Als Hauptargument gegen eine Erhöhung des Rentenalters wird jeweils ins Feld geführt, dass, wenn die älteren Erwerbstätigen gezwungen werden, länger im Arbeitsmarkt zu bleiben, es den jüngeren dadurch erschwert wird, im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen und nachzurücken. Die Erhöhung der Arbeitsmarktbeteiligung der Senioren geht somit zu Lasten der Jüngeren – sie verdrängen diese vom Arbeitsmarkt. Gemäss dieser Logik funktioniert der Arbeitsmarkt wie eine Perlenkette: Eine Perle kann nur dann neu aufgereiht werden, wenn eine Perle vom Ende der Kette abgenommen wird, wobei die Zahl der Perlen durch die fixe Länge der Kette bestimmt wird.

In ihrem kürzlich erschienenen Bericht «Pensions at a Glance 2011» zeigt nun die OECD, dass dieses Argument – abgesehen von vielen theoretischen Einwänden – auch empirisch falsch ist. Je höher nämlich die Erwerbsquote der 55- bis 59-Jährigen ist, desto höher ist, wie man in der Grafik sieht, auch die Erwerbsquote der 20- bis 24-Jährigen. Die Grafik zeigt ferner, dass die Schweiz in dieser Hinsicht besonders günstig abschneidet: die Erwerbsquote der 55- bis 59-Jährigen ist nur in Island  höher, die der 20- bis 24-Jährigen nur in Australien und den Niederlanden.

Der Grund, weshalb das Verdrängungsargument (neudeutsch: die «lump of labour fallacy») nicht stimmt, ist, dass die Kettenlänge eben nicht fix ist. Vielmehr wächst die nachgefragte Arbeitsmenge mit dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, das seinerseits auch durch mehr Arbeit angetrieben wird.