Es scheint, als stolpern wir weltweit von einer Krise in die nächste. Allein in den letzten zehn Jahren – wir kamen gerade aus der Finanz- und Wirtschaftskrise – forderten uns die Schuldenkrisen in Südeuropa, der Handelskrieg zwischen den USA und China sowie Corona heraus. Heute befinden wir uns wohl in einer Polykrise: Wirtschaftlich aufgrund der anhaltenden Verwerfungen in den globalen Lieferketten, einem sich abzeichnenden Wirtschaftsabschwung. Gleichzeitig kämpfen wir mit einem strukturellen Mangel an Arbeitskräften und gestiegener Inflation, gepaart mit international hohen Staatsschulden und einer drohenden Energiemangellage.

Autokraten und Säbelrasseln

Auch geostrategisch befinden wir uns in einer ungemütlichen Ausgangslage: Noch nie in den letzten zehn Jahren galten demokratische Prinzipien weniger, weltweit befinden sie sich auf dem Rückzug. Autoritäre Tendenzen in einem Teil Osteuropas, ein Autokrat in Moskau, der Krieg gegen die Ukraine führen lässt, und ein chinesischer Machthaber, der sich seine Rolle wohl auf Lebenszeit gesichert hat. Kommt hinzu das intensivierte Säbelrasseln gegen den demokratischen Nachbarn Taiwan auf der anderen Seite der Formosastrasse.

Hinzu kommen die Bedrohungen des Klimawandels. Medial wurde der «Wandel» längst durch den Begriff Klimakrise abgelöst, gemäss UN-Generalsekretär Antonio Guterres sind wir auf der Schnellstrasse in die Hölle und geben dabei noch Gas. Die «letzte Generation» – nomen est omen – beschwört das Ende jeglichen menschlichen Lebens herauf. Die Schnellstrasse zur vermeintlichen Hölle wird deshalb mit Klebstoff blockiert.

Die Zeitenwende ist angesagt, die Energiewende lässt auf sich warten. (Mylo Heemsbergen, Unsplash)

Befinden wir uns in einer Zeitenwende, wie es Bundeskanzler Scholz ausdrückte? Geostrategisch aus der Sicht Europas: sicher. In Bezug auf die angestrebte Energiewende: fraglich. Denn statt Kohlekraftwerke stillzulegen, produzieren sie Strom unter Höchstlast, statt den Gasanteil aus dem Energiemix langsam zu reduzieren, werden in Europa Flüssiggas-Terminals gebaut. Das Scheitern der bisherigen Energiepolitik zeigt sich daran, dass es draussen zu warm und drinnen zu kalt ist. Mit dem Winter 2022/23 ist die Bedrohung einer Strommangellage nicht ausgesessen, das Thema wird uns weiterhin beschäftigen.

Resilienz durch Zusammenarbeit

Wie soll die Schweiz im Jahr 2023 diese Herausforderungen angehen? Zuerst einmal ist festzustellen, dass für unser Land viele der Entwicklungen exogen sind. Wir können sie nicht beeinflussen, wohl aber können wir unsere Entscheidungen so treffen, dass sie die Schweiz insgesamt resilienter machen. Dazu braucht es auf nationaler Ebene aber weniger Ideologie und mehr Kompromissbereitschaft von allen Seiten. Auch wenn es in einem Wahljahr schwierig werden dürfte: Nur aus der Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg resultieren in der Regel von einer Mehrheit getragene Lösungen.

Auch international sollte die Schweiz die Kooperation suchen und vorantreiben. Unser Land profitierte jahrzehntelang vom Frieden in Europa, von der Globalisierung und dem weltweit wachsenden Wohlstand. Es gilt diese Errungenschaften zu bewahren und wenn möglich gar auszubauen, zusammen mit gleichgesinnten Ländern. Dabei muss der Blick nicht in die Ferne schweifen. Unsere Nachbarländer sind uns nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich am nächsten. Der Rückzug ins Réduit als Antwort auf die komplexen Herausforderungen der Polykrise wäre die falsche Strategie, wir können uns nicht von der Welt abkapseln.

Es liegt viel Arbeit vor uns – packen wir das Jahr 2023 energiegeladen an!