Die aktuellen Schlagzeilen um UBS, die das grosse Interesse an diesem Gespräch noch steigerten, seien nicht geplant gewesen, scherzte Professor Axel Weber: Schon kurz nach seiner Wahl zum Verwaltungsratspräsidenten von UBS im Mai sagte er zu, bei Avenir Suisse über die Zukunft der Eurozone und des Finanzplatzes Schweiz zu sprechen. Diese Themen würden uns, anders als der Umbau von UBS, noch lange erhalten bleiben, betonte Direktor Gerhard Schwarz bei der Begrüssung – mindestens eine Dekade lang, wie Axel Weber in seinem eher pessimistischen Ausblick meinte.

Das Krisenmanagement der europäischen Entscheidungsträger stosse zunehmend an seine Grenzen. Der sukzessive Ansatz offenbart vermehrt seine Schwierigkeiten. Gegenwärtiges Beispiel ist Spanien, «das in einer tiefen Rezession steckt wie nie in der Nachkriegszeit». Axel Weber erläuterte auch mit eindrücklichen Beispielen die Herausforderungen in einer Reihe von weiteren Ländern der europäischen Peripherie.

Die Volatilität wird anhalten

Die geldpolitischen Massnahmen der EZB verschaffen den Märkten zwar kurzzeitig etwas Ruhe, sie können die grundlegenden Schwachstellen im Gefüge der Währungsunion jedoch nicht alleine lösen. Die Geldpolitik sei vielmehr «Kompliment, nicht Substitut» für die Wirtschaftspolitik. Langfristig führt gemäss Axel Weber nichts an glaubwürdigen und konsequenten strukturellen Anpassungen vorbei, auch wenn «diese nicht schmerzfrei und oppositionslos umgesetzt werden können.» Kurz- bis mittelfristig dürfte es Europa daher schwer haben, auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzukehren. Vielmehr dürfte die Volatilität in den Märkten weiter Bestand haben.

Mit der Bankenunion hat sich die Eurozone eine Herkulesaufgabe auferlegt. Ob der ambitiöse Zeitplan sich in die Realität umsetzen lasse, bezweifelt Axel Weber. Probleme sehe er vor allem bei der operationellen Umsetzung, gebe es europaweit doch mehrere zehntausend Notenbanker und Bankenaufseher, deren Aufgaben sich nicht ohne weiteres auf die Schultern der 1’600 EZB-Mitarbeiter verteilen lassen.

Axel Weber zeigt sich überzeugt, dass der Euro auch in Zukunft Bestand haben wird. Sollte Europa einen binären Moment erreichen, werden sich die Entscheidungsträger zusammenraufen. «Ich bin überzeugter Europäer» sagte Axel Weber. Deutschland und Frankreich müssen die Führungsrolle übernehmen und sich für eine gemeinsame Vision Europas einigen. Axel Weber schloss seine Ausführungen mit dem Appell an die deutsch-französische Partnerschaft: «Frankreich und Deutschland einig in einem vereinten Europa».

Günstige Zukunft des Finanzplatzes Schweiz

Optimistischer sieht der UBS-Verwaltungsratspräsident dagegen die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz, auch wenn die Wirren in Europa die Schweiz aufgrund der starken Verflechtung nicht unberührt lassen werden. «Das Bankgeschäft wird in den nächsten Quartalen oder Jahren ein anderes sein», erklärte er zum Umbau seiner Bank. «Was bisher gut war, muss es nicht bleiben.» Im Investmentbanking liessen sich angesichts der strengeren Regulierung und der knapperen Liquidität bei vielen Geschäften die Kapitalkosten nicht nachhaltig verdienen.

Axel Weber betonte entgegen verschiedener Presseberichte: «Wir haben uns nicht aus dem Investmentbanking verabschiedet.» Die Bank müsse sich aber auf jene Aktivitäten zurückbesinnen, die dieses Geschäft einmal auszeichneten. Das heisse: mehr Beratung, weniger Eigenhandel. Von 2000 bis 2007 blieben das Bankbuch (Kredite und andere Forderungen) der Finanzinstitute fast unverändert, während die Handelsbücher fast um das Siebenfache anstiegen – mit schwer quantifizierbarem direktem volkswirtschaftlichem Nutzen, wie der heutige Verwaltungsratspräsident der UBS betonte.

«Wir brauchen eine Weissgeldrealität»

UBS ist überzeugt, dass der angekündigte Schritt zur beschleunigten Umsetzung der Strategie die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Bank nachhaltig stärken wird. «Wir sind der Marktführer in der Schweiz, aber nicht die meistgeliebte Bank», stellte Axel Weber fest. «Das müssen wir ändern.» Für UBS bleibe die Schweiz einer der zentralen Pfeiler ihrer Strategie. Die Bank werde sich daher besonders anstrengen, um ihre führende Marktstellung in der Schweiz auch in Zukunft nicht nur zu behaupten, sondern auszubauen.

Im Vermögensverwaltungsgeschäft ragt UBS unter den grössten Vermögensverwaltern durch ihre globale Präsenz heraus. Einen weiteren Vorteil teile UBS mit dem gesamten Finanzplatz: Die Schweizer Banken könnten die internationale, multikulturelle Erfahrung, die sie seit den Anfängen im 19. Jahrhundert aufbauten, als Chance nutzen. Dank der Kompetenz der Mitarbeiter und der wirtschaftlichen und politischen Stabilität des Landes schrumpfe der Finanzplatz deshalb auch nicht massiv, wenn die Schweizer Banken zukünftig nur noch ausschliesslich versteuerte Gelder verwalten. Und er schloss mit der Aussage: «Wir brauchen als globale Bank nicht nur eine Weissgeldstrategie, sondern wir brauchen eine Weissgeldrealität.»