Arndt Groth (CEO PubliGroupe), Roger de Weck (Generaldirektor SSR SSR) und Peter Wanner (Verleger AZ Medien) diskutieren über eine zeitgemässe Medienförderung (v.links).

Arndt Groth (CEO PubliGroupe), Roger de Weck (Generaldirektor SRG SSR) und Peter Wanner (Verleger AZ Medien) diskutieren über eine zeitgemässe Medienförderung (v.links).

«Viele realisieren noch nicht, wie stark das Internet das Medienverhalten verändert hat»: Mit dieser Feststellung eröffnete Avenir-Suisse-Direktor Gerhard Schwarz eine mit Roger de Weck (Generaldirektor SRG SSR), Peter Wanner (Verleger AZ Medien), Arndt Groth (CEO PubliGroupe) und Urs Meister (Avenir Suisse) prominent besetzte Diskussionsveranstaltung zum Thema «Medienförderung im digitalen Zeitalter» bei Avenir Suisse. News würden heute in erster Linie online konsumiert, zwei Drittel der Bevölkerung schaue sich Videos zur Unterhaltung auf Online-Portalen wie Youtube an: «Die Medienkanäle verschmelzen auf dem Internet.» Vor diesem Hintergrund werde die streng nach Technologien ausgerichtete Medienförderung zunehmend zum Anachronismus.

Reformvorschläge für eine zeitgemässe Medienförderung

Projektleiter Urs Meister präsentierte die im Oktober im Diskussionspapier «Medienförderung im digitalen Zeitalter» publizierten Reformvorschläge von Avenir Suisse für eine technologieneutrale Medienförderung, die für einigen Wirbel gesorgt haben, dem zahlreich erschienenen Publikum: «Wir stellen nicht die staatliche Medienförderung per se in Frage, jedoch die technologiespezifische Förderung von Print, Radio und Fernsehen». Er kritisierte dabei vor allem die marktverzerrende Gebührenfinanzierung der SRG, der dank dem Bevölkerungswachstum immer mehr Mittel zufliessen. Bei der bisherigen Förderung von Print und Rundfunk handle es sich auch um eine Umverteilung von jung zu alt, da diese klassischen Medien vor allem von einem älteren Publikum konsumiert würden.

Differenzierte Entwicklung

Einigkeit herrschte unter den drei geladenen, von Dirk Schütz (Chefredaktor Bilanz) moderierten Medienprofis darüber, dass die Konvergenz Realität ist, dass sie weitergeht – und dass vor allem die Tageszeitungen die Verlierer dieser Entwicklung sind. Es sei schwierig, den starken Einbruch bei den Erträgen im Printgeschäft online aufzufangen, und mit den einbrechenden Erträgen aus dem Leser- und Werbemarkt liessen sich Bildmaterial und Videos, also Content, wie er heute vor allem gefragt sei, nicht finanzieren.

Roger de Weck ist überzeugt, dass unterschiedliche Kanäle auch in Zukunft noch eine Rolle spielen werden, so wie man im Restaurant zwischen «À la carte» (Internet) und dem Tagesmenu (Kanäle) abwechsle. Es zeichne sich eine sehr differenzierte Entwicklung ab: «Wenn es um wirklich wichtige Sachen geht – oder um Live-Sport –, sind die Kanäle stärker denn je». Peter Wanner glaubt, dass sich sowohl mit Printprodukten als auch mit Privatfernsehen weiterhin gutes Geld verdienen lässt. Allerdings brauche es dafür mehr Wettbewerb – und gleich lange Spiesse bei der Werbefinanzierung.

Plafond für Werbeerträge bei der SRG

Laut Roger de Weck ist auf dem Medienmarkt nicht die SRG das Problem, sondern die Konkurrenz durch sprachverwandte, grosse ausländische Medien und durch Suchmaschinen wie Google. Eine Beschneidung der Marktmacht der SRG käme nach seiner Einschätzung daher vor allem diesen zugute. Dem widerspricht Peter Wanner: «Die Wettbewerbsverzerrung ist real» Peter Wanner plädiert daher für eine Begrenzung der Werbung bei der SRG zur Hauptsendezeit. Dieses Modell funktioniere etwa bei der BBC sehr gut. Nicht alle Werbung, die jetzt der SRG aufgrund ihrer Marktmacht zufliesse, werde dann ins Ausland abwandern. Den von Avenir Suisse vorgeschlagenen Gebühren-Cap lehnt er dagegen ab, denn dann werde die SRG erst recht zum Konkurrenten um Werbegelder. Auch für Arndt Groth haben die Printmedien nur eine Überlebenschance, wenn die wettbewerbsverzerrende Marktmacht der SRG beim Werbemarkt eingeschränkt wird. Roger de Weck hält dagegen, dass ein rein gebührenfinanziertes Programm in dreieinhalb Landessprachen für 8 Mio. Menschen nicht finanzierbar wäre. Die Lösung sei vielmehr, dass die SRG ihre Videobilder auch privaten Sendern zur Verfügung stelle – allerdings nicht gratis, sondern gegen eine Beteiligung der SRG an den damit generierten Werbeeinnahmen.

Zeit für den grossen Wurf (noch ) nicht reif

Die Diskussion unter den Medienprofis (solche sassen auch in grosser Zahl im Publikum und brachten sich ebenfalls ein) zeigte vor allem eines: Reformbedarf ist vorhanden. Allerdings braucht es wohl noch einige Zeit, bis grosse Reformen beim Service Public möglich werden. So weht dem Avenir-Suisse-Vorschlag, die SRG in einen reinen Content-Provider umzuwandeln, auch von Seiten der privaten Medienvertreter noch viel Skepsis entgegen. Daran änderte auch Urs Meisters Bemerkung nichts, dass die Inhalte der SRG bereits heute von verschiedenen Medien weiterverbreitet würden – der Vorschlag also gar nicht so visionär sei, wie es auf den ersten Blick scheine.