitzer weiter beschneiden und aushöhlen würde. Wohnzonen unter strenger Kostenmiete laufen deshalb auf eine Verstaatlichung des Bodens hinaus.

Daniel Müller-Jentsch und Patrik Schellenbauer

Mit dem Buch «Ideen für die Schweiz -44 Chancen, die Zukunft zu gewinnen» will Avenir Suisse einen Beitrag leisten zur Sicherung des Lebensraums und Wirtschaftsstandortes Schweiz im Morgen und Übermorgen. Die Vorschläge bilden kein abgerundetes und detailliertes Reformprogramm, sondern sie sind ein Angebot für eine breite und offene Debatte über alle Lager hinweg. Die Ideen sollen diskutiert und weiterentwickelt werden und verhindern, dass die Schweiz wegen ihrer vergleichsweise guten Lage an ihrem Haus nur noch die nötigsten Reparaturen vornimmt.