Die christlichen Institutionen sind sozial engagiert und leisten einen unbestrittenen Beitrag zur gesellschaftlichen Kohäsion. Trotzdem: Müssen Kirchen mit (Unternehmens-) Steuern alimentiert werden, obwohl mehr als ein Drittel der Bevölkerung weder katholisch noch reformiert ist?

Ein potenzieller Konflikt mit der religiösen Neutralität

Gemäss Art. 15 Abs. 2 der Bundesverfassung hat jede Person das Recht, «ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.» Weiter in Absatz 4 wird betont, dass niemand gezwungen werden darf, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören.

Jedoch gilt dieser Artikel gemäss dem Bundesgericht nur für Private und nicht für juristische Personen. Die daraus resultierende Kirchensteuerpflicht für Unternehmen in einigen Kantonen ist ein Relikt aus einer Zeit, in der Staat und Kirche eine feste Einheit bildeten. Unternehmen sind allerdings nur Rechtshüllen. Sie repräsentieren ihre Eignerinnen und Eigner, die frei entscheiden dürfen sollten, ob sie den beiden grossen Kirchen finanzielle Unterstützung leisten wollen.

In den meisten Kantonen sind Firmen verpflichtet, Kirchensteuern zu zahlen. Allein in Kanton Zürich steuerten Unternehmen im Jahre 2016 ca. 140 Millionen Franken den katholischen und reformierten Kirchen bei. Immerhin dürfen in gewissen Kantonen wie in Zürich und Luzern die Erträge aus den Kirchensteuern juristischer Personen nicht für kultische Zwecke verwendet werden. Aus ökonomischer Perspektive ist diese Zweckbindung allerdings weitgehend ohne Relevanz, da die Landeskirchen ihre übrigen Einnahmen umschichten können. Ob Unternehmensinhaber und ihre Angestellten an Gott glauben oder welcher Religion sie angehören, spielt für die Steuerpflicht keine Rolle. Die Unterstützung anderer Organisationen mit gemeinnützigem Charakter als Alternative ist nicht möglich.

Anhand dieser Praxis wird ersichtlich, dass die Schweiz die Trennung zwischen Staat und Kirche nur unvollständig vollzieht. Rein juristisch lässt die Bundesverfassung bezüglich der Schärfe der Trennung tatsächlich einen gewissen Interpretationsspielraum offen. Diese Unschärfe widerspiegelt jedoch nicht mehr den gelebten Alltag unserer pluralistischen Gesellschaft. Ein Drittel der Bevölkerung ist konfessionslos, Tendenz steigend. Viele Weitere sind entweder muslimisch, jüdisch oder gehören der evangelischen Freikirche an. Trotz dieses Wandels werden die katholischen und evangelischen Kirchen von der gesamten Bevölkerung quersubventioniert. Dies deshalb, weil ein Teil der Gewinnsteuern von Unternehmen immer auch durch Konsumenten getragen wird.

Bild: Akira Hojo / Unsplash

Best Practice in anderen Kantonen

Hinter den gemeinnützigen Dienstleistungen der Landeskirchen, welche zu einem Grossteil kostenlos zur Verfügung gestellt werden, steckt viel ehrenamtliche Arbeit. Daher wird gerne argumentiert, dass jeder eingesetzte Franken eine grosse Hebelwirkung erzeugen kann. Jedoch zeigen Beispiele aus den Kantonen Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Genf, Schaffhausen und Waadt, dass die christlichen Institutionen auch ohne Steuer-Subventionen funktionieren können. Die Kirchen in diesen Kantonen sind immer noch sozial engagiert und bieten für bedürftige Menschen eine helfende Hand an, sei es die Seelsorge, Integrationshilfe oder vieles mehr. In diesen Kantonen herrscht durch diese Praxis zudem eine grössere Gerechtigkeit gegenüber anderen Religionsgemeinschaften und NGO, die einen ebenso grossen Beitrag leisten wollen. Mit einer Abschaffung dieser Bevorteilung der Landeskirchen hätten die Firmen einen grösseren Spielraum zu entscheiden, wen sie unterstützen wollen. Somit hätten alle gleich lange Spiesse.

Staatliche Zwangsabgaben für christliche Institutionen sind in einer pluralistischen Bevölkerung wie der Schweiz nicht mehr zeitgemäss. Sie entsprechen weder einem liberalen noch einem säkularen Staat, als den sich unser Land gerne darstellt.