«Weltwoche»: Sie haben soeben Ihr Masterstudium in Politikwissenschaften, Recht und Gender Studies abgeschlossen. Warum mischen Sie sich jetzt in die Politik ein?

Salomè Vogt: Als junge Schweizerin darf ich ein privilegiertes Leben führen. Unsere Vorgängergenerationen haben unseren Wohlstand erstritten. Die damit verbundenen Freiheiten sind nicht einfach gegeben. Wir müssen weiterdenken. In unserem demokratischen System können sich alle gut einbringen, auch wir Jungen.

Es gibt bereits Jungparteien. Weshalb braucht es noch eine Jugendabteilung im Schoss der Avenir Suisse?

Ich bin überzeugt, dass es Foren ausserhalb der bestehenden Parteienlandschaft braucht. Bei weitem nicht alle Jugendlichen wollen sich in bestehende Parteistrukturen einordnen. Die Welt wird komplexer, unsere Gesellschaft wird immer vernetzter. Es stellen sich neue Fragen, die wir parteiübergreifend angehen sollten.

Sind Sie selber in einer Partei?

Nein. Bewusst nicht. Ich finde es wichtig, dass relevante Themen über Parteigrenzen hinweg diskutiert werden können. Bei Avenir Jeunesse sind wir unbelastet. Wir müssen uns nicht von vornherein einer politischen Linie unterordnen.

Trotzdem sind Sie beim prononciert liberalen Think-Tank Avenir Suisse angestellt. Erhalten Sie keine Direktiven?

Wir sind sehr frei. Bei Avenir Jeunesse haben wir quasi Narrenfreiheit. Wir bearbeiten Themen, die wir selber spannend finden. Natürlich teile ich die liberale Gedankenwelt, sonst würde ich ja nicht bei Avenir Suisse arbeiten.

Eine Repolitisierung der Jungen ist spürbar. Einverstanden?

Den Jungen stehen mit den Social-Media-Kanälen neue Gefässe zur Verfügung, um politische Inhalte zu vermitteln. Diese tragen entscheidend dazu bei, dass der Diskurs angekurbelt wird. Es sind spannende Zeiten. Politische Satire hat Konjunktur, Trump trägt dazu bei. Junge Leute werden motiviert, mitzumachen.

Welche Themen beschäftigen Junge?

Wir fokussieren uns bei Avenir Jeunesse auf Aspekte, die die junge Generation direkt oder indirekt tangieren. Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist wichtig, neue Arbeitsformen interessieren uns, damit verbunden auch Bildungs-, Ausbildungs-, Karrierefragen. Viel Potenzial haben Themen der Ökologie. Weit vorn stehen auch die Migration und die Flüchtlinge. Und im Zusammenhang mit dem Terrorismus natürlich auch Sicherheitsaspekte.

Topaktuell ist die Altersvorsorge. Werden die Jungen ernst genommen?

Meines Erachtens sind die Jungen im bisherigen Diskussionsprozess zu wenig einbezogen worden. Sie kommen erst jetzt, im Abstimmungskampf, richtig ins Spiel. Jetzt aber geht die Post ab. Ich finde es problematisch, dass die Vorlage primär die über 45-Jährigen anspricht. Ich hoffe, dass möglichst viele Junge an die Urne gehen. Es ist keine gute Reform. Sie sichert die Zukunft der jungen Generation nicht ab.

Junge beanspruchen vermehrt politische Ämter.

Ich hoffe natürlich, dass Junge nachrücken. Es fällt schon auf, dass die Jungparteien in den Medien stärker beachtet werden als auch schon. Wir werden politischer, das ist gut! Viele Werte sind verhandelbar geworden. Deshalb ist Engagement unumgänglich. Wir müssen uns einmischen.

Wann kandidieren Sie selber?

Sobald ich merke, dass ich parteiübergreifend nichts mehr bewirken kann, mache ich mir dazu Gedanken. Das ist aber mit Avenir Jeunesse nicht der Fall, hier können wir etwas bewegen.

Dieses Interview wurde von René Zeller geführt und erschien am 27. Juli 2017 in der Ausgabe 30/31 der Zeitschrift «Weltwoche».