Gemeinsames Merkmal der Wohnungsmarktpolitik in der Schweiz ist das Konzept der Kostenmiete. Nicht nur die Mietpreisgestaltung im gemeinnützigen Wohnungsbau der Städte beruht auf dieser Idee, auch das Schweizer Mietrecht lehnt sich stark daran an. Im Kern gilt das Prinzip, dass der Eigentümer nur Veränderungen seiner Kosten auf die Mieter überwälzen darf. Als Berechnungsbasis dienen die (historischen) Anlagekosten. Mögliche Anpassungen aufgrund einer gestiegenen Nachfrage werden ausgeschlossen und als «missbräuchlich» taxiert .

Die «unverdiente» Bodenrente

Der Grundsatz, wonach sich Mieten ausschliesslich an den Kosten zu orientieren haben, lässt sich auf die Verteilungstheorie der klassischen Ökonomen zurückführen, besonders auf die Theorie der Bodenrente von Ricardo. In weit gefasster Auslegung dieser alten Erkenntnisse ist die Bodenrente ein unnötiger und unverdienter Einkommensbestandteil. Die Eingriffe in den Wohnungsmarkt dienen in dieser Sichtweise einer «gerechtfertigten» Umverteilung von Einkommen von den Bodenbesitzern hin zu den Mietern. Dies entspricht dem Selbstverständnis der Baugenossenschaften, die gerne betonen, dass die Aufwertung des Bodens (die Bodenrente) allein ihren Mietern zugutekomme. Ihre Vertreter sehen in der «Stadt als Genossenschaft» denn auch eine visionäre Zukunftsperspektive.

Tatsächlich kreieren der gemeinnützige Wohnungsbau und das Mietrecht eine Umverteilung in grossem Stil. Für eine grobe Schätzung dieser Geldflüsse in der Stadt Zürich wird angenommen, dass die Mieten auf einem (hypothetischen) freien Markt 10% unter dem Niveau des Neu- und Wiedervermietungssegments zu liegen kämen. Aus dem Vergleich der effektiv bezahlten Mieten mit dieser Messlatte und der Zahl der Wohnungen lässt sich die implizite Subvention abschätzen, welche die Altmieter und die Bewohner des gemeinnützigen Bestandes in Summe erhalten.

Insgesamt erhalten die Stadtzürcher Mieter gemäss dieser Rechnung eine jährliche Subvention von rund 530 Mio. Fr. Dieser Betrag fällt zu zwei Dritteln beim gemeinnützigen Wohnungsbau (rund 350 Mio. Fr. pro Jahr) an und zu einem Drittel bei den Wohnungen in privatem Eigentum (rund 175 Mio. Fr. pro Jahr). Mittelgrosse Genossenschaftswohnungen sind rund einen Drittel billiger als privat gehaltene Wohnungen unter der Kostenmiete. Diese wiederum sind 5% bis 15% günstiger, als sie es auf einem unregulierten Markt wären. Gehen diese Transfers nun tatsächlich zulasten der Bodenbesitzer und damit – so die Annahme – zulasten der Vermögenden?

Am Schluss zahlt die Allgemeinheit

Zuerst sind es die Genossenschaften selbst, die auf die Aufwertungsgewinne ihrer eigenen Liegenschaften verzichten. Ein beträchtlicher Teil der Genossenschaftswohnungen steht aber auf städtischem Boden, der den Genossenschaften über Baurechtsverträge zu Vorzugskonditionen zur Verfügung gestellt wird. Es ist schwierig, einen Überblick über diese Bevorzugung zu gewinnen, sie dürfte aber beträchtlich sein. Der Stadt Zürich entgehen vor allem Erträge, weil sie den begehrten Boden zu besseren Konditionen hätte veräussern oder im Baurecht zu einem höheren Basiswert vergeben können. Letztendlich kommen die Steuerzahler und damit die Allgemeinheit für die Förderung der Baugenossenschaften auf.

Weitere Informationen zur Lage auf dem Schweizer Wohnungsmarkt können Sie der soeben erschienen Studie Wanderung, Wohnen und Wohlstand entnehmen.