Die Schweiz hat, was andere wollen

Hoher Wohlstand, breit verteilt

Es ist schwierig, verallgemeinernde Aussagen zum Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Ungleichheit zu machen. Die bekannteste theoretische Überlegung hierzu stammt vom Ökonomen Simon Kuznets (1955). Er postulierte, dass die Ungleichheit der Einkommen mit der Industrialisierung zunächst zunehme, um dann wieder gleichmässiger zu werden. Empirisch konnte diese Theorie jedoch nie klar belegt werden. Überhaupt ist der Zusammenhang von Wachstum und Ungleichheit umstritten: Institutionen wie IWF oder OECD warnten in jüngerer Zeit davor, eine allzu grosse Ungleichheit könne das Wachstum hemmen – ernteten dafür aber auch Kritik. Die Resultate seien vor allem Folge der gewählten, suboptimalen Methode, merkten namhafte Kritiker an. Der Zusammenhang zwischen Wachstum und Ungleichheit ist vielschichtiger als allgemeine Resultate es erscheinen lassen. So können etwa der Entwicklungsstand der jeweiligen Länder und vor allem auch das Ausgangslevel der Ungleichheit den Zusammenhang deutlich beeinflussen. Konsens herrscht gemeinhin darüber, dass extreme Ungleichheit dem Wohlstandswachstum nicht förderlich ist. Etwa dann, wenn grosse Teile der Bevölkerung keinen Zugang zu grundlegender Bildung haben oder wenn zu grosse Unterschiede innerhalb von Ländern zu politischer Instabilität führen. Eine allgemeingültige Aussage dagegen lässt sich nicht machen. Sicher aber ist: Wohlstand erachten alle als gut und viele empfinden eine moderate Ungleichheit als wünschenswert. Und die Schweiz hat beides, wie sich an folgender Grafik gut ablesen lässt. Sie zeigt auf der vertikalen Achse die Ungleichheit (je weiter oben, desto tiefer ist die Ungleichheit) und auf der horizontalen Achse das Pro-Kopf-BIP. Idealerweise wäre ein Land oben rechts in der Abbildung (hoher Wohlstand, gleichmässig verteilt) angesiedelt.


Die Schweiz hebt sich zusammen mit Norwegen und den USA deutlich von allen anderen ab, was den Wohlstand angeht. Alle diese Länder weisen ein Pro-Kopf-BIP zwischen 50‘000 und 100‘000 internationalen Dollar aus (horizontale Achse). Ausser Norwegen und Luxembourg (das hier allerdings nicht dargestellt wird) gelingt es ausserdem keinem Land der Welt, diesen Wohlstand so gleich zu verteilen, wie es der Schweiz gelingt (Gini-Index, vertikale Achse). Die USA etwa haben mit knapp 55‘000 ein um mehr als 10 Prozent geringeres Pro-Kopf-BIP, gleichzeitig ist ihr Gini-Index um fast 10 Indexpunkte höher. Irland, das zwar gemessen am Gini-Index eine fast identische Verteilung des Wohlstandes aufweist wie die Schweiz, erreicht dafür deren Wohlstand bei Weitem nicht.

Zusätzliche Informationen
Daten

  • Die Abbildung beruht auf einer Statistik der Weltbank. Die Daten zum Gini-Index entsprechen entweder dem Jahr 2014 oder dem letzten verfügbaren Jahr. Das Pro-Kopf BIP ist kaufkraftbereinigt in internationalen Dollar ausgewiesen und entspricht den Werten im Jahr 2014.
  • Die Daten der Weltbank basieren auf Einkommen, Konsum oder Ausgabenwerten. Diese teilweise unterschiedlichen Datengrundlagen bringen eine gewisse Unschärfe mit sich. Sie lassen sich aber für einen so umfassenden internationalen Vergleich nicht vermeiden.

Begriffe

  • Gini-Index: Eine oft verwendete Kennzahl zur Verteilung. Am Beispiel der Einkommen bedeutet sie, dass bei einem Wert von 0 alle Personen genau das gleiche Einkommen erhalten und bei einem Wert von 1 eine Person alles und der Rest nichts erhält.
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