Zum 19. Annual Dinner lud Avenir Suisse dieses Jahr seine Förderinnen und Förderer in die Westschweiz ein. Das Thema des Abends lautete: «Die einzigartige Dynamik am Arc lémanique». Der Anlass fand an am symbolträchtigen Ort statt, dem noch nicht eröffneten Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne. Avenir-Suisse-Stiftungsratspräsident Andreas Schmid stellte dazu treffend fest: «Die Zukunft hat noch nicht einmal begonnen, aber Avenir Suisse ist schon da.» 

Die Vorteile überwiegen klar

Das Keynote-Referat hielt Bundesrat Guy Parmelin, der sich über die Anerkennung freute, die das überdurchschnittliche Wachstum des Arc lémanique in der übrigen Schweiz auslöse: Während das Bruttoinlandprodukt der Schweiz im Jahr 2016 bei 1,6% lag, habe die Wirtschaftsregion am Genfersee eine spektakuläre Beschleunigung von 4,4% verzeichnet. Der erfreuliche Zustand der regionalen Wirtschaft ist in den Augen des Bundesrats das Resultat eines erfolgreichen Zusammenspiels mehrerer Player: Neben der Uhren-, Chemie und Pharmabranche seien auch die Finanzindustrie, die zahlreichen internationalen Organisationen und die Hochschulen sowie das Cern wichtige Arbeitgeber. 

Die Attraktivität des Arc lémanique zeigt sich auch darin, dass die Standortförderagentur Greater Geneva Bern area (GGBA) im vergangenen Jahr 92 Unternehmen zur Ansiedlung bewegen konnte. Natürlich gebe es Schattenseiten dieser Entwicklung, konstatierte Parmelin: Das beträchtliche Bevölkerungswachstum – 10% seit 2010 — zeige sich zum Beispiel in einer überlasteten Verkehrsinfrastruktur. Aber diese Nachteile seien erträglich, wenn man daran denke, wie viel schlechter die Lebensqualität in einer Region mit schleppender Wirtschaftsentwicklung sei. 

Kapital, Wissen und Offenheit

Dass der Arc lémanique eine eindrückliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat, zeigten Jérôme Cosandey und Noémie Roten bei der Präsentation der neuen Avenir-Suisse-Publikation über den Arc lémanique. Noch in den 1990er Jahren zählten die Kantone Genf und Waadt zu den Schlusslichtern der Schweizer Wirtschaft. Heute dagegen liegt das Wachstum des Kantons Waadt weit über dem landesweiten Durchschnitt, und auch die Genfer Wirtschaft ist dank Diversifikation und internationaler Ausrichtung resilienter geworden. Zwischen 2013 und 2017 gingen stattliche 49% des in der Schweiz investierten Wagniskapitals in die Genferseeregion. Eindrückliche Zahlen gibt es zu den Hochschulen: Die Universitäten Genf und Lausanne sowie die EPFL versammeln 28% aller Schweizer Studentinnen und Studenten unter ihren Dächern, und sie sind im Vergleich mit der heimischen Konkurrenz sehr erfolgreich in der Akquise von Forschungsetats: 34% aller Drittmittel für die Forschung flossen seit 2010 an den Arc lémanique – und 43% aller EU-Fördermittel. 

Ein Problem – und ein Wettbewerbsnachteil — sei weiterhin die überdurchschnittliche Steuerabschöpfung in der Region, stellten die Autoren fest. Zumindest im Kanton Waadt aber wurde sie für den Abbau der Schulden verwendet. In Sachen direkter Demokratie und Einbezug der lokalen Bevölkerung ist die Region dem Rest der Schweiz voraus: Auf Gemeindeebene dürfen die Ausländer wählen und abstimmen, manchenorts sind sie selbst sogar wählbar. 

Stabilität ist am wichtigsten

In der von Antonio Fumagalli, dem Westschweizer Korrespondenten der NZZ moderierten Podiumsdiskussion kamen Persönlichkeiten aus der Region zu Wort. Laut Prof. Marc Gruber, Vizepräsident für Innovation an der EPFL, dreht sich das technologische Rad immer schneller. Glücklicherweise habe man der EPFL bereits mit den Statuten den Auftrag erteilt, ihr Wissen an die Wirtschaft weiterzugeben. Dies habe sich bewährt. Aktuell zähle man im EPFL-Innovationspark 2004 Arbeitsplätze und 170 Start-ups. 

Für Aude Pugin, CEO der in der Raumfahrttechnik tätigen Apco Technologies, punktet die Region mit einfachem Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften, einer hohen Internationalität und Diversität. Auch wenn ihre Firma 100% der Produktion exportiere, sei deshalb ein Umzug ins Ausland kein Thema. Christophe Salmon, Group CFO des Rohstoffhandelsunternehmung Trafigura, gewichtet die Stabilität am höchsten. Aber auch die schöne Landschaft und das attraktive Freizeitangebot der Region seien bei der Pesonalrekrutierung regelmässig ein starkes Argument. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer in Bezug auf anstehende Abstimmung zur Steuerreform (STAF) , für deren Annahme sie sich insbesondere auch aus Gründen der Rechtssicherheit aussprachen. 

Ein guter Kontrast zu Bundesbern

Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder richtete in seiner Rede den Blick über die Sprachgrenzen hinaus. Aktuelle politische Initiativen auf Bundesebene, die die internationale Tätigkeit der Schweizer Unternehmen einschränken wollen, würden die unzähligen, multinational ausgerichteten Unternehmen entlang des Arc lémanique direkt treffen. Umso notwendiger ist, dass die Verantwortungsträger am Arc lémanique sich auch in der Deutschschweiz vermehrt Gehör verschaffen. Der Lerntransfer zwischen den Landesteilen sollte noch mehr Teil unseres föderalen Staatsverständnisses werden.