60 Prozent mehr Freiwillige in der Altenpflege nötig | Avenir Suisse

Rund ein Drittel der Schweizer Wohnbevölkerung ab 15 Jahren leistete im Jahr 2010 Freiwilligenarbeit Etwa 1,3 Millionen Menschen engagierten sich in Institutionen und Vereinen («institutionelle Freiwilligenarbeit»), weitere 1,2 Millionen Menschen erbrachten unentgeltliche Dienstleistungen für Dritte, zum Beispiel in der Form von Kinderbetreuung oder Pflege von Verwandten und Bekannten («informelle Freiwilligenarbeit»). Dieses freiwillige Engagement ist enorm und summierte sich 2010 auf beinahe 640 Millionen Stunden – so viel wie 85% aller bezahlten Arbeitsstunden im Gesundheits- und Sozialwesen (BFS 2010). Die unbezahlte Arbeit ist damit eine wichtige Grundlage für das Funktionieren unserer Gesellschaft und ihren inneren Zusammenhalt.

Der Trend geht in die falsche Richtung

Leider stimmen die aktuellen Zahlen zur Freiwilligenarbeit nicht gerade optimistisch: Der Umfang der Freiwilligenarbeit nimmt seit Jahren kontinuierlich ab. Lag die entsprechende Quote noch 2000 bei 41% der Gesamtbevölkerung, so ist sie in nur zehn Jahren um 8 Prozentpunkte auf die oben erwähnten 33% gesunken (BFS 2011). Eine steigende Arbeitsbelastung, längere Arbeitswege sowie die Zuwanderung, die eine losere Einbindung in die Zivilgesellschaft mit sich bringt, sind mögliche Erklärungen für diese Tendenz.

Dabei wird die Alterung der Gesellschaft noch zu einer zusätzlichen Belastung der aktiven Bevölkerung führen. Laut eigenen Schätzungen muss bis 2030 die Quote der informellen Freiwilligenarbeit unter Erwerbstätigen und Jungrentnern um 60% zunehmen, falls man gleich viele Ressourcen pro hochaltrige Senioren einsetzen will (siehe Grafik).

Das Potenzial ist vorhanden

Vor diesem Hintergrund wird die Sicherstellung der Freiwilligenarbeit im heutigen Umfang eine sportliche Herausforderung sein. Dabei kann man das Glas als halb leer oder halb voll betrachten. Es ist halb leer, weil eine Steigerung der Freiwilligenarbeit in solchen Massen kein Sonntagsspaziergang sein wird und ein grundlegendes Umdenken in der Zivilgesellschaft bedingt. Dieses Umdenken kann durch verschiedene Massnahmen gefördert werden: Durch Generationenprojekte, die die Berührungsängste mit anderen Altersgruppen ausserhalb des familiären Umfelds abbauen, durch flexiblere Arbeitsbedingungen oder auch durch Tauschbörsen, die ein freiwilliges Engagement attraktiver machen. Zugleich ist das Glas aber auch halb voll, wenn man bedenkt, dass sich heute nur 33% der «Aktiven» freiwillig engagieren. Das Potenzial für die Aktivierung weiterer Bürger ist also enorm.