Handy, Computer, Fernsehen: Drei Bildschirme prägen den Alltag der Schweizer. Fast 20 Stunden pro Woche verbringen sie vor der Glotze; während weiteren 7 Stunden surfen sie im Internet, Bürozeiten nicht inbegriffen. Die Hälfte der Freizeit ist damit aufgebraucht, jedoch nicht des Budgets: Für diese elektronische «Schlemmerei» gibt ein Haushalt durchschnittlich nur 80 Fr. pro Monat aus.
Das Zeitbudget als Wohlstandsindikator
Gemessen an den gesamten Haushaltsausgaben erscheinen diese Aktivitäten als volkswirtschaftlich unbedeutend. Sie tragen kaum zur wirtschaftliche Leistung bei, die im Bruttoinlandsprodukt abgebildet wird – somit sind sie nicht teil des gemessenen Wohlstandes. Doch mehr als das Geld, verrät gerade die Zeit, die man mit elektronischen Medien verbringt, deren Bedeutung. Jede Stunde, die wir vor einem Bildschirm verbringen, hält uns von mehr Arbeit-, oder vom Konsum anderer Güter ab (Pommes-Chips ausgenommen). Der Wert dieser Alternativen ist bekannt, im Fall der Arbeit ist es der Lohn. Somit lassen sich auch die so genannten Opportunitätskosten des Internets und des Fernsehens bestimmen und eine Einschätzung ihrer Wohlstandseffekte berechnen.
Diese Methode wurde zum ersten Mal 2006 von den beiden Ökonomen Austan Goolsbee (Universität Chicago) und Peter Klenow (Universität Stanford) angewendet. Sie lässt sich leicht auf die Schweiz übertragen. Hierzulande war 2011 der Anteil des Fernsehens am Zeitbudget mit 18% rund 20 Mal höher, als der entsprechende Anteil der Konsumausgaben (nicht mal 1%). Mit einem Zeit/Ausgaben-Verhältnis von 13 war der Internetkonsum nur marginal weniger zeitintensiv.
Bewertet nach der Methode von Goolsbee und Klenow ist die private Nutzung des Internets dem Schweizer Durchschnittssurfer rund 150 Fr. pro Monat wert – so viel beträgt die so genannte Konsumentenrente. Das ist das Fünffache der monetären Ausgaben. Beim Fernsehen lässt sich ein entsprechender Wert von 430 Fr. berechnen, was immerhin rund 8% des Haushaltseinkommens entspricht. Auf die ganze Schweiz aufgerechnet bedeutet dies eine Konsumentenrente von 1,4 Mia. Fr.
Auch die digitale Welt ist «real»
Zugegeben: Diese Werte sind mit Vorsicht zu geniessen. Die Rechnung geht davon aus, dass Internet und Fernsehen keine engen Substitute sind. In den letzten Jahren hat man jedoch einen Rückgang des TV-Konsums zugunsten des Internets festgestellt, vor allem auch bei jüngeren Nutzern. Demzufolge wären die ausgewiesenen Werte etwas überschätzt. Eine weitere kritische Annahme ist die in der Methode getroffene Bewertung der Freizeit zum vollen Lohnsatz. Ist den Leuten eine Mussestunde weniger wert als eine Arbeitsstunde, sind die berechneten Wohlfahrtsgewinne ebenfalls etwas zu hoch. Zudem wird nicht zwischen dem Gratiskonsum von Informationen im Internet und der Präsenz auf E-Commerce-Websites unterschieden. Wer seine Ferien über das Internet bucht oder ein Musikstück kauft, handelt durchaus BIP-wirksam.
Doch auch ohne komplexe Berechnungen ist es offensichtlich, dass der Raum des «Virtuellen» in unseren Leben zugenommen hat. Nicht zuletzt hat dies eine Auswirkung auf die Art und Weise, wie wir Wohlstand messen und bewerten. Die digitale Welt mag nur aus 0 und 1 bestehen, sie ist deswegen nicht weniger real und wertvoll. Auch deshalb sind wir reicher als wir denken.
Das Plakat «Mehr für weniger» gibt einen Überblick über die Preis- und Kaufkraftentwicklung in der Schweiz.