Hat die Schweiz ein Wohneigentumsproblem? In der Debatte um die aktuelle Bausparinitiative wird das oft behauptet. Aber wie gut sind die Argumente für eine zusätzliche Förderung von Wohneigentum? Ist eine höhere Wohneigentumsquote tatsächlich ein Garant für das Gedeihen einer Volkswirtschaft?

Hauseigentümer profitieren direkt von den Immobilienpreissteigerungen, die eine gute lokale Politik generiert. Sie haben einen stärkeren Anreiz als Mieter, die Gemeindepolitik in eine Richtung zu lenken, die zur Erhöhung der Standortattraktivität beiträgt, denn sie spielen mit dem Einsatz ihres Vermögens. Darin läge der Beitrag des Wohneigentums zum allgemeinen Wohlstand. Doch er dürfte diffus sein:

Der Fiskus bevorzugt Wohneigentum schon heute

Schon heute wird Wohneigentum fiskalisch bevorzugt. So muss beispielsweise in den meisten Kantonen lediglich 70% des Eigenmietwertes versteuert werden. Damit will man nicht zuletzt vermeiden, dass der Eigentümer im Falle einer Überschätzung der Liegenschaft durch das Steueramt mehr als den tatsächlichen Eigenmietwert zu bezahlen hätte. Diese Praxis führt dazu, dass die Eigenheimbesitzer gegenüber anderen Immobilieninvestoren (die sämtliche Mieteinnahmen zu versteuern haben) steuerlich besser gestellt werden. Dass dieses Mieteinkommen den Eigenheimbesitzern nicht in Form von Geld, sondern als Naturalleistung zufliesst, ändert daran wenig.

Der verfassungsmässige Auftrag zur Förderung des Wohneigentums ist mit der existierenden Steuerbegünstigung bereits weitgehend erfüllt. Zwar mag der Eigentümeranteil in der Schweiz mit beinahe 40% im internationalen Vergleich nach wie vor tief scheinen. Allerdings ist diese Quote in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegen – auch ohne Bausparprogramme. Im Kanton Zürich beträgt sie bei neuerstellten Wohneinheiten gut 45%. Gemessen an der Wohnfläche liegt der Anteil sogar bei über 50% (Eigenheime sind in der Regel grösser als Mietwohnungen).

Auch das von der Initiative vorgeschlagene Instrument der Steuervergünstigung für Bausparkonti ist schlecht gewählt. Gutverdienende profitieren mehr von einer gegebenen Steuervergünstigung, weil sie sich in einer höheren Progressionsstufe befinden. Wer beispielsweise einen Grenzsteuersatz von 35% hat und 5‘000 Fr. auf das Bausparkonto einzahlt, wird seine Steuerschuld um 1‘750 Fr. reduzieren. Bei einem Grenzsteuersatz von 20% beträgt die Ersparnis nur 1‘000 Fr. Wenn aber Hauseigentum einen Nutzen für die Gesellschaft stiftet, dann ist es schwer einzusehen, warum dieser Nutzen mit dem Einkommen des Bausparers wachsen sollte. Eine einkommensunabhängige Steuergutschrift wäre hier – wenn überhaupt – sinnvoller.

Weiterer Preisdruck

Hinzu kommt, dass Bauspar-Steuervergünstigungen eine zusätzliche Nachfrage nach Eigenheimen induzieren würden, was in den Städten – wo das Angebot starr ist – preistreibend wirkt. Die neuen Eigenheimbesitzer müssten sich also ihre Steuervorteile in Form höherer Immobilienpreise erkaufen. Profitieren würden in erster Linie die städtischen Bodenbesitzer.

Die Bausparinitiative bietet eine teure Lösung für ein Problem, das gar nicht vorhanden ist. Ob man die vier Wände, in denen man lebt, besser mietet oder kauft, soll jeder für sich beantworten.

Grundsätzlich sollten keine Steuervergünstigungen an Haushalte verteilt werden, die den Schritt zum Wohneigentum ohnehin machen werden. Sinnvolle Alternativen wären zum Beispiel eine allgemeine Senkung der Steuern, die Tilgung der Staatschulden oder – um beim Thema Wohnen zu bleiben– einer Liberalisierung des überregulierten Mietmarktes.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in den Publikationen Steuerpolitische Baustellen und Wanderung, Wohnen und Wohlstand.