Sind Deutschland und die Schweiz Nachbarn, Partner oder Gegenspieler? Das 15. Zermatter Symposium sucht Antworten auf diese Frage. Es startete am Sonntag mit einem Gespräch der beiden ehemaligen Botschafter Andreas von Stechow und Christian Blickenstorfer.
In den 1980er-Jahren begann eine Gruppe von deutschen Wirtschaftsprofessoren, zweijährlich in Zermatt ein Symposium durchzuführen. Avenir Suisse beteiligte sich seit der Gründung vor elf Jahren daran. Am Sonntag wurde das 15. – und letzte – Zermatter Symposium eröffnet. Zum Abschluss, erklärte Gerhard Schwarz, Direktor von Avenir Suisse, suchen die Teilnehmenden aus Deutschland und der Schweiz nach Gegensätzen und Gemeinsamkeiten ihrer Länder in verschiedenen Lebensbereichen.
Eine hervorragende, aber nicht mehr ganz so enge Beziehung
«Wie erleben Diplomaten die Beziehungen zwischen den beiden Ländern?» Diese Frage richtete Katja Gentinetta an Andreas von Stechow, 2006 bis 2008 deutscher Botschafter in Bern, und Christian Blickenstorfer, 2006 bis 2010 Schweizer Botschafter in Berlin. «Die Beziehungen der beiden Länder sind mehr als normal – sie sind hervorragend», stellte Blickenstorfer fest. Deutschland könne zwar nicht mehr so enge Beziehungen mit der Schweiz pflegen wie früher, stimmten beide Diplomaten überein. Das komme aber daher, dass sich mit der Wiedervereinigung, der Verlegung der Hauptstadt nach Berlin und der Osterweiterung der EU der Schwerpunkt von Deutschland nach Osten verlagert habe. «Wir haben das Gefühl, wir seien für Deutschland weniger wichtig geworden», sagte Blickenstorfer, «dabei sind andere einfach wichtiger geworden.»
Allerdings sprach Katja Gentinetta auch die Probleme an, die das Verhältnis in den letzten Jahren belasteten: den Steuerstreit und den Zwist um den Flughafen Kloten. «Beim Steuerstreit haben wir das Problem weitgehend gelöst», betonte von Stechow. «Damit ist einer der grossen potentiellen Unruheherde beseitigt.»
Merkel will nicht mehr über den Flughafen reden
Dagegen schwelen die Probleme um den Flughafen weiter. «Dieses Problem ist nicht erledigt, weil der Flughafen da ist – im Gegensatz zu Basel-Mulhouse wurde er ohne internationale Abstimmung gebaut», erklärte von Stechow. «Es ist wahnsinnig schwierig, angesichts der geschaffenen Fakten eine allseits akzeptable Lösung zu finden.»
Dem stimmte Blickenstorfer zu, er zeigte sich aber nicht so pessimistisch wie von Stechow, der meinte, das Problem werde noch Jahre die Beziehung der beiden Länder belasten: Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle bei ihrem nächsten Besuch in der Schweiz nicht mehr über das Dossier sprechen.
Von Stechow, der betonte, eine Lösung im Streit um den Flughafen lasse sich nur mit einem variablen Anflug finden, glaubt vielleicht insgeheim auch nicht an seine pessimistische Prognose. Er scherzte jedenfalls angesichts des Mangels an Problemen zwischen den beiden Ländern: «Ich mache mir schon Sorgen, wie sich in Zukunft in Berlin begründen lässt, dass man in die Schweiz reisen muss.»
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