Hinter dem ausgeprägten Bevölkerungswachstum der Schweiz steht eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte: Seit Einführung der Personenfreizügigkeit kam es zu einer massiven Zuwanderung gut qualifizierter Arbeitskräfte. Treiber dieser Entwicklung war der Sog aus dem Arbeitsmarkt; in der Dekade 2000-2010 nahm die Erwerbstätigkeit um 400‘000 Personen (d.h. 10%) zu. Dieser Beschäftigungsaufbau war die Triebfeder des Booms der 2000er-Jahre und trug durch die Stabilisierung der Staatsfinanzen und der Binnennachfrage auch zur Resilienz der Schweizer Wirtschaft in den Krisenjahren bei.
Während in den ersten Jahren der Personenfreizügigkeit die positiven Effekte klar überwogen, rücken jedoch zusehends die negativen Begleiterscheinungen in den Vordergrund: Verkehrsüberlastung, Wohnungsknappheit, steigende Immobilienpreise, die Zersiedlung des Mittellandes und wachsende Überfremdungsängste. Die Kosten-Nutzen-Bilanz der Neuen Zuwanderung verschlechtert sich. Die Politik ist nun gefordert, die negativen Begleiterscheinungen durch entsprechende Reformen zu minimieren, damit die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit nicht untergraben wird.
In diversen Politikfeldern bedarf es gewissermassen flankierender (Reform-)Massnahmen, z.B.:
- Grössere Kostenwahrheit in der Verkehrspolitik, um die Übernachfrage (verursacht durch Subventionen) zu drosseln und Investitionen in den Kapazitätsausbau zu finanzieren.
- Ein griffiges Instrumentarium zur Steuerung der Siedlungsentwicklung – wie in der Revision des Raumplanungsgesetzes vorgesehen.
- Soweit möglich, sollte der Zuwanderungsdruck reduziert werden. Allzu viele Handlungsoptionen gibt es in einem liberalen Staat allerdings nicht. Ein möglicher Ansatzpunkt wäre die Beschleunigung der Asylverfahren oder die Einschränkung des Familiennachzugs aus Drittstaaten.
- Aus ordnungspolitischer Sicht wie auch bezüglich des Tempos der Zuwanderung ist auch ein staatlich finanziertes, aktives Standortmarketing abzulehnen. Das gleiche gilt für Steuergeschenke an einzelne ausländische Firmen durch die Kantone. Die Schweiz ist attraktiv genug, sie braucht über die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinaus kein zusätzliches «Standortdoping».
In den letzten Tagen haben sich mehrere Mitarbeiter von Avenir Suisse in den Medien zur Bevölkerungsentwicklung und ihren Ursachen geäussert und die damit verbundenen Herausforderungen skizziert: (1) Daniel Müller-Jentsch wurde von der Weltwoche zum Szenario der 10-Millionen-Schweiz befragt (05.07.12). (2) Patrik Schellenbauer verfasste mit Boris Zürcher (BAK Basel) einen Artikel für die NZZ: «Das Korsett wird eng» (06.07.12) (3) Daniel Müller-Jentsch wurde von Radio DRS4 interviewt: «8 Mio. Menschen in der Schweiz» (10.07.12) (4) In derSommerserie «20 Köpfe, 20 Ideen» von DRS1 befürwortete Gerhard Schwarz die Idee des Mobility-Pricings, während Daniel Müller-Jentsch und Patrik Schellenbauer erfolgreiche Beispiele für Road-Pricing aus Schweden und den Niederlanden präsentierten. Die Sendung können Sie hier hören (16.07.12).(5) Interview mit Daniel Müller-Jentsch in «Swissinfo»: «Eight million and rising – can Switzerland cope?» (27.07.12)(6) Daniel Müller-Jentsch äusserte sich in «20 Minuten» zur Einwanderung:«Mit Propaganda gegen die Zuwanderung» (07.08.12) (7) Auf dem «Newsnet» sprach sich Daniel Müller-Jentsch gegen Standortmarketing im Ausland aus: «Schweiz braucht kein ‹Standortdoping›» (08.08.12)